Das Einlagern des Treibhausgases Kohlendioxid macht neue Techniken erforderlich, um Menschen zu schützen - automatische Datennetze könnten bei Gefahr warnen.

Kohlekraftwerke setzen dem Weltklima zu, darüber herrscht Einigkeit. Doch über die Frage, ob Kohlekraft vertretbar wird, wenn aus deren Abluft das Treibhausgas Kohlendioxid (CO 2 ) getrennt und unterirdisch gelagert wird, streiten sich die Geister. Ein Schlüsselelement dieser sogenannten CCS-Technologie ist die Langzeit-Überwachung (Monitoring) der künstlichen Lagerstätten. Nur wenn diese dicht halten, kann CCS zum Klimaschutz beitragen. An der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) entwickeln Forscher automatisch arbeitende Sensornetze. Sie könnten zur CO 2 -Überwachung eingesetzt werden.

Die Gruppe um Prof. Volker Turau im TUHH-Institut für Telematik experimentiert mit Netzen aus kleinen Computereinheiten, die sich mit verschiedenen Sensoren bestücken lassen und die Daten per Funk an eine Zentrale leiten. Dabei funktionieren die Minicomputer, die mit zwei Mignonzellen gerade doppelt so groß sind wie eine Streichholzschachtel, auch als Relaisstationen für die Daten anderer Knotenpunkte des Netzes.

"Wir stellen uns selbst organisierende Netze mit Tausenden Einheiten vor", sagt Turau. "Wenn einzelne Geräte ausfallen, werden sie automatisch durch andere Knotenpunkte ersetzt. Solche Netze müssen das selbst regeln können, denn sie sollen über lange Zeit wartungsfrei laufen." Für die CO 2 -Überwachung sei etwa vorstellbar, dass ein dichtes Netz von Messeinheiten in einer Senke oder einem Tal installiert wird, um dort die Bewohner vor dem Gas zu schützen. Austretendes CO 2 kann sich am Boden sammeln und Konzentrationen erreichen, die dem Menschen gefährlich werden - tödlich ist ein CO 2 -Gehalt von mehr als zehn Prozent in der Atemluft.

Doch bis zur Anwendungsreife ist noch ein weiter Weg. Zunächst muss ein kleines Sensornetz in einem Feldtest auf dem TUHH-Campus in Harburg zeigen, was es kann. Im Oktober 2008 bauten die Telematik-Experten die ersten sechs Knotenpunkte auf. Sie sollten nur die Lufttemperatur messen und waren in besseren Frischhaltedosen untergebracht.

Inzwischen sitzen die Sensoren in einem Profigehäuse, insgesamt 27 Stück. Aber noch immer messen sie Temperaturwerte und nicht CO 2 , denn es geht zunächst darum, den Datenfluss zu testen.

Das Netz muss jeden Neuzugang selbstständig integrieren - "es ist so, als ob ein neuer Mitarbeiter in ein Team kommt, aber kein Chef da ist, der ihn einführt", sagt Turau. Die Knoten vergleichen Daten auf Plausibilität, um Messfehler zu erkennen. Einige Knotenpunkte haben keine Sensoren, sie geben nur Daten weiter. Aber alle Minicomputer "unterhalten sich untereinander". Dabei wird die Wahl auf den nächsten funkenden Nachbarn von der Distanz unter den Punkten und der Qualität des Datentransfers bestimmt. Bis Ende dieses Jahres wollen die Forscher auch CO 2 -Sensoren einsetzen, ein Dutzend soll bis dahin installiert sein. Turau: "Derzeit suchen wir nach einem optimalen Gehäuse, denn im Gegensatz zur Temperaturmessung muss die Luft durch die Sensoren strömen, ohne dass Feuchtigkeit hineinkommt."

Und das System muss auch beim CO 2 -Monitoring automatisch auf fehlerhafte Messungen reagieren. Da die Sensoren in Bodennähe installiert werden müssen, ist es denkbar, dass eine grasende Kuh in die Nähe gerät und mit ihrer CO 2 -haltigen Atemluft ein CO 2 -Leck "simuliert". Da sich diese CO 2 -Quelle jedoch weiterbewegt, ist damit zu rechnen, dass schon der nächste Messwert des betroffenen Knotenpunktes auf normalem Niveau liegt und somit Entwarnung gibt.

Eine weitere Herausforderung ist die Energieversorgung: "Die heutigen Sensoren verbrauchen mit 40 Milliampere relativ viel Energie und sind ständig in Betrieb. Wir arbeiten daran, die Sensoren zwischendurch schlafen zu lassen, aber dafür bräuchten wir Messinstrumente, die nicht wie heute erst nach einer Minute Daten liefern, sondern moderne, sparsamere Sensoren, die nach einer Sekunde zuverlässig messen."

Wann seine CO 2 -Detektoren die Umgebung künstlicher Lagerstätten überwachen, mag Turau nicht prognostizieren, dazu müssten sich erst potenzielle Anwender als Geldgeber dafür interessierten. Turau: "Unsere Arbeiten sind Grundlagenforschung, das bezahlt uns keine Firma."