An der Universität Hamburg arbeiten junge Forscher an spannenden Projekten. Drei von ihnen stellen sich und ihre Arbeit vor

Der Ethnologe: Professor Michael Schnegg

Unter welchen Bedingungen gelingt es Menschen im südlichen Afrika, Wasser und Land nachhaltig zu nutzen und gerecht zu verteilen? Dieser Frage geht Michael Schnegg, Professor für Ethnologie an der Universität Hamburg, seit mittlerweile knapp acht Jahren nach. "Ich versetze mich gerne in die Weltbilder anderer Menschen und finde heraus, wie sie für ähnliche Schwierigkeiten unterschiedliche Lösungen finden", sagt Schnegg.

Das kulturell andere und das Fremde zu verstehen, das hat sich die Ethnologie zur Aufgabe gemacht. Um genau zu begreifen, wie Menschen andernorts leben, betreiben die Wissenschaftler Feldforschung, indem sie in die zu erforschenden Gebiete reisen und mit den Menschen vor Ort leben. "Wir verbringen ein bis anderthalb Jahre mit den Leuten und versuchen, aus dem Alltag heraus zu verstehen, wie ihr Zusammenleben funktioniert", sagt Schnegg.

Er hat ab 2003 gemeinsam mit seiner Frau und der damals einjährigen Tochter anderthalb Jahre im ländlichen Namibia gelebt. Die Sprache zu erlernen und das Vertrauen der Dorfgemeinschaft zu gewinnen, seien die größten Herausforderungen gewesen. Zurück in Deutschland, baute der Ethnologe seine Forschung auf den Erfahrungen in Afrika auf. Schneggs Ziel ist es, seine Erkenntnisse aus dieser Zeit in einen größeren wissenschaftlichen Zusammenhang einzubetten.

Zurzeit betreut der 39-Jährige in Hamburg zwei große wissenschaftliche Projekte. "Das eine beschäftigt sich mit der Frage, wie es in Namibia gelingt, Wasser nachhaltig zu nutzen", sagt der Professor. Denn kürzlich habe die Regierung das Ressourcenmanagement komplett an die Bevölkerung abgegeben. Deshalb wollen Schnegg und seine Kollegen nun herausfinden, nach welchen Regeln die Menschen das Wasser unter sich aufteilen. "Namibia hat sehr geringe Niederschlagsmengen, deshalb ist es in dieser Region so wichtig, Wasser nachhaltig zu nutzen, damit es Menschen und Tieren langfristig zur Verfügung steht", erklärt Schnegg.

"Lokale Institutionen in globalisierten Gesellschaften" hat der Ethnologe das Projekt genannt, das die Deutsche Forschungsgemeinschaft für neun Jahre finanziell fördert. Mit dem Titel möchte sich der Professor bewusst von anderen wissenschaftlichen Forschungen auf diesem Gebiet abgrenzen.

"Die Ansätze, die in der Vergangenheit gewählt worden sind, verstehen lokale Gemeinschaften als relativ homogene Einheiten, die abgeschlossen von dem Rest der Welt leben", sagt Schnegg. "Wir versuchen, diese Gemeinschaften als heterogene Einheiten zu betrachten, in denen es zum Beispiel Arme und Reiche gibt, die Beziehungen auch über die Dorfgrenzen hinaus haben."

Zudem arbeitet der Professor im Gegensatz zu anderen Ethnologen sehr eng mit den Naturwissenschaftlern zusammen, um genauere Erkenntnisse über die Veränderungen des Wasserhaushaltes und über die Bodenfruchtbarkeit zu bekommen.

Das zweite Projekt, dem sich Schnegg zurzeit gemeinsam mit anderen Hamburger Kollegen widmet, trägt den Titel "The Future Okavango" und erforscht neben Namibia die Nutzung natürlicher Ressourcen in Angola und Botswana. "Dabei geht es uns darum, konkrete Verbesserungsstrategien für die Landnutzung zu entwerfen und die Leute vor Ort auch aktiv in unsere Arbeit mit einzubeziehen", sagt Schnegg. "Wollen wir den Wald lieber für den Ökotourismus nutzen oder auf der Fläche Getreide für die Schweinezucht anbauen? Für uns ist entscheidend, was die Menschen vor Ort wollen", sagt Schnegg.

Dazu müsse man in erster Linie ihre Werte und Normen verstehen. "Auch wenn der Anbau von Biotreibstoff materiell gesehen mehr Ertrag einbringen würde, hat ein Wald, in dem die Toten bestattet wurden, oft einen so hohen Wert für die Menschen, dass es besser sein kann, ihn stehen zu lassen."