Weltpremiere: In Fuhlsbüttel startete ein Motorsegler mit Brennstoffzellentechnik. Die Technologie soll ab 2020 in Airbus-Flugzeugen die Energie für Klimaanlagen und Bordstrom liefern.

12.58 Uhr - an der Startbahn 23 des Hamburger Flughafens brandet Applaus auf - über eine Weltpremiere. Zum ersten Mal in der Geschichte der Luftfahrt erhebt sich ein ausschließlich mit Brennstoffzellen angetriebenes, bemanntes Flugzeug in die Luft. Der Motorsegler, der eine Spannweite von 20 Metern hat, schaukelt im böigen Wind, der mit drei bis vier Windstärken aus Südwest kommt. Dann zieht "Antares DLR-H2" mit etwa 120 Kilometern pro Stunde drei Kreise am blauen Himmel, den weiße Kumuluswolken zieren. Fast geräuschlos schwebt das Flugzeug durch die Luft, nur wenn der Wind seitlich auf die beiden Flügel des Propellers trifft, hört man ein leises Knattern. Nach sechs Minuten setzt Pilot Axel Lange die Maschine, die das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) gemeinsam mit den Firmen Lange Aviation, BASF Fuel Cells und Serenergy entwickelt hat, butterweich wieder auf der Landebahn auf.

Der Flug sei nicht besonders aufregend gewesen, kommentiert der erfahrene Pilot Axel Lange. Erleichterung, Freude und Stolz empfinden hingegen die Ingenieure, die in nur 18 Monaten einen einsitzigen Serien-Motorsegler für knapp drei Millionen Euro auf Brennstoffantrieb umgerüstet haben. Man habe eine Spitzentechnologie, die schon an Land noch zu verbessern sei, erfolgreich für die Luftfahrt fit gemacht, freut sich Prof. Hans Müller-Steinhagen, der Direktor des DLR-Instituts für Technische Thermodynamik.

Begeistert ist auch Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust, der den Jungfernflug gespannt verfolgte: "Es ist ein kleiner Schritt, der aber große Dimensionen erschließt - ökologisch wie ökonomisch."

Ökologisch entlastet der direkte Antrieb durch eine hocheffiziente Brennstoffzelle die Umwelt zweifach: Beim Betrieb wird kein Kohlendioxid frei, das zu den Treibhausgasen zählt, und der Antrieb ist geräuscharm. Das 60 Kilogramm schwere Brennstoffzellensystem, das unter der linken Tragfläche befestigt ist, wandelt den Wasserstoff in einer elektrochemischen Reaktion mit dem Sauerstoff aus der Luft in elektrische Energie um. Diese treibt den Motor des Propellers an. Einziger Wermutstropfen: Bei der Herstellung des Wasserstoffs, von dem zwei Kilogramm in den Tank unter der rechten Tragfläche passen, entsteht Kohlendioxid. Das soll sich ändern. Auch die Reichweite von 750 Kilometern - bzw. 2000 Kilometer in einer verbesserten Version - soll erhöht werden.

Ökonomisch ist dieser Antrieb interessant, "weil er ab 2020 in Flugzeuge von Airbus eingebaut werden und dort die Energie für die Klimatisierung und den Bordstrom liefern soll", sagt DLR-Projektleiter Josef Kallo. Und das ist nicht alles: "Mit dem Wasser, das bei der Reaktion zwischen Wasserstoff und Sauerstoff entsteht, können Toiletten gespült werden. Die Reaktionswärme kann das Flugzeug heizen, und die Luft, die nach der Reaktion gereinigt ist, kann in die Kerosintanks eingeleitet werden. Das senkt das Brandrisiko."

Doch zunächst einmal wird in dem fliegenden Testlabor, das von Lufthansa Technik in Hamburg betreut wird, noch viel geforscht werden. "Wir haben erst einen Bruchteil der Leistungsfähigkeit dieser Technologie ausgereizt", sagt Josel Kallo.

In den kommenden drei Jahren will das DLR daher die Potenziale dieser Technik im Rahmen des "Fuel Cell Labs", das vor einem Jahr von der Stadt Hamburg, dem DLR und Airbus/Eads initiiert wurde, ausloten.

Das ist ein wichtiger Schritt, um die Vision zu verwirklichen, die Jules Verne bereits 1870 beschrieb: "Das Wasser ist die Kohle der Zukunft. Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist. Die so zerlegten Elemente des Wassers - Wasserstoff und Sauerstoff - werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energieversorgung der Erde sichern."