Säfte aus Früchten oder Gemüse können genauso harmonisch zu einem mehrgängigen Menü passen wie Weine.

Ein mehrgängiges Menü in angenehmer Gesellschaft in einem schönen Restaurant ist ein Vergnügen. Gutes Essen, gute Gespräche und dazu der passende Wein. Eine runde Sache. Aber was ist, wenn jemand keinen Alkohol dazu trinken möchte oder es aus gesundheitlichen Gründen nicht darf? Dann bleiben oft nur Wasser oder Apfelschorle. Dabei können Säfte aus Früchten und Gemüse edle, harmonische und genussvolle Menübegleiter sein. Höchste Zeit, dass diese alkoholfreien Flüssigkeiten eine neue und wichtige Rolle spielen.

„Wasser wird auf die Dauer langweilig und kann sogar die Menüfolge beeinträchtigen“, sagt Rakhshan Zhouleh. Der mehrfach ausgezeichnete Sommelier hat sich über das Thema Saft zum Essen schon seine Gedanken gemacht. Als der gebürtige Iraner, der in Hamburg auch im Haerlin im Hotel Vierjahreszeiten sowie in der Elb­lounge an der Elbchaussee Gäste in Sachen Wein beriet, noch im Münchner Restaurant Tantris tätig war, hatte er oft Gäste aus dem arabischen Raum, die keinen Alkohol tranken. „Wir haben ihnen Säfte serviert. Keiner hat bei einem achtgängigen Essen den Wein oder anderen Alkohol vermisst.“

Laut Zhouleh sind die meisten Säfte zu süß. „Man muss experimentieren.“ Vor allem sei es wichtig, die Säfte frisch zu pressen und ohne zusätzlichen Zucker anzurühren. Gewürze, Orange und Zitrone würden die Flüssigkeiten trockner machen, sagt der Sommelier. „Trübe Säfte wirken fleischig und samtig wie Wein.“ Zhouleh hat zum Beispiel einen Schuss Holunderblütenessig mit Sellerie- und trübem Apfelsaft gemischt und etwas Chili zugefügt. „Das ist am Gaumen pikant und passt zum Beispiel zu geräucherter Forelle.“

Gurke ist eine
perfekte Grundlage
für einen
schmackhaften Saft
Gurke ist eine perfekte Grundlage für einen schmackhaften Saft © picture alliance

Granatapfel und Sanddorn, Spargel und Rote Bete, Möhren und Tomaten, dazu etwas Olivenöl, Kräuter, Abrieb von Zitrusfrüchten – wer seine Gäste mit Säften passend zum Essen verwöhnen will, der muss austesten, was zusammenpasst und was zu bitter, zu trocken und zu intensiv schmeckt und so die Speisenfolge stört. Denn wie beim Wein zum Essen sollen sich die Aromen auch beim Saft aufs Beste ergänzen und verstärken. Die Köstlichkeiten im Glas und auf dem Teller sollen perfekt miteinander harmonieren.

Marc Almert, Sommelier im Restaurant Haerlin, hat eher selten Gäste, die zum klassischen Menü eine komplette Saftbegleitung bestellen. „Eigentlich wollen unsere Kunden das ganze Paket und auf Wein nicht verzichten“, sagt der Weinexperte. Gleichwohl komme es vor, dass zu einzelnen Gängen auch Saft oder Schorle bestellt werde.

Haerlin-Küchenchef Christoph Rüffer hat vor Kurzem bei einem privaten Essen sieben Gänge serviert, zu denen nur Saft getrunken wurde. So gab es zur Gänseleber mit Haselnüssen einen Apfelsaft aus Jonagold oder roter Sternrenette – ein leichter und frischer Einstieg ins Menü. „Säfte füllen und machen satt, das muss man bei der Planung berücksichtigen“, sagt der mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnete Koch.

Einige Mostereien haben sich auf Säfte für die Sterneküche spezialisiert

Den St.-Pierre-Fisch mit grünem Bohnensaft, Pistaziencreme und saurer Birne begleitete ein sämiger Saft aus Williams-Christ-Birnen. Zur Entenbrust mit Fenchel gab es Saft aus der Sauerkirsch-Sorte Morellenfeuer, der wie Chianti schmeckt. Und der rosa gebratene Rehrücken wurde mit dem Tropfen „Wilde Pflaumen“ serviert. Dafür stammen die Früchte aus dem Piemont.

Intensiver Möhrengeschmack
muss
dosiert werden
Intensiver Möhrengeschmack muss dosiert werden © picture alliance

Auf hochwertige Säfte, die in Sterne-Restaurants angeboten werden, haben sich zum Beispiel die Mostereien Perger in Bayern, Voelkel in Niedersachsen zwischen Gorleben und Schnackenburg sowie van Nahmen am Niederrhein spezialisiert. Schon seit fast 100 Jahren produziert das Familienunternehmen Säfte und nimmt für die Sorten Apfel und Pflaume auch gerne Früchte von Streuobstwiesen. „Sie gehören zu den artenreichsten Lebensräumen“, sagt Geschäftsführer Peter van Nahmen. „Um diese Wiesen zu schützen, erhalten unsere Vertragslandwirte einen höheren Preis, sodass sich die Kultivierung lohnt.“ Der Unternehmer beginnt ein Essen gern mit einem alkoholfreien Fruchtsecco Traube oder Apfel-Rote Johannisbeere-Himbeere als Aperitif. Zur Käseplatte empfiehlt er die Konstantinopeler Apfelquitte.

Nach den jetzt bevorstehenden tollen Tagen ist am Aschermittwoch alles vorbei. Zeit, Verzicht zu üben. Die evangelische Kirche ruft jedes Jahr zur Aktion „7 Wochen ohne“ auf. Bis Ostern ohne Schokolade oder Mobiltelefon, ohne TV-Konsum oder Alkohol auskommen. Saft zum Menü ist ein Versuch wert. Es muss ja nicht gleich nur noch Wasser und Brot sein.