Jaguar und Land Rover entwickeln sich unter ihrem indischen Eigentümer blendend. Neue Modelle sollen für anhaltenden Schwung sorgen

Als Jaguar Land Rover 2008 vom indischen Tata-Konzern übernommen wurde, haben das viele Experten belächelt. Heute sind die Briten der Autohersteller der Stunde – ihr Fahrzeug-Absatz hat sich binnen sechs Jahren mehr als verdoppelt. Mit neuen Modellen wie der Mittelklasselimousine Jaguar XE soll es nun weiter nach oben gehen. Doch die schwierigste Prüfung steht noch bevor.

Rund 425.000 Autos haben beide Marken 2013 gemeinsam weltweit verkauft – ein Plus von 19 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Und das beste Ergebnis in der Unternehmensgeschichte“, freut sich Peter Modelhart, Geschäftsführer von Jaguar Land Rover Deutschland. Auch in seinem Arbeitsgebiet lief es mehr als gut. Von knapp 10.000 Autos im Jahr 2010 wuchs man auf fast 20.000 im Vorjahr. Vor allem bei der kleineren der beiden Marken – Jaguar – explodierte die Nachfrage; 4160 Neuzulassungen im Jahr 2013 bedeuteten im Vergleich mit 2012 ein Plus von 30 Prozent.

Damit es so weiter geht, haben die Briten investiert. Allein 3,5 Milliarden Pfund wurden für neue Produkte freigeschaufelt. Bis 2020 sollen so 50 neue Modelle, Varianten und Motoren auf den Markt kommen. Den Start machen noch dieses Jahr die Diesel-Hybridversionen der Luxus-SUV Range Rover und Range Rover Sport, die mit gut sechs Litern Kraftstoff auf 100 Kilometern auskommen sollen. Im kommenden Jahr folgt bei der Geländewagenmarke dann der Land Rover Discovery Sport. Der Nachfolger des Mittelklasse-SUV Freelander ist der Vorbote einer ganzen Modellfamilie, zu der auch eine Neuauflage des größeren Discovery zählen wird und die sich zwischen dem luxuriösen Range Rover und dem kernigen Defender positioniert. Große Hoffnungen setzt man aber vor allem in das Mittelklassemodell Jaguar XE, das ab Juni 2015 gegen die deutsche Premium-Phalanx aus Audi A4, BMW 3er und Mercedes C-Klasse antreten soll. Der Viertürer basiert auf einer neuen Alu-Plattform und soll dank niedrigem Gewicht und neuer Motoren in der genügsamsten Variante mit knapp vier Litern Diesel auskommen. Auf gleicher technischer Basis dürfte ab 2016 wohl auch das erste SUV der Marke vorgestellt werden. Einen Ausblick gab es bereits in Form der Studie CX-17.

Frisch aufgelegte Modelle und neue Baureihen allein reichen jedoch nicht aus. Auch technisch muss Jaguar Land Rover einiges tun – zuallererst beim CO2-Ausstoß. Die Briten liegen mit ihren großen Autos in dieser Hinsicht nämlich an der Branchenspitze. Aktuell stößt die Flotte im Mittel 181 Gramm aus, bis 2020 sollen es nach EU-Willen maximal noch 135 Gramm sein – ein weiter und sehr kostspieliger Weg. Sollte er nicht gelingen, drohen empfindliche Strafzahlungen.

Generell setzen die Briten beim Spritsparen vor allem auf Leichtbau – haben sie dort doch schon seit geraumer Zeit Kompetenzen gesammelt. Ein weiterer Baustein sollen die neuen Motoren sein. Doch auch künftig wird es Achtzylindermotoren geben. Verbrauchssenkungen sollen in den großen Modellreihen unter anderem durch Hybridisierung erzielt werden.

Für Jaguar Land Rover bedeutet die technische Erneuerung eine besondere Herausforderung. Denn anders als die meisten Konkurrenten sind die Briten Einzelkämpfer. So muss man die Kosten für die nötige Verbrauchssenkung bislang alleine stemmen. Und auch bei Infotainment- und Assistenzsystemen musste man kräftig investieren.

In beiden Bereichen sind Jaguar und Land Rover im Vergleich zur deutschen Konkurrenz aktuell schwach aufgestellt. Ändern soll sich das künftig durch Technik-Feinkost wie ein zur virtuellen Windschutzscheibe ausgebautes Head-up-Display oder ein lasergestütztes Terrain-Erkennungssystem für Offroad-Fahrten.

Dass die Erneuerung trotz wirtschaftlicher Hürden gelingen kann, glaubt man bei Jaguar fest. „Wir wachsen mit strategischer Ernsthaftigkeit“, so Modelhart. Die Händlerschaft zumindest glaubt ihm das offenbar, nicht erst seitdem der hinreißende Jaguar F-Type und der schicke Range Rover Evoque endlich wieder für Begehrlichkeit in den Showrooms sorgen. In den vergangenen Jahren haben die Händler gute Geschäfte mit Renditen weit über Branchendurchschnitt gemacht. Weltweit soll die Zahl der Betriebe von zuletzt knapp 2500 auf 3100 Autohäuser im Jahr 2017 wachsen. In Deutschland sollen im kommenden Jahr 208 Händler die Fahrzeuge beider Marken vertreiben. 2010 waren es 133. Alle neuen und sukzessive auch die alten Betriebe bekommen dabei einen neuen Auftritt verordnet: Edles, aber wohnliches Ambiente soll den staubigen Geländewagen-Mief bei Land Rover und den Rest barocker Landadel-Arroganz bei Jaguar endgültig vertreiben. Eine Investition, die man als Autoverkäufer nur macht, wenn sie sich lohnen könnte.