"Wir wollen auch in Zukunft Ostseeheringe essen. Und unsere Kinder sollen weiterhin segeln und baden können." Mit diesen Worten eröffnete gestern die finnische Generalkonsulin Erja Tikka ein Vorbereitungstreffen für einen Ostsee-Aktionsgipfel am 10. Februar 2010 in Helsinki. Dort sollen sich Unternehmen, Institutionen und Vertreter der Politik verpflichten, individuelle Beiträge zur Rettung der Ostsee zu leisten. Wie sehr dies nötig ist, zeigte gestern der Vortrag von Prof. Martin Wahl vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-Geomar, Kiel).

Verschiedene menschliche Einflüsse setzten die Lebewesen der Ostsee immer stärker unter Stress, warnte der Meeresökologe am Beispiel des Blasentangs: "Noch vor 20, 30 Jahren hat der Tang in der westlichen Ostsee großflächige Unterwasserwälder gebildet, war Lebensraum für eine Vielzahl anderer Meeresbewohner. Inzwischen ist er auf 95 Prozent der ursprünglichen Fläche verschwunden." Ein unseliges Zusammenspiel verschiedener Faktoren machte dem Tang den Garaus.

Die Überdüngung der Ostsee mit Stickstoff und Phosphat lässt Konkurrenzarten, die das üppige Nährstoffangebot besser nutzen können, die Oberhand gewinnen. Auch das pflanzliche Plankton vermehrt sich stärker. Dadurch fällt weniger Licht auf den Meeresboden, an dem der Blasentang wächst. Vor 50 Jahren fanden ihn die Forscher noch in zehn Meter Wassertiefe; heute gedeiht er nur noch in bis zu zwei Meter Tiefe.

Die schlechteren Lebensbedingungen senken die Verteidigungskraft der Pflanze gegenüber Fressfeinden. Diese werden durch das wärmere Wasser (Stichwort Klimawandel) aktiver und entwickeln dadurch mehr Hunger. Zudem hat der Tang mit einem eingeschleppten Exoten zu kämpfen: Eine asiatische Rotalge nahm seinen Platz ein, besiedelt ihn, setzt ihn zusätzlich unter Stress.

"In 50 Jahren werden wir eine andere Lebensgemeinschaft in der Ostsee haben", prognostizierte Wahl. Generalkonsulin Tikka sieht neben den Risiken aber auch Chancen: "Investitionen in Umwelttechnologien können einen Ausweg aus der Wirtschaftskrise bieten. Wenn wir diese Chance ergreifen, profitiert die gesamte Region."