In einer Sonderausstellung zeigt das Museum der Arbeit Beispiele der Brückenbaukunst in Hamburg - wie die Viadukte der Hochbahn.

Sie gehören zum Stadtbild von Hamburg wie Kontorhäuser und Hafenkräne: die Viadukte der Hamburger Hochbahn. Die augenfälligen Brücken aus Eisen oder Stahl entstanden vor fast 100 Jahren als Teil des damals neuartigen Verkehrsnetzes. Eine moderne Schnellbahn sollte durch Tunnel, über Bahndämme und eben auch über Brücken mitten in der Stadt führen, um die Menschen in der wachsenden Metropole schneller zu befördern.

London, Paris und Berlin betrieben bereits Untergrundbahnen, doch Hamburg dachte Anfang 1900 zunächst über den Bau einer Bahn, nach Art der Wuppertaler Schwebebahn, nach. Die Pläne wurden schließlich verworfen, weil es nicht sicher genug schien, die für die Schwebekonstruktion notwendigen Pfeiler in die Fleete zu setzen.

1906 begannen die ersten Arbeiten für den Bau der U-Bahn. 1912 wurden alle Teilstücke der sogenannten Ringlinie fertiggestellt. Sie führt in einem weiten Bogen um die Alster, verbindet die Wohngebiete Barmbek, Eppendorf mit dem Hafen und entspricht der heutigen Linie U 3. In weiteren Bauabschnitten entstanden Stichlinien nach Eimsbüttel, Fuhlsbüttel und Rothenburgsort. 1934 wurde die Kell-Jung-Linie, die Verbindung zwischen Kellinghusenstraße und Jungfernstieg, eröffnet. Die Hochbahnviadukte, wie sie etwa am Rödingsmarkt, an den Landungsbrücken oder über der Isestraße entstanden, gehören zu den gelungensten Beispielen Hamburger Brückenbaukunst.

Und davon gibt es in der Hansestadt mehr als in Venedig oder Amsterdam. Die meisten Bauwerke entstanden in der Zeit von 1842 bis 1945. In seiner gegenwärtigen Ausstellung "Hamburg und seine Brücken. Baukunst, Technik, Geschichte bis 1945" zeigt das Museum der Arbeit die Vielfalt dieser ausgetüftelten und oftmals auch kunstvoll gestalteten Bauwerke.

Sie wirft einen Blick auf den frühen Bau von Steinbrücken, die allmählich die ursprünglichen Holzbrücken ersetzten. Und schlägt den Bogen zu den Werkstoffen der Industriellen Revolution Stahl und Beton. Konstruktionspläne zeugen von den Leistungen der Planer, Fotos dokumentieren die vielen Einzelschritte beim Bau der aufwendigen Eisen- und Stahlkonstruktionen, besonders beim Bau der Hochbahnviadukte.

Einzelne Brückenteile wurden von 1910 bis 1912 in dem Mainzer Werk Gustavsburg der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg (MAN) gefertigt. Per Schiff kamen sie nach Hamburg. Zu den jeweiligen Baustellen gelangten sie über die Kanäle. "Man kann sagen, fast alle Bauteile der Hochbahnbrücken sind geschwommen", sagt Jürgen Bönig, Kurator der Ausstellung.

Fotos zeigen Schuten, die auf hohen Holzgerüsten die Brückenträger zu den Stellen transportieren, wo sie auf ihre Lager gesetzt wurden. Mit Winden und Kränen wurden die Bauteile für die Brückenkonstruktion in Position gebracht. Als Träger dienten steinerne Fundamente, die oft schon in einem früheren Bauabschnitt gesetzt worden waren, oder schlanke Träger aus Eisen und später aus Stahl.

Diese Werkstoffe mussten zusammengebaut werden, dafür waren die Nieter zuständig. "Das war reine Handarbeit, an manchen Brücken wurden bis zu 10 000 Nieten benötigt", sagt Jürgen Bönig. Bevor die Nieten mit Hand- oder Presslufthämmern eingeschlagen wurden, mussten sie erhitzt werden. Im Museum geben Eisenteile und Nieten sowie Hand und Presslufthammer einen Eindruck von dieser damals körperlich harten Arbeit.

Viele Viadukte stehen an der Strecke entlang des Hafens. Die Konstrukteure haben mit ihnen eine passende Lösung für die geografischen Gegebenheiten in der Hansestadt gefunden. Denn durch den Elbhang wird die U-Bahn bis zu den Landungsbrücken durch einen Tunnel geführt. Auf der Hafenseite kommt sie dann auf dem Viadukt heraus. "Der Vorteil ist, dass sie auf gleicher Ebene weiterfahren kann und das erfordert weniger Energie, als wenn sie auf einen niedrigeren Bahndamm hinunterfahren müsste", erklärt Jürgen Bönig.

Was sich Konstrukteure an anderer Stelle dachten, belegen beispielsweise zusätzlich zu den Eisenträgern errichtete steinerne Tore etwa an der Isestraße. "Man traute den Stützen allein nicht und baute ein zusätzliches Tor, weil man glaubte, die Bremskräfte der U-Bahn könnte die Brücke ansonsten zum Einsturz bringen", erläutert Jürgen Bönig.

Wie Druck- und Zugkräfte auf eine Brücke einwirken und welche Brückentypen es gibt, wird in der Ausstellung an diversen Modellen erklärt. An Mitmachstationen können Besucher gleich selber ausprobieren, wie man etwa eine Bogenbrücke zum Einsturz bringt und sie danach stabil wieder aufbaut. Das ist auf Anhieb schwieriger als gedacht und macht die Kunst des Brückenbaus eindrücklich deutlich.

Hamburg und seine Brücken. Baukunst, Technik, Geschichte bis 1945. Bis 3.1.2010. Museum der Arbeit, Wiesendamm 3. Mo 13-21 Uhr, Di-Sa 10-17 Uhr, So 10-18 Uhr. www.museum-der-arbeit.de

Das Buch zur Ausstellung: Sven Bardua: Brückenmetropole Hamburg. Baukunst - Technik - Geschichte bis 1945. Dölling und Galitz Verlag, 200 S., 210 Abbildungen, 24.90 Euro