Der schnittige Amerikaner konkurriert mit etablierten Luxusmarken

Kommt er oder kommt er nicht? Und wenn ja, wann?

Seit Tesla vor drei Jahren in einem Flugzeughangar in Los Angeles das Model X präsentiert hat, schwebt der große Unbekannte wie ein Damoklesschwert über den etablierten Luxusherstellern. Denn schon mit ihrem Modell S haben die elektrischen Emporkömmlinge aus Amerika empfindlich am Ruhm und in einzelnen Märkten auch am Verkaufserfolg von Mercedes S-Klasse, BMW 7er oder Audi A8 gekratzt.

Doch wenn im Silicon Valley tatsächlich das erste SUV mit Strom statt Sprit aus einer Werkshalle fährt, könnte es auch für die wirtschaftlich ungleich wichtigeren Geländewagen X5, GLE und Q7 gefährlich werden. Deshalb war die Erleichterung groß und die Häme deutlich, als Tesla den Start des Model X immer wieder verschoben hatte. Zumal das den vor allem deutschen Konkurrenten die Chance gab, sich zumindest mit Plug-in-Modellen gegen den neuen Herausforderer zu wappnen.

Doch jetzt ist die Schonfrist vorbei, und bald wird es tatsächlich zum Showdown kommen. Denn so ganz langsam steigt die Spannung, und Tesla beginnt hinter den Kulissen mit der Markteinführung des schnittigen Siebensitzers mit den ungewöhnlichen Flügeltüren über der Rückbank: Seit Tagen kursieren im Internet die ersten Fotos und Fakten des Serienmodells, das in den USA Ende des Monats und bei uns wohl Anfang nächsten Jahres ausgeliefert wird. Und all jene, die sich für 5000 Dollar Anzahlung auf der Bestellliste eingetragen haben, können jetzt schon durch den Konfigurator stöbern.

Dort steht zum Start für alles an­dere als bescheidene 132.000 Dollar die „Signature“-Edition des eigenwilligen Crossovers, der im Sandwichboden eine Batterie von 90 kWh nachgesagt wird. Sie speist zwei E-Motoren mit imposanten 259 PS an der Vorder- und 503 PS an der Hinterachse, mit den die Amerikaner jede noch so starke AMG- oder M-Version verblasen wollen. Denn den Sprint von null auf 100 km/h schafft das Strom-SUV in weniger als vier Sekunden, und die 250 km/h sind allenfalls eine willkürliche Begrenzung. Dabei soll die Reichweite bei rund 400 Kilometern liegen.

Firmenchef Elon Musk lässt sich davon seinen Optimismus aber nicht nehmen. Zumal er bei all alledem so visionär und weit entfernt wirkt, als habe er mit Tesla schon längst wieder abgeschlossen. Zwar lässt er unter seinem persönlichen Account noch immer tapfer twittern, jubelt beim Modell S über das beste Testergebnis, das je vom amerikanischen Consumer Report vergeben oder ätzt öffentlich gegen hintertriebene Kritiker. Und mit großem Elan treibt er sein Projekt von der Gigafactory als größter Batteriefabrik der Welt voran. Doch die meiste Zeit widmet er sich mittlerweile offenbar einem Ziel, das buchstäblich noch etwas weiter entfernt ist als die elektrische Evolution des Autos: Dem Mars. Denn den möchte er gerne noch zu Lebzeiten mit einer bemannten Rakete erreichen. Thomas Geiger