Moskau. Ein teurer und ausgesprochen peinlicher Rückschlag für das russische Raumfahrtprogramm: Der Raumfrachter Progress wird unkontrolliert auf die Erde stürzen und vermutlich verglühen.

Peinlicher und teurer Zwischenfall bei russischer Routinemission: Seit seinem Start kreist der unbemannte Frachter Progress M-27M auf einer falschen Umlaufbahn um die Erde.

Seine Aufgabe war es, Nachschub auf die Internationale Raumstation ISS zu liefern. Dieser Aufgabe wird er nicht mehr nachkommen können. Der tonnenschwere Frachter wird abstürzen. Dies räumte die Raumfahrtbehörde Roskosmos nun ein. Alle Rettungsversuche der Flugleitzentrale bei Moskau blieben erfolglos. Voraussichtlich wird der "Progress"-Transporter in der kommenden Woche beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglühen.

Es sei noch unklar, wer den Absturz zu verantworten habe, sagte der stellvertretende Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, Alexander Iwanow. Eine Untersuchungskommission werde sich nun mit dieser Frage befassen. Die Panne habe sich offenbar beim Abkoppeln der Trägerrakete ereignet, erklärte Iwanow. Ein russischer Raumfahrtvertreter hatte zuvor der Nachrichtenagentur AFP gesagt, der Transporter habe damit begonnen, "unter unkontrollierbaren Bedingungen" abzustürzen.

Nach Angaben von Roskosmos wird der "Progress"-Transporter voraussichtlich zwischen dem 5. und 7. Mai in der Atmosphäre verglühen - so wie es bei Raumfrachtern dieses Typs in der Regel der Fall war.

Eine "Sojus"-Trägerrakete war am Dienstag zunächst erfolgreich mit dem Raumfrachter vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan gestartet. Kurz danach aber ging der Kontakt zu "Progress" verloren. Die russische Nachrichtenagentur Tass berichtete zudem, das Raumschiff habe die vorgesehene Umlaufbahn verfehlt. Die Kontrolleure beschlossen, das Andockmanöver an die ISS auf Donnerstag zu verschieben, um Zeit für die Behebung des Problems zu gewinnen. Weitere Versuche, den Kontakt zu "Progress" wiederherzustellen, schlugen am Mittwoch jedoch fehl.

Der Transporter sollte wissenschaftliche Materialien sowie Wasser und Nahrungsmittel zur ISS bringen. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa versicherte jedoch, diese Materialien seien nicht essenziell für den Betrieb in der Raumstation, der normal weiterlaufen könne. Die dort vorhandenen Reserven reichten noch für Monate und "deutlich bis über die Ankunft des nächsten Versorgungsflugs" hinaus. Dabei handelt es sich um eine "Dragon"-Raumkapsel des US-Unternehmens SpaceX, die am 19. Juni an die ISS andocken soll.

An Bord des "Progress"-Frachters befand sich auch eine Replik der sowjetischen Fahne, die Soldaten der Roten Armee nach der Eroberung Berlins auf dem Reichstag gehisst hatten. Die Fahne sollte von den russischen Kosmonauten der ISS verwendet werden, um ihre Grüße nach Moskau zu den Feierlichkeiten am 9. Mai zum 70. Jahrestag des Kriegsendes zu entrichten.

Das russische Raumfahrtprogramm musste in den vergangenen Jahren eine Serie von Rückschlägen einstecken. So gingen mehrere Satelliten verloren. Und bereits 2011 verunglückte ein Transporter, der auf den Weg zur ISS geschickt wurde: Kurz nach dem Start stürzte damals der "Progress"-Frachter in Sibirien ab. Russland schickt jährlich drei bis vier "Progress"-Versorgungsflüge zur ISS. (AFP/HA)