Der Patentmotorwagen von Carl Benz feierte 125. Geburtstag. Die Geschichte des Automobils reicht aber weiter zurück als ins Jahr 1886.

So ein Jubiläum ist eine runde Sache: 125 Jahre Automobil. Wie hat man da gefeiert im Hause Mercedes! Aber was war da eigentlich los, 1886? Carl Benz meldete damals das Patent für seinen Motorwagen an - dreirädrig, weil er die Lenkung nicht hinkriegte. Das erste Auto? Keineswegs, denn es gab schon zahlreiche Vorläufer, die den Titel Kraftfahrzeug verdienten. Auch wenn sie keinen Verbrennungsmotor hatten, sondern nach dem Prinzip der Dampfmaschine funktionierten.

Schneller als Benz waren sogar die Elektriker. Aber sie rollten nie sehr lang, bis sie zum Aufladen der geleerten Akkus an die Steckdose mussten, was bis heute kaum besser geworden ist. Dass sie bereits 1899 die 100-km/h-Marke knacken konnten, blieb daher eine Fußnote.

Die Vision einer mechanisierten Epoche zur Überwindung der tierisch gestützten Mobilität besaß schon der englische Philosoph Roger Bacon. Er schrieb um 1255: "Und so berichte ich von den künftigen Werken der Technik..., an denen nichts Magisches sein wird... Wagen können hergestellt werden, die ohne Zugtier mit unglaublichem Schwung dahinrollen werden..."

Die Kirche reagierte routiniert: Sie warf ihn in den Kerker.

Selbst die Chinesen, beim Erfinden sonst immer ganz vorn, blieben beim Automobil seltsam einfallslos. Dabei hatte der belgische Jesuitenmissionar Ferdinand Verbiest, der am Hofe des chinesischen Kaisers Kangxi für den Kalender zuständig war, dem Regenten 1670 das Modell eines dreirädrigen Dampfwagens geschenkt. Es blieb beim Modell, obwohl es wahrscheinlich funktioniert hätte, wenn auch nur müde.

Schon kleine Straßenrinnen konnten erste Erfindungen zunichte machen

James Watt kombinierte 1768 schließlich die bis dahin noch kraftlose Dampfmaschine mit einem Kondensator. Aber schon ein Jahr später setzte der französische Militäringenieur Nicolas-Joseph Cugnot eine Dampfmaschine auf einen Wagen, womit wir beim ersten echten Automobil der Menschheit wären, dem dreirädrigen Fardier à Vapeur. Bei der zweiten Vorführung soll die Maschine allerdings schon gegen eine Wand gefahren sein.

Von all dem nichts wissend, montierte 1784 der schottische Konstrukteur William Murdoch eine der damals üblichen stationären Dampfmaschinen auf eine Plattform mit Fahrgestell. Das Ding blieb allerdings nur ein kleines, aber funktionierendes Modell. Berühmter wurde Murdoch erst durch die Erfindung des Planetengetriebes.

In seine Nachbarschaft in Cornwall zog 1797 der Mineningenieur Richard Trevithickein, der das Dampfmodell zu sehen bekam, eine eigene Hochdruckdampfmaschine entwickelte, auf ein Fahrgestell setzte, das Gefährt "Puffing Devil" nannte und am Heiligen Abend 1801 munter die Fore Street in Camborne hinauffuhr, ohne Pferde oder Ochsen anzuspannen - eine Sensation! Drei Tage später ging seine Konstruktion allerdings zu Bruch, als das neumodische Vehikel über eine Rinne in der Straße stolperte und die lodernde Glut den Kessel zerstörte.

Kurz darauf ging der Schweizer Politiker Isaac de Rivaz nach 1807 ans Werk und erdachte den ersten Zweitakter, mit innerer Verbrennung und ohne Dampf. Gefüttert wurde er von Luft, Steinkohlegas und Wasserstoff, das mit elektrischen Funken (jeweils manuell ausgelöst!) gezündet wurde. Er bekam ein Patent und montierte das Gerät auf einen Handwagen. Mit dem schaffte er ganze 26 Meter.

