Bisher sprach die Statistik für die Großen: Sie sind erfolgreicher, verdienen mehr. Doch dieser Trend könnte ein Ende finden.

Hamburg. In Zukunft werden Frauen kleiner, plumper und über einen längeren Zeitraum fruchtbar sein. Außerdem werden sie sich gesünderer Herzen erfreuen, besagt nun eine US-Untersuchung.

Schon als Darwin 1859 die Grundlagen der Evolutionsbiologie veröffentlichte, glaubte der Mensch, er sei den natürlichen Kräften entwachsen. Die Medizin hält viele am Leben, die sonst gestorben wären. Natürliche Selektion ist 150 Jahre später kein Auswahlkriterium mehr. "Zumindest in der entwickelten Welt hat die Evolution aufgehört", sagte 2005 Genetiker Steven Jones vom University College London. Er hat sich wohl geirrt.

Zumindest behauptet das Evolutionsbiologe Stephen Stearns der Yale-Universität in New Heaven (USA). "Die Idee, dass natürliche Selektion auf den Menschen nicht mehr zutreffe, weil wir bessere Möglichkeiten haben, Menschen am Leben zu erhalten, ist einfach falsch erklärt worden." Denn es gehe gar nicht um eine verlängerte Lebensdauer, sondern um die Zeitspanne der reproduktiven Phase. Und die werde bei Frauen in entwickelten Ländern länger. Kinder werden früher geboren und können auch später noch gezeugt werden, da die Menopause später einsetzt.

Und so verändert sich nicht nur das menschliche Immunsystem im Kampf mit Krankheitserregern, sondern - und das ist wirklich erstaunlich - auch die Körperform. Denn Stearns Medizinerteam brachte neue Erkenntnisse zutage. Welche, die mit heutigen Schönheitsidealen allerdings wenig konform gehen: Die durchschnittliche Frau schrumpft und wird dicker. Zum Glück erst in 400 Jahren. Unsere Urururenkelinnen werden zwei Zentimeter kleiner sein und das durch ein zusätzliches Kilo auf der Waage wieder ausgleichen. Nicht schön, aber produktiv.

Für ihre Ergebnisse verglichen die Mediziner die Daten von 2238 Frauen in den Wechseljahren. Die Untersuchung fand im Rahmen der "Framingham Heart Study" statt - eine der wichtigsten Untersuchungen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen der USA und eine der längsten Studien der Medizingeschichte. Dabei werden Einwohner von Framingham, einer Stadt im Bundesstaat Massachusetts, systematisch untersucht. Ziel ist die Aufklärung von Ursachen und Auswirkungen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Studie startete im Jahr 1948 und sie umschließt Daten von rund 14 000 Menschen.

Dabei fielen ganz nebenbei Daten an, die die Forscher nun auswerten, etwa über die Körpergröße, die, genauso wie der Blutdruck und Cholesterinspiegel auch, langsam zurückgeht. Die Forscher fragten sich, ob Frauen, die viel Nachwuchs bekommen, spezielle Merkmale tragen. Sie verglichen Körpergröße, Gewicht, Blutdruck, Cholesterinwerte und weitere Eigenschaften und setzten sie in Relation zu der Anzahl ihrer Kinder.

Dabei fanden sie heraus: Frauen, die schwerer und kleiner sind, bekommen durchschnittlich die meisten Babys. Das Gleiche gilt für Frauen mit niedrigem Blutdruck und gesunden Blutfettwerten. Außerdem sorgten diejenigen für besonders zahlreichen Nachwuchs, die ihr erstes Kind früh bekamen oder deren Wechseljahre erst spät einsetzten. Diese Eigenschaften vererben die Mütter ihren Töchtern. Frauen mit vielen Kindern geben besonders viele Gene weiter. Das führt dazu, dass in den folgenden Generationen immer mehr dicke und kleine Mädchen zur Welt kommen, die auch immer fruchtbarer werden. Bleibt eine Frage: Wie wird der Mann in 400 Jahren aussehen? Darauf haben die Forscher noch keine Antwort.