“Das Selbstverständnis Hamburgs als Hauptort des Handels, der Künste und des Gedankenaustausches kann nur durch die Geschichte der Stadt verständlich werden“, da ist sich Johann Anselm Steiger, Professor für Kirchen- und Dogmengeschichte an der Universität Hamburg, sicher.

Aus diesem Grund hat er mit Forschern aus Stuttgart und Hamburg einen Kongress auf die Beine gestellt zum Thema "Die Metropolregion Hamburg zwischen Früher Neuzeit und Aufklärung (1500-1800)".

Das Wissenschaftlertreffen richtet sich allerdings nicht nur an "Hamburg-Forscher", von denen es laut Steiger weltweit erstaunlich viele gibt. Vielmehr sind die Vorträge, die von Montag bis Donnerstag kommender Woche im Flügelgebäude West der Universität in Hamburg gehalten werden, für alle interessierten Bürger gedacht. Steiger: "Wir möchten fachübergreifend Themen präsentieren und diese der interessierten Stadtöffentlichkeit vorstellen."

Reden werden bei dem Internationalen Kongress unter anderem Professoren aus den USA und Russland, die sich mit den verschiedenen Facetten der Hamburger Geschichte vor und während der Epoche der Aufklärung beschäftigt haben. Wladimir Gilmanov aus Kaliningrad beispielsweise beleuchtet "Lessings ästhetische Hoffnung auf 'allgemeines Wohl' und die 'Hamburgische Dramaturgie'". Almut Spalding aus Jacksonville (USA) beschäftigt sich mit "Sozialen Netzwerken im Hamburg des 18. Jahrhunderts". Dass einige dieser Vorträge auf Englisch gehalten werden, sollte interessierte Zuhörer allerdings genauso wenig von einem Besuch abhalten wie die teilweise etwas komplizierten Vortragstitel. Professor Steiger versichert: "Es spricht für die Ausstrahlungskraft Hamburgs, dass es eine internationale Forschergemeinschaft gibt, die sich mit der Vergangenheit der Stadt so eingehend befasst." Daher solle man die Gelegenheit nutzen, die unterschiedlichen Stimmen zur Geschichte Hamburgs zu hören. Zumal man bei der Auswahl der Themen darauf geachtet habe, "wirklich neue Themen aufzugreifen" und diese kompakt und verständlich darzustellen. Ein Forscher, der sich auf geschichtliches Neuland wagt, ist Martin Mulsow, Professor für Wissenskulturen der Neuzeit in Erfurt. Auf dem Internationalen Kongress in Hamburg wird er einen Plenumsvortrag über den "Intellektuellen Untergrund Hamburgs im 18. Jahrhundert" halten. Am kommenden Mittwoch wird er den Zuhörern anschaulich und kurzweilig von exotischen und verbotenen Texten, Skandalen, Doppelexistenzen und toleranten Dänen berichten. Und zwar anhand ausgewählter Personen wie den bekannten Hamburger Gelehrten Hermann Samuel Reimarus. Er besaß viele Tausend Bücher und arbeitete als Professor. Des Nachts verfasste er allerdings heimlich eine Schrift, in der er die Bibel in Grund und Boden kritisierte. Mulsow: "Die Texte würden auch heute noch einige Leute schockieren." Im Jahr 1770 war das allerdings ein noch größerer Skandal.

Sein Sohn war dagegen eher praktisch veranlagt. Er führte in Hamburg den Blitzableiter ein und informierte über Impfungen. Allein an dieser Familie lässt sich die epochale Bandbreite der Aufklärung und damit die des Kongresses ablesen. Mulsow gibt allerdings zu, dass die Vortragsdauer von einer Stunde durchaus eng bemessen ist, um die Ergebnisse von 15 Jahren Forschung darzustellen. Der Kongress sei aber eine "große Sache", deren Chance man nutzen sollte.

Der Historiker-Kongress: 7.-10.9., Uni Hamburg, Flügelbau West, Edmund-Siemers-Allee. Eröffnung: 7.9., 19 Uhr, Hauptkirche St. Jacobi. Das Programm: www.theologie.uni-hamburg.de/ikd/steiger/proramm_hamburg_tagung.pdf