Seit Jahrtausenden versuchen die Menschen den Rätseln des Universums auf die Spur zu kommen. Fragen an Thomas W. Kraupe, Direktor des Hamburger Planetariums.

Hamburger Abendblatt:

Was fasziniert uns so am Blick auf das Weltall?

Thomas W. Kraupe:

Der Blick auf die Sterne und den Himmel wirft die große Frage auf: Warum ist hier unten auf der Erde alles vergänglich und oben im All anscheinend ewig? Die Sterne waren schon immer da, von unserem ersten Atemzug bis zum Lebensende, und sie werden immer da sein. Sie sind der Antrieb für unsere kulturelle Entwicklung. Und wir bestehen aus dem Material der Sterne, wir sind Sternenstaub. Die Sterne sind wie gute Freunde für uns, sie geben nicht nur dem Seemann Orientierung. Denn sie sind im Grunde ein großer Reflexionsschirm, der uns auf das Menschliche zurückwirft.

Abendblatt:

Gilt das auch heute noch, mit all unserer modernen Technik?

Kraupe:

Das Weltall ist eine Urerfahrung. So wie Feuer und Wasser. Die Sterne gehören dazu, obwohl sie nicht mit den Händen zu greifen sind. Das bewegt selbst hartgesottene Menschen. Teil eines großen kosmischen Geschehens zu sein fasziniert uns - die Schönheit, die Ästhetik, die Tiefe des Alls, die Entfernungen, die Zeiträume.

Abendblatt:

Ist das eine religiöse Frage?

Kraupe:

Natürlich geht es um die Erkenntnis, da ist etwas, das Größer ist als wir. Das Weltall ist eine großartige Metapher für unsere Existenz, für Werden und Vergehen. Selbst die dunkelste Nacht ist voller Sterne. Man sollte nie abfällig über Schöpfungsgeschichten und Mythen urteilen. Denn wir sind alle Geschichtenerzähler. Und die größte Geschichte überhaupt ist die Geschichte, wie die Welt "auf die Welt" gekommen ist, und die erzählen wir auch im Planetarium. Die Menschen suchen Antworten auf die großen Fragen: Wer bin ich, woher komme ich, wohin gehe ich?

Abendblatt:

Und die entscheidende Frage: Ist der Mensch allein im All?

Kraupe:

Das Weltall ist unvorstellbar groß. Laufend werden neue kosmische Küchen entdeckt, in denen komplexe Strukturen zusammengerührt werden. Leben gibt es an vielen Orten im All. Allein in unserer Milchstraße vermuten wir eine Milliarde erdähnliche Planeten, aber nur auf wenigen Hundert wird das Leben ähnlich hoch entwickelt sein wie bei uns. Höchst unwahrscheinlich also, dass wir die Einzigen sind. Nur werden uns die anderen kaum mit Raumschiffen besuchen oder mit uns kommunizieren.