Die Aussicht auf Genesung von frühkindlichem Asthma ist gut, sodass es bald auch der kleinen Kayra wieder besser gehen könnte.

Kayra Polat sitzt auf dem Schoß ihrer Mutter. Diese blättert im Altonaer Kinderkrankenhaus ein Bilderbuch durch und stellt ihrer Tochter einige Fragen: "Wie geht es dir heute? Gut, schlecht oder so lala?" - "So lala", antwortet Kayra. "Wie hast du heute geschlafen?" "So lala." Das Mädchen zieht etwas Speichel hoch, es hat sich eine Erkältung eingefangen. Der Grund, dass es Kayra an diesem Wintertag nicht gut geht, ist aber ein anderer: Sie leidet unter Asthma. Und das bestimmt das Leben der Familie Polat. Die Vierjährige fühlt sich oft matt und müde, schläft im Auto ein, wenn ihre Mutter Azize Polat, 33, sie aus dem Kindergarten abholt. Auch beim Herumtoben kann sie nicht Schritt halten, zu schnell setzt die Erschöpfung ein.

"Während andere Kinder acht Wochen im Jahr krank sind, ist es bei Kayra umgekehrt: Sie ist acht Wochen gesund", sagt Speditionskauffrau Azize Polat, die für ihre Tochter die Arbeitsstunden reduziert hat. Am nervenaufreibendsten seien die Nächte. Reizhusten, Erbrechen, Atemnot - wenn das eigene Kind darunter leidet, wird Schlaf zum Luxusgut. Dennoch sei sie froh, dass sie endlich wissen, woran ihre Tochter erkrankt ist.

Denn bevor Kayra die richtige Diagnose erhielt, mussten die Eltern einen "Ärzte-Marathon" bestehen, wie Frau Polat sagt. "Viele Ärzte diagnostizierten nur einen chronischen Husten", erzählt die Mutter. Weil sie ständig krank war, entfernte man Kayra sogar die vergrößerten Rachenmandeln, die fürs Schnarchen und häufige Erkältungen verantwortlich gemacht werden. Kayras Beschwerden hielten an.

Denn das Leiden des Mädchens rührt von anderswo her: Asthma (griechisch: Keuchen) ist eine chronische Entzündung der Atemwege. Betroffen bei dieser häufigsten chronischen Erkrankung im Kindesalter, unter der zwischen sieben und zehn Prozent der Kinder leiden, sind die Bronchien. Deren Entzündung verursachen drei Mechanismen, die zu einer Verengung der Atemwege führen: Die Muskulatur der Bronchien verkrampft, die Schleimhaut dort schwillt an und bildet zähen Schleim. "Diese Verengung der Luftwege führt dazu, dass die Betroffenen schlechter Luft ausatmen können, kurz: zur Atemnot", sagt Prof. Frank Riedel, 58, Ärztlicher Direktor des Altonaer Kinderkrankenhauses und Leiter der Pädiatrischen Pneumologie.

Die asthmatischen Beschwerden können je nach Schwere ein paar Stunden oder einige Tage anhalten. Auch die Häufigkeit unterscheidet sich: Während Patienten mit leichtem Asthma seltener als alle zwei Monate leiden, können die Symptome beim schweren Asthma auch täglich und vor allem nachts auftreten. Indes unterscheidet die Forschung zwischen zwei Grundformen der Erkrankung: dem allergischen Asthma, bei dem Allergene die Atemwegsverengung auslösen, und dem nicht allergischen Asthma, das oft von Atemwegsinfektionen verursacht wird. Studien belegen, dass rund 70 Prozent der Asthmatiker unter einer gemischten Form leiden. "Kinder haben am häufigsten allergisches Asthma", sagt Prof. Riedel. Zu den Allergenen, die Asthma auslösen, gehören vor allem Hausstaubmilben, Pollen und Tierhaare. Ein Allergietest ist deshalb obligatorisch (siehe Interview).

Kayra hingegen hat ein nicht allergisches Asthma. Seit den ersten Lebensmonaten litt sie unter trockenem Reizhusten, der sich bei körperlicher Belastung verstärkte. Jedoch: Pfeifendes Atmen zeigte sie nie. Das erschwerte die Diagnose beträchtlich, sagt Riedel. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Erkrankung in Kayras Familie nicht unbekannt war: Ihr Onkel leidet unter Asthma, die Mutter zudem an einer Tierhaarallergie.

