Mit einer umfangreichen Aufwertung der Technik will der neue Ford Fiesta seine Position im Kleinwagensegment weiter ausbauen

Der Focus fährt dem Golf meilenweit hinterher, und der Mondeo hat gegen den Passat keine Chance. Doch bei den Kleinwagen hält Ford tapfer die Führung vor VW: Seit Jahren steht an der Spitze des noch immer größten Segmentes in Europa nicht der Polo, sondern der Fiesta. Und damit das so bleibt, parieren die Kölner die Polo-Premiere in Wolfsburg mit der achten Generation des Fiesta, die im Juli in den Handel kommt, und werten ihren Bestseller dabei noch einmal gründlich auf.

Das gilt für die Abmessungen mit sieben Zentimetern mehr Länge und einem Zentimeter mehr Breite für ein wenig mehr Platz im Innenraum und mehr noch für die Ausstattung. Denn die Entwickler führen ein paar ganz neue Extras ein und rüsten ihren Bestseller so zum „technologisch fortschrittlichsten Kleinwagen“ der Welt auf, sagt Marketing-Chef Wolfgang Kopplin.

Allerdings gibt es den Fortschritt nicht zum Nulltarif. Sondern mit einem Grundpreis von 12.950 Euro wird der Fiesta auf dem Papier knapp 2000 Euro teurer – bietet dafür aber etwas mehr Leistung und schon in der Grundausstattung ein wenig mehr Luxus. Den neuen Führungsanspruch rechtfertigt Ford mit Premieren wie einem Notbremsassistenten, der selbst bei Dunkelheit auch Fußgänger erkennt, oder einer Einparkautomatik, die neben der Lenkung auch die Bremse betätigt. Außerdem gibt es mit Hilfe von zwei Kamera-, drei Radar- und zwölf Ultraschallmodulen eine komplette Rundumüberwachung, die üblichen Hilfen für Spurführung und Spurwechsel sowie eine Elektronik, die beim Rangieren vor rückwärtigem Querverkehr warnt.

Der Innenraum ist komplett neu gestaltet worden

So viel Unterstützung wäre allerdings gar nicht nötig. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Kleinwagen ist der neue Fiesta ein Auto, das man tatsächlich gerne selber fährt. Wo man in Polo & Co. vor allem zum Ankommen einsteigt, wird das Fahren im Fiesta schnell mal zum Selbstzweck. Erst recht auf einer kurvigen Landstraße. Dort wirkt der kleine Kölner handlich, giftig und gierig und schneidet so flott durch die Kurven, dass man sich schon jetzt auf den neuen ST freut. Kaum wechselt man auf die Autobahn, fühlt sich der Fiesta erwachsen an und wirkt größer, als er ist.

Während sich der Fiesta außen nur sehr dezent weiterentwickelt und Ford selbst von einer Evolution spricht, haben die Kölner innen eine Revolution vom Zaun gebrochen und das Cockpit komplett umgestaltet. Dominiert wird es von einem riesigen Touchscreen, der frei über der Mittelkonsole thront und zur Bühne für das weiterentwickelte Infotainmentsystem Sync3 wird. Zu den Ausstattungsoptionen zählt nun erstmals auch ein Panoramadach, das man wie in den großen Baureihen öffnen kann. Um so überraschender ist es, dass es in der zweiten Blickebene dann doch noch reichlich hartes Plastik gibt und Details wie die Türtafeln oder das Handschuhfach vergleichsweise schlicht gestaltet sind.

Die wenigsten Überraschungen gibt es dagegen unter der Haube. Dort setzt Ford vor allem auf seinen hoch gelobten Einliterbenziner, den die Kölner gleich in drei Varianten anbieten. Es gibt den Dreizylinder-Turbo mit 100, 125 und 140 PS und dank einer neuen Sechsgang-Schaltung im besten Fall mit einem Verbrauch von gerade einmal 4,3 Litern.

Für die Basismodelle hat Ford den Dreizylinder seines Laders beraubt, den Hubraum auf 1,1 Liter aufgebohrt und die Leistung auf 70 oder 85 PS programmiert. Alternativ gibt es einen Diesel mit 1,5 Litern Hubraum, der in der Basisversion nun 85 und in einer neuen Power-Variante 120 PS leistet und im besten Fall auf 3,2 Liter kommt. Zwar dürfte sich der Selbstzünder in der aktuellen Stimmungslage schwertun, erst recht in diesem Segment. Doch der ­Motor ist famos, arbeitet flüsterleise und macht mit seinen 270 Nm ordentlich Druck: Von 0 auf 100 schafft er es in 9,0 Sekunden und mit 195 km/h Spitze zählt er zu den schnellsten. Nur der 140 PS-Benziner hat mit 202 km/h bei Vollgas noch einen längeren Atem.

Obwohl Ford den Fiesta bereits mit dem Ka+ flankiert hat, ist den Kölnern eine Doppelspitze zu wenig: Um die Trefferquote in der Welt der Klein­wagen noch zu erhöhen, wird die Fiesta-Familie weiter aufgefächert: Neben den üblichen Modellvarianten bis hinauf zur ST-Line und natürlich der Wahl ­zwischen drei und fünf Türen gibt es den Kleinwagen deshalb kurz nach dem Start auch als besonders noblen Vignale sowie als aufgebockten Active in Trekking-Montur für Outdoor und Abenteuer. Er sieht besser aus und bietet mehr Platz, hat eine smarte Technik und ein schmuckes Ambiente, und der Preisanstieg ist moderat. So hat Ford alles dafür getan, um die Erfolgsgeschichte von mehr als 40 Jahren und über 17 Millionen Fiesta fortzuschreiben und sich auch gegen den Vorstoß aus Wolfsburg zu wappnen.

Denn selbst wenn der Polo noch ein bisschen mehr nach Premium aussieht, bei den Assistenzsystemen ebenfalls auf Draht ist und mit seinem digitalen Cockpit noch etwas fortschrittlicher aussieht, fahren die Konkurrenten auf Augenhöhe und anders als in den Klassen darüber müssen die Kölner den Vergleich nicht scheuen.