Die Schweinegrippe dringt immer weiter vor: In Deutschland starben am Freitag drei weitere Menschen an der Infektion. Damit verdoppelte sich die Zahl der Todesfälle an einem Tag auf sechs.

Eine 48-Jährige aus dem Rhein-Sieg-Kreis erlag im Universitätsklinikum Bonn den Folgen der neuen Grippe. "Eine vollkommen gesunde Frau", sagte der Ärztliche Direktor Michael Lentze in einem n-tv-Interview. "Es gibt keine bekannten Vorerkrankungen, die den schweren Krankheitsverlauf erklären würden." Das sei ein bisher einmaliger Fall in Deutschland. Wo sie sich angesteckt habe, sei unklar. Sie war vor einigen Tagen aus einem anderen Krankenhaus zur intensivmedizinischen Weiterbehandlung nach Bonn verlegt worden und musste an die künstliche Lunge angeschlossen werden.

Wenige Stunden zuvor war ein fünfjähriger Junge in der saarländischen Kinderklinik Kohlhof in Neunkirchen an der Schweinegrippe gestorben. Das Kind war seit zwei Jahren durch einen Stromunfall schwer behindert, litt seit vier Wochen an einer bakteriellen Lungenentzündung und war seit zwei Tagen in stationärer Behandlung. In Augsburg starb am gleichen Tag ein ebenfalls schwerbehinderter 16-Jähriger aus Günzburg. "Zwei weitere an Schweinegrippe erkrankte Kinder werden derzeit künstlich beatmet", sagte ein Sprecher des Augsburger Zentralklinikums der "Augsburger Allgemeinen".

Zuvor waren in Deutschland bereits ein 65-jähriger Rentner in Mannheim, ein fünf Jahre altes Kind in München und eine 36-jährige Frau in Essen nachweislich an der Seuche gestorben. Uni-Direktor Lentze: "Es wird noch weitere Tote geben." Die Grippewelle sei erst am Anfang. Er rief dazu auf, sich gegen das H1N1-Virus impfen zu lassen - "so schnell wie möglich!"

Nach Zahlen des EU-Seuchenkontrollzentrums ECDC starben in Europa bislang rund 250 Menschen an der Schweinegrippe, mehr als die Hälfte davon in Großbritannien. Weltweit wurden rund 6000 Todesfälle gemeldet, davon allein 1000 in den USA. Binnen einer Woche stieg die Zahl der Todesfälle um 700.

Regelrecht Panik herrscht in der Ukraine, wo sich das Virus mit "rasender Schnelligkeit" ausbreitet. Nach offiziellen Angaben starben dort bisher 33 Menschen. Landesweit seien 81 000 Menschen an dem Virus erkrankt, darunter mehr als 33 000 Kinder. Tausende Menschen liegen in den Krankenhäusern. Im Westen des Landes kam es zu Panikkäufen in Apotheken. Die Regierung drohte, im Fall von Preiserhöhungen für Arzneien den Apotheken die Lizenzen zu entziehen. "Die Situation droht völlig außer Kontrolle zu geraten", sagte der Chef des Sicherheitsausschusses, Anatoli Grizenko. Regierungschefin Julia Timoschenko ordnete zunächst drei Wochen Zwangsferien für alle Bildungseinrichtungen des Landes an. In dieser Zeit sind alle Schulen geschlossen, Kinobesuche und Konzerte verboten. In Italien stieg die Zahl der Schweinegrippe-Toten auf elf. Innerhalb von 24 Stunden erlagen allein vier Menschen dem Virus.

In Norddeutschland läuft seit einer Woche die H1N1-Schutzimpfung. Während in Hamburg und Bremen zunächst gefährdete Berufsgruppen geimpft wurden, können sich in Schleswig-Holstein bereits alle impfen lassen. In Niedersachsen startet die Schutzaktion am Montag.