Integriertes eCall-System und modernstes Infotainment. Zudem bietet das Gepäckabteil des neuen Astra mehr Platz.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 24 Millionen Autos in zehn Generationen und acht Jahrzehnten machen den Astra zum wichtigsten Auto in der Kompaktklasse. Sagen sie bei Opel. Aber man kann aus den Zahlen auch etwas anderes lesen. Denn 46.193 Zulassungen in Deutschland im letzten Jahr reichen bei aller Bedeutung eben doch nur für Platz 15, lachen sie bei VW und prahlen einmal mehr mit den 255.044 Neuanmeldungen, die dem Golf – mal wieder – Platz eins beschert haben. Selbst wenn die Zahlen auf europäischem Niveau noch einmal eine ganz andere Sprache sprechen und der Astra es dort zumindest auf Rang vier in seiner Klasse geschafft hat, muss auch in Rüsselsheim jeder einräumen, dass der Golf seinem alten Rivalen mittlerweile meilenweit davon gefahren ist. Doch damit wollen sich die Hessen nicht länger abfinden. Wenn sie auf der IAA im September die elfte Generation des Astra enthüllen, geben sie sich deshalb betont kämpferisch und wollen endlich wieder einen Platz auf dem Treppchen erobern.

Dafür haben sie anders als zuletzt beim Generationswechsel des Corsa diesmal kaum ein Blech unberührt gelassen – und sind dem Astra ordentlich an die Unterwäsche gegangen. Denn die noch stark getarnten Prototypen stehen alle auf einer neuen Plattform, die ähnliche Vorteile bieten soll wie der „Modulare Querbaukasten“ der Konkurrenz aus Wolfsburg: mehr Platz, weniger Pfunde.

So wird der neue Astra zwar ein paar Zentimeter kürzer und schrumpft als Fünftürer auf 4,37 Meter. Doch weil die Achsen weiter auseinander rücken und die Hessen ergonomischere Sitze eingebaut haben, wächst er innen: Nicht nur vorne, sondern auch hinten kann man dann als Erwachsener endlich bequem sitzen. Und das Gepäckabteil bietet ebenfalls mehr Platz.

Das handlichere Format und dünnere, aber stabilere Bleche, dazu die konsequent zurückgedrehte Gewichtsschraube bei Rädern, Bremsen, Achsen und Motoren sowie eine strenge Diät für alle Bauteile lassen den Astra ordentlich abspecken: „Wir sparen mindestens 120 und im besten Fall sogar mehr als 200 Kilo beim Generationswechsel“, sagt Bernd Justen aus dem Projektteam und verspricht damit ein ebenso sparsames wie sportliches Fahrverhalten. Denn von dem geringeren Gewicht profitiert der Astra nicht nur an der Tankstelle, sondern auch in jeder Kurve.

Auf der einen Seite muss sich der Astra künftig vor den Sparvarianten der Konkurrenz nicht mehr verstecken, sagen die Entwickler. Normwerte um 3,2 Liter für den besten Diesel und 4,6 Liter für den Benziner sind deshalb gesetzt. Aber auf der anderen Seite soll man mit dem Astra wieder fahren und nicht nur einfach ankommen wollen. Nicht umsonst haben sie so viel Energie in den Leichtbau und das überarbeitete Fahrwerk gesteckt. Das zahlt sich aus: Das Auto ist agiler, lässt sich leichter auf Kurs halten und macht einfach mehr Spaß – selbst wenn man mit dem neuen Dreizylinder-Benziner unterwegs ist, der mit seinen 105 PS im unteren Drittel der bis zu 200 PS starken Motorenpalette angesiedelt ist. Dem Turbo sei Dank, reichen dem Leichtgewicht magere 1,0 Liter Hubraum, und mit 170 Nm macht er einen munteren Eindruck: Aufgeweckt, aber keinesfalls aufdringlich, bringt er den Prototypen flotter in Fahrt, als es den Entwicklern lieb sein dürfte. Denn so wirft er gleich drei Fragen auf, die Opel erst einmal nicht beantworten kann. Warum es für die kleinen Motoren nur fünf Gänge gibt? Warum die Hessen noch immer keine Doppelkupplung im Programm haben? Und warum sie die verstellbaren Dämpfer der Vorgängers nicht übernehmen, sondern die Kunden schon beim Kauf zur Entscheidung zischen komfortabel oder kompromisslos zwingen. Und wo wir gerade dabei sind: Auch die Option auf Allradantrieb hätte dem Kompakten sicher nicht geschadet – zumindest in den stärkeren Varianten.

Aber Opel will nicht ja nur mit neuer Hardware punkten. Auch bei der Software machen die Hessen einen großen Schritt nach vorne und lassen den Bestseller aus Wolfsburg buchstäblich alt aussehen. Im Kleinen gilt das für Extras wie das neue LED-Matrixlicht. das allerdings erstens mit dem unaussprechlichen Namen Intellilux und zweitens mit einem satten Aufpreis zu kämpfen hat. Im Großen meint Opel damit die Online-Offensive OnStar. Denn der Astra wird das erste Auto aus Rüsselsheim, das mit dem neuen Telematik-Dienst startet. Damit nehmen die Hessen nicht nur den eCall vorweg, über den automatischen Pannen- und Notruf hinaus bietet das Technologiepaket auch den direkten Draht in ein Callcenter, wo den Kunden rund um die Uhr individuell geholfen wird. Der nächste Italiener entlang der Route, ein Zimmer im Hotel am Zielort, eine Flugbuchung oder zur Not noch schnell ein Geburtstagsgeschenk? Einmal den Onstar-Knopf am Spiegel drücken, schon hilft einem eine freundliche Stimem bei der Suche – und Sekunden später hat man das Ziel schon im Navigationssystem. Ach ja:Und ein WLAN-Router mit LTE-Geschwindigkeit ist bei OnStar auch noch an Bord. Dagegen wirkt das Infotainment im Golf tatsächlich wie Steinzeit.