Ein Stipendium gibt es heute nicht mehr nur für besonders Begabte. Engagierte Abiturienten haben eine gute Chance, wenn sie sich bewerben.

Drei Abiturienten schafften 2010 am Gymnasium Süderelbe in Neugraben die Abschluss-Traumnote 1,0. Nikita Taran gehörte nicht zu ihnen - er lag bei 1,4. Ein paar Wochen später hatte er sich für ein Psychologiestudium an der Uni Hamburg entschieden und bekam überraschend Post. Absender war die Studienstiftung des deutschen Volkes , das älteste Begabtenförderwerk der Republik. Seine Schule hatte ihn empfohlen. Die Stiftung lud ihn zum Wochenendseminar nach Neumünster ein. "Bei der Studienstiftung geht es nicht nur nach Noten. Dessen sollte man sich bewusst sein", kommentiert er heute selbstbewusst.

Am Ende gehörte der 1990 in Moskau geborene Nikita zu den glücklichen Stipendiaten. Auf sich selbst angesprochen, weist er das Etikett "Elite" ganz entschieden zurück: "Ich finde, dass die Begabtenförderung ebenso wichtig ist wie die Förderung von Benachteiligten oder die Herstellung von Chancengleichheit."

Heute kommen etwa zwei Prozent der Studenten in Deutschland in den Genuss von Stipendien, die von den Begabtenförderwerken, Stiftungen und anderen Organisationen ausgelobt werden. Den besten Überblick über alle Fördermöglichkeiten liefert die Website www.stipendienlotse.de . Sie wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung immer auf dem neuesten Stand gehalten.

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Mittelfristig soll die Zahl der durch Stipendien geförderten Studenten auf zehn Prozent ansteigen. Das ist das Ziel der Bundesregierung. Zu diesem Zweck wurde 2010 das Deutschland-Stipendium auf den Weg gebracht. Es ist ein einkommensunabhängiges Fördergeld von 300 Euro monatlich. Es wird auch zusätzlich zum BAföG ausgezahlt. Die Hälfte der Fördersumme trägt der Bund. Die andere Hälfte sollen die Hochschulen in der Wirtschaft oder bei anderen Spendern einwerben. Das Auswahlverfahren, das neben der Studienleistung auch andere Kriterien enthalten kann, liegt in der Eigenverantwortung der Hochschulen.

Die Idee dahinter ist, die Bildungsausgaben auf breitere Schultern zu verteilen und die Wirtschaft, die letztlich von gut ausgebildeten Fachkräften profitiert, mit ins Boot zu holen. Das Projekt steht und fällt mit dem Engagement der Hochschulen. "Eine Hochschule ist ja nicht per se Fundraiser", sagt Katharina Koufen vom Bundesforschungsministerium: "Sie muss sich erst in diese Rolle hineinfinden. Das braucht seine Zeit."

Inzwischen beteiligen sich drei Viertel aller Hochschulen der Bundesrepublik am Deutschland-Stipendium . Die drei großen Hamburger Hochschulen, die Uni, die HAW und die TUHH, sind nicht dabei.

+++Seit 20 Jahren werden Künstler gefördert+++

Für die etwa 40 000 Studierenden der Uni Hamburg bedeutet das: In diesem Jahr könnte die Uni gemäß Quote an ein Prozent der Studierenden ein Deutschland-Stipendium vergeben. Etwa 400 Studenten würden so monatlich 300 Euro erhalten. An dem Gesamtbetrag von 1,44 Mio. Euro pro Jahr würde sich der Bund mit der Hälfte beteiligen. Die andere Hälfte müsste die Uni einwerben und würde dabei mit einer Akquisepauschale von 50 000 Euro unterstützt werden, wie Koufen vorrechnet. An diesem Punkt scheiden sich die Geister. Da, wo andere Universitäten in Deutschland beherzt handeln, beschließt die Hamburger Landeshochschulrektorenkonferenz, eine Arbeitsgruppe zu bilden. Diese soll erst einmal ein Konzept entwickeln. Das teilt Christiane Kuhrt von der Uni Hamburg mit und schließt ihr Statement so: "Das Ergebnis wird abzuwarten sein."

Allerdings unterstützen die Studentenvertreter der Uni ihren Präsidenten. Franziska Hildebrandt vom AStA: "Wir lehnen das Deutschland-Stipendium generell ab. Wir sind gegen den Einfluss der Wirtschaft oder anderer Stifter auf die Uni. Wir wollen keine Elitenförderung, sondern ein elternunabhängiges BAföG. Wir sehen an dieser Stelle den Staat in der Pflicht, durch geeignete Maßnahmen wie ,Reichensteuer' oder höhere Unternehmenssteuern die dafür nötigen Mittel zu mobilisieren."

+++Deutschlandstipendium: Rund 5000 Studenten wurden gefördert+++

An der TU in Harburg scheinen die Vorbehalte gegen die Wirtschaft nicht so groß zu sein. Dort gibt es schon seit Jahren dank eines Sponsors aus der Industrie Cash gegen Studienleistung für Studierende in der Elektrotechnik. Auch das Thema Deutschland-Stipendium soll erneut geprüft werden.

Immerhin sieben kleinere Hochschulen und Fachhochschulen der Hansestadt bieten ihren Studierenden schon das Deutschland-Stipendium an. Zu den 27 Hamburger Stipendiaten gehört auch die 21-jährige Alice Möller. Sie studiert seit 2009 an der Bucerius Law School und engagiert sich in ihrer Freizeit unter anderem aktiv bei Amnesty International. Die Kommission, die an ihrer Hochschule über die Vergabe des Stipendiums entschied, tat das nach drei Kriterien: Leistung, Engagement neben dem Studium und finanzieller Hintergrund. Natürlich schätzt Alice Möller den monatlichen Betrag, der es ihr erlaubt, sich voll auf das Studium zu konzentrieren und insbesondere in stressigen Phasen auf einen Nebenjob zu verzichten. Noch wichtiger ist für sie aber der ideelle Aspekt: "Es ist eine tolle Anerkennung." Über die Situation in Hamburg sagt sie: "Es sollte mehr Studierenden in Hamburg ermöglicht werden, sich für das Deutschland-Stipendium zu bewerben. Dass man diese Möglichkeit bislang ungenutzt lässt, ist wirklich schade."