Die Story mit dem "Puffing Devil" ist noch nicht zu Ende, denn bei den Fahrten von Trevithick war Goldsworthy Gurney dabei. 1825 bekam er das Patent auf einen "Apparat zum Antrieb von Kutschen". Sie besaßen statt der Deichsel eine Extra-Achse mit Lenkstange.

Weil die Menschen Angst vor dem heißen Druckkessel in ihrer Nähe hatten, trennte Gurney Passagiere und Antrieb später, indem er an eine Dampfzugmaschine einen Anhänger hängte, genannt Steam Drag. Bankrott ging er am Ende trotzdem.

In der Parallelwelt der Gasmotoren-Freunde baute Samuel Brown 1826, also 60 Jahre vor Benz, einen Motor mit Leuchtgasantrieb, hängte ihn in eine Kutsche und fuhr damit den Shooter's Hill in London hinauf. Dies war die erste längere Fahrt mit einem Wagen mit Motor, wie wir ihn kennen. Er hatte 8,8 Liter Hubraum und leistete vier PS.

Etwa zur gleichen Zeit hatte sich Walter Hancock auf Busse spezialisiert. Der erste war der zehnsitzige "Infant", der 1831 den Liniendienst aufnahm. 1832 folgte der "Era", dann der 14-plätzige "Enterprise" (bereits mit Einzelradaufhängung), schließlich der 22-sitzige "Automaton". Mit den vier Modellen, die noch sehr kutschig aussahen, wurden insgesamt 12 000 Fahrgäste mit 33 km/h befördert. Es fuhren damals etwa 20 Dampfbusse in London.

Im Jahr 1881 wurden Busse – 62 km/h schnell – rund um Paris eingesetzt

Aber auch die Franzosen bastelten, und ab 1860 gab es zahlreiche Dampfbuslinien im ganzen Land, trotz der auch hier aufkommenden Proteste. 1873 taucht der französische Glockenfabrikant Amédée Bollée in der automobilen Geschichte auf. Sein Dampfomnibus "L'Obéissante" ("die Gehorsame") besaß bereits eine geometrische Lenkung. Die Wagen wurden im Linienverkehr in Paris eingesetzt. Weitere Busse folgten, darunter 1881 "La Rapide" ("die Schnelle"), die sagenhafte 62 Sachen lief. 1878 zeigte Bollée die "Mancelle", das erste Serienautomobil der Welt, es wurden 50 Stück hergestellt. Ofen und Dampfkessel befanden sich samt Heizer (Chauffeur) hinten, der Motor und der Wasservorrat vorn, die Passagiere saßen in der Mitte und der Fahrer wie einst der Kutscher vorn auf dem Bock. Bollée fuhr damit von Paris nach Wien: Schnitt 35 km/h.

1881 wurde der Wettlauf durch die Elektriker noch spannungsreicher. Pionier war Gustave Trouvé, der ein Dreirad mit sechs Bleiakkus entwarf. Ein Jahr später installierte Werner von Siemens eine 540 Meter lange Strecke für sein Elektromote, den ersten Oberleitungsbus der Welt in Berlin-Halensee.

Dann waren die Benziner wieder dran, denn Édouard Delamare-Deboutteville verband 1884 seinen gut funktionierenden 8-PS-Zweizylinder-Viertakter (Kettenantrieb zur Hinterachse) mit einem Kutschenfahrgestell, aber der Erfinder verlor das Interesse.

Im Gegensatz zu Benz, der zwei Jahre später seinen Motorwagen patentieren ließ und 1894 in die Serienproduktion des "Velo" mit Lenkung einstieg. Der Mannheimer wurde fortan als Erfinder des Autos weltberühmt.

125 Jahre Auto - Die Geschichte des Automobils