Das Jahrhundertereignis Venustransit ließ weltweit Tausende Hobbyastronomen gen Himmel blicken. Geschützt mit einer speziellen Brille bot sich den Frühaufstehern ein so seltenes wie spektakuläres Schauspiel.

Hamburg/Berlin. Beim Aufgang der Sonne am Mittwoch sorgte ein kleines schwarzes Pünktchen auf ihrer Scheibe für einen weltweiten Hype unter Astronomie-Fans: Die Venus zeigte ihre relative Größe - doch die Erde ist fast genauso klein wie sie. Hamburg (EPD). Kosmische Einblicke in die Konstruktion und Größe des Sonnensystems bot die Venus am frühen Mittwochmorgen. Als kleines schwarzes Pünktchen zog der Nachbarplanet äußerst langsam über die aufgehende Sonnenscheibe, rund 41 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Das seltene Ereignis hatte sich zuletzt am 8. Juni 2004 ereignet und wird in diesem Jahrhundert nicht mehr zu sehen sein. Erst am 11. Dezember 2117 soll es wieder einen "Venustransit“ geben, der allerdings von Deutschland aus nicht sichtbar sein wird.

In Hamburg wollten mehr als 1000 "Venus-Jünger“ das Ereignis bestaunen und waren zum Planetarium in den Stadtpark gepilgert . "Der Andrang hat uns fast überwältigt“, sagte Direktor Thomas Kraupe dem Evangelischen Pressedienst (EPD). Ab 4.45 Uhr demonstrierte er gemeinsam mit dem Hamburger Astronom Bernd Loibl den Transit in Non-Stop-Shows bis 7.00 Uhr im Sternensaal. Die Besucher wurden grüppchenweise auf die Aussichtsplattform in 40 Meter Höhe dirigiert, um das Schauspiel mit "Sonnenfinsternis-Brillen“ verfolgen zu können. Vor dem einzigen Fahrstuhl bildeten sich lange Warteschlangen.

Venus: Heiße Hölle von über 460 Grad Celsius

Venusdurchgänge vergangener Jahrhunderte waren für die Wissenschaft bedeutsam, weil sich mit ihrer Hilfe die Entfernungen im Sonnensystem bestimmen ließen. Dabei kam man recht genau auf die heute gültige Entfernung von rund 150 Millionen Kilometern zwischen Erde und Sonne. Diese Stecke, die "Astronomische Einheit“ (AE), gilt als eine Art "Ur-Meter“ im Sonnensystem. Das Licht braucht für diese Distanz etwa achteinhalb Minuten. Gleiches gilt für Radarsignale, die für moderne Entfernungsmessungen verwendet werden.

Venus, die "Liebesgöttin“ in der Mythologie und in Lied und Lyrik "der schöne Abend- und Morgenstern“, ist in natura eine heiße Hölle von über 460 Grad Celsius. Ihre dichte Atmosphäre besteht wesentlich aus Kohlenstoffdioxid (CO2), mit erheblichen Anteilen von Schwefelsäure. "Menschen würden auf der Venus zerquetscht, verätzt und geröstet zugleich“, sagte Planetariumschef Kraupe. Doch genau diese Atmosphäre interessiert die Forscher, weil sie bei einem "Transit“ von der Sonne durchleuchtet wird wie mit einem gigantischen Scheinwerfer. Per Spektralanalyse lassen sich ihre Bestandteile bestimmen.

Derselbe Vorgang dient als Methode zur Suche nach extrasolaren Planeten in fernen Sternensystemen - und jetzt sollen die Instrumente dafür "geeicht“ werden, erläuterte Hakan Svedhem von der Europäischen Weltraumagentur ESA. Seit 2005 befindet sich die europäische Sonde "Venus Express“ in einer Umlaufbahn um den Planeten. Ihre Messungen werden mit den Beobachtungen abgeglichen, die jetzt während des Venus-Transits mit Instrumenten aller Art auf der Erde gemacht wurden. Laut Svedhem kann dies „die Techniken bei der Jagd auf Exoplaneten beträchtlich verfeinern“.

Für einen Umlauf braucht die Venus 224,7 Tage

Nach Merkur ist Venus der zweite Planet des Sonnensystems. Die Sonne mit einem Durchmesser von knapp 1,4 Millionen Kilometern sieht vom Venushimmel etwa doppelt so groß aus wie von der Erde. Für einen Umlauf braucht Venus 224,7 Tage und ist dabei mit etwa 126.000 km/h unterwegs. Die Erde bringt es "nur“ auf rund 107.000 km/h. Beide Planeten sind ungefähr gleich groß: Die Venus hat einen Durchmesser von 12.112 Kilometern, die Erde von 12.798 Kilometern.

Bei ihrem "Transit“ (lat. transire = passieren, vorbeiziehen) steht Venus genau zwischen Sonne und Erde. Das Ereignis ist so selten, weil beide Planeten sich in ihrem Lauf um die Sonne nur alle 584 Tage "begegnen“ und ihre Bahnebenen zueinander um rund dreieinhalb Grad geneigt sind. In einem Zyklus von 243 Jahren gibt es nur vier Venus-Durchgänge, dabei immer zwei paarweise im Abstand von acht Jahren.

Der aktuelle Venustransit begann am Mittwoch bereits kurz nach Mitternacht. Beobachter in Deutschland mussten daher auf den Sonnenaufgang warten. In Kiel war dies um 4.48 Uhr soweit, in Hamburg um 4.53 Uhr, in München erst um 5.15 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ). Jeweils rund eineinhalb Stunden lang war die "Miniatur-Finsternis“ zu sehen - oder blieb hinter Wolken verborgen.