Die Hamburger Studentin Kerstin Wiegandt braucht ein Stipendium, und sie setzt dabei auf ihre Kommilitonen. Denn die dürfen im Internet darüber abstimmen, ob sie das Geld bekommt oder nicht.

Die Jobbörse "absolventa.de" hat ein "demokratisches" Stipendium ausgeschrieben, bei dem kein Gremium die Stipendien vergibt, sondern alle Nutzer des Portals urteilen können. Kerstin Wiegandt studiert Kommunikationsdesign an der HAW und hat ihre Bewerbung mit drei selbst produzierten Filmen ausgeschmückt, in denen die 26-Jährige ihr Können demonstriert.

Es sind engagierte Studenten wie Kerstin, denen das Geld zugutekommen soll, erklärt Felix Struening von absolventa.de. Profitieren möchte natürlich auch die Absolventa GmbH, die hinter der Webseite und dem Stipendium steht. Die Akademikerprofile in der Jobbörse nutzt das Unternehmen, um seinen Geschäftskunden gegen Gebühr geeignete Bewerber für offene Stellen zu vermitteln. Das Stipendium sei davon allerdings strikt getrennt, betont Struening. "Nur wer vom Stipendium aktiv an die Jobbörse wechselt, der wird auch vermittelt."

Doch wie fair kann es bei einer solchen Abstimmung im Internet überhaupt zugehen? Technisch ist es sehr einfach, mehrmals abzustimmen - gerade erst ist eine Kandidatin wegen Manipulationsversuchen gesperrt worden. Die Initiatoren sind zuversichtlich, dass es sich um einen Einzelfall handelt.

Trotzdem hat die Online-Demokratie einen Schönheitsfehler: Kaum jemand, der abstimmt, sieht mehr als einen Bruchteil der Bewerbungen, viele möglicherweise nur eine einzige. Denn die Kandidaten mobilisieren gezielt ihre Bekanntschaft - Kerstin Wiegandt zum Beispiel hat eine E-Mail an alle ihre Freunde geschickt und den Link zu ihrer Bewerbungsseite in ihr Facebook-Profil aufgenommen.

Mit dem Stipendium möchte sie einen eigenen Laptop finanzieren, um unabhängig von den Geräten der Universität arbeiten zu können. Bis zum 30. Juni haben Kerstin und die anderen 533 Bewerber Zeit, noch möglichst viele Gäste auf ihre Bewerbungen bei absolventa.de zu locken.