Beides waren Indizien für Kayras Asthma, denn auch die Gene spielen eine Rolle: Bei Kindern, deren Eltern beide Asthmatiker sind, beträgt das Erkrankungsrisiko rund 70 Prozent. In Kayras Fall brachte ein Lungenfunktionstest Gewissheit: Seither behandelt Riedel die Vierjährige mit einer Inhalationstherapie. Ihr Bronchialspray gilt als Mittel der Wahl, um akute Asthmaanfälle zu behandeln. Ein wichtiger Bestandteil der Sprays sind die Sympathomimetika, die die Wirkung von Adrenalin imitieren und die Bronchien innerhalb von Minuten erweitern. Kayra inhaliert außerdem Glucocorticoide (Kortison), die Entzündungen hemmen und die Schleimproduktion senken.

Kortison hat keinen guten Ruf. Dass dieses in der Nebennierenrinde des Menschen gebildete Steroidhormon zu Unrecht verteufelt wird, sagt nicht nur Riedel. Der Kinderpneumologe Dr. Hans-Eberhard Heuer (siehe Text rechts) behandelt täglich junge Asthmatiker und erklärt: "Bei Dosen von 200 Mikrogramm sind Nebenwirkungen verschwindend gering." Bilder von Kindern mit Mondgesicht ("Cushing-Syndrom"), Muskelschwund und Osteoporose gehören der Vergangenheit an, in der man fatale Überdosen verabreicht habe.

Heute sei Kortison eine "Allzweckwaffe" gegen Asthma. Es kann als Tablette oder in inhalierter Form direkt auf die entzündeten Bronchien wirken und taugt auch als Vorbeugung, da es die Entzündung der Atemwege langfristig mildert. Ergänzend zu den Bronchien weitenden Asthmasprays, die akut bei einem Anfall inhaliert werden, sollten bei schwerem Asthma auch die Zeiträume zwischen den Anfällen behandelt werden (Intervalltherapie). "Eine verhältnismäßig neue Therapie ist der Einsatz von Antileukotrienen", sagt Heuer. Derzeit verordnet wird das Medikament Montelukast, das die Aktivität körpereigener Entzündungsstoffe hemmt. Besonders für kleine Kinder sei darüber hinaus eine Atemtherapie sinnvoll, bei der sie lernen, wie Inhalation funktioniert. Das steht auf dem Stundenplan von Asthmaschulungen, die Ärzte regelmäßig für Eltern und deren Kinder veranstalten. Begleitend können auch Hausmittel helfen: "Ein Brustwickel mit heiß-feuchtem Tuch beruhigt genauso wie heiße Milch mit Honig", rät Heuer. Auch sollten die Kinder im kühleren Raum schlafen, damit die Schleimhäute abschwellen können.

Die Aussicht auf Genesung von frühkindlichem Asthma ist sehr gut, nicht nur dank der Medikamente: "Bis zu 75 Prozent der betroffenen Kinder werden im Erwachsenenalter beschwerdefrei." Auch Riedel bestätigt das: "Ein wichtiger Faktor für die Besserung sind das Wachstum von Lunge und Bronchien, die mit der Zeit weniger anfällig für Infekte sind."

Bei Kayra dürfte das noch etwas dauern. Doch ihre Mutter ist zuversichtlich: "Morgens und abends bekommt sie das Spray. Das hilft sehr!" Also, hofft die Mutter, wird Kayra auf die Frage, wie es ihr gerade geht, in Zukunft antworten: "Gut."

Alle Folgen

28.1. Bauchschmerzen

30.1. Neurodermitis

31.1. Infektionen

1.2. Diabetes

2.2. Asthma und Allergien

3.2. Erkältungen

4.2. Sport und geistige Entwicklung

6.2. Spielen und seine Bedeutung

7.2. Kopfschmerzen

8.2. Ernährung

9.2. Augenkrankheiten

10.2. Unfälle

11.2. Gesundheitsgipfel