Stellflächen in Großstädten wie Hamburg sind rar. Parken ist deshalb oft teurer als das Fahren – und zerrt an den Nerven. Abhilfe schaffen neue Parksharing-Dienste und intelligente Parkassistenten

Hat mal jemand einen Groschen? Als 1954 in Duisburg die erste Parkuhr Deutschlands aufgestellt wurde, war Stillstand noch ein vergleichsweise billiges Vergnügen und die Suche nach dem Kleingeld wahrscheinlich das größte Problem.

Für zehn Pfennig konnte man seinen Wagen dort noch eine volle Stunde abstellen. Bei Parkgebühren von fünf Euro aufwärts in guter Lage zahlt man heute ein Vielfaches – wenn sich überhaupt eine freie Lücke auftut. Dabei hat sich rund ums Parken eine aufstrebende Branche entwickelt. Das Rangieren soll dem Fahrer leichter gemacht werden und bald ganz vom Auto übernommen werden. Mit Parkrobotern wie am Flughafen Düsseldorf, schlauen Sensoren und intelligenten Simulationen wird das Parkraummanagement immer besser und die Ausnutzung der Flächen immer effizienter: Der Stellplatz wird smart, das Geschäft mit dem Stillstand boomt. So gibt es in München nach ADAC-Berechnungen heute 38 Prozent mehr Pkw als in den 80er-Jahren. Die Parksituation wird immer prekärer.

Im Durchschnitt braucht man zehn Minuten für die Stellplatzsuche

In Japan hat die Platznot sogar zu einer eigenen Fahrzeugklasse geführt: In Städten wie Tokio darf man nur dann ein Auto kaufen, wenn man auch einen Stellplatz nachweisen kann. Es sei denn, man beschränkt sich auf ein sogenanntes Kei-Car, das kürzer ist als 3,40 Meter und einen Motor mit weniger als 0,66 Liter Hubraum hat. Auch in Deutschland ist die Parkplatzsuche mittlerweile zur Geißel des Großstädters geworden. In Zeiten, in denen man etwa mit dem neuen e-Golf von VW für umgerechnet 3,30 Euro 100 Kilometer weit stromern kann, ist das Parken nicht nur teurer als das Fahren. Es zerrt vor allem stärker an den Nerven.

Früher mussten Autofahrer erst schwitzen, wenn sie einen Parkplatz gefunden hatten. Schwergängige Lenkungen, unübersichtliche Karosserien und kleine Spiegel haben das Rangieren erschwert. Nicht umsonst war Einparken in der Fahrschule das schlimmste Übel. Heute helfen Servolenkungen, Radarsensoren, Rückfahrkameras und mittlerweile intelligente Einparkassistenten. Stress verursacht heute die Suche: Im Durchschnitt dauert es in Deutschland nach einer Studie des Parkhausbetreibers Apcoa jedes Mal zehn Minuten, bis man einen Stellplatz gefunden hat. In dieser Zeit legt man 4,5 Kilometer zurück, bläst 1,3 Kilo CO2 in die Luft. Für die Parkplatzbesitzer ist das ein riesiges Geschäft. Parkhausbetreiber Apcoa mit seinen 1,3 Millionen Plätzen an 7500 Standorten in zwölf Ländern kommt auf einen Jahresumsatz von mehr als 700 Millionen Euro.

Geld lässt sich auch mit der Vermittlung von freien Flächen machen. Die Firma Parku macht aus den Nöten von Autofahrern und Immobilienbesitzern eine gemeinsame Tugend. Über eine App fürs Smartphone vermittelt sie verfügbare Parkplätze: „Die einen sparen sich die Suche, und die anderen machen mit ihrer Fläche mehr Geld“, sagt Parku-Chef Urs Fischer. Wer seine freien Plätze bei Parku anmeldet und der Firma von der Miete eine Vermittlungsprovision in Höhe von 33 bis 45 Prozent abtritt, kann sie über die App flexibel vermarkten. Und wer den Service als Autofahrer nutzen möchte, lädt sich das Programm aufs Handy und legt ein Profil an. Danach kreuzt man nicht mehr suchend umher, sondern scrollt auf dem Touchscreen über einen Stadtplan und bucht seinen Stellplatz mit einem Fingertipp. Die Abrechnung erfolgt stundenweise und bargeldlos.

Parku ist nicht der einzige Anbieter. Doch als einer der ersten hat die Firma mit Sitz in Berlin eine Technologie entwickelt, die auch Parkplätze hinter Schranken, Rollgittern und Garagentoren vermitteln kann. „Sesam“ nennt sich dieses System, das in den Schließanlagen von Parkhäusern oder Garagen installiert wird und sich über das Mobilfunknetz steuern lässt: „Man reserviert einen Parkplatz, bekommt die Bestätigung aufs Handy und scannt vor der Einfahrt den Barcode am Schlagbaum. Dann sendet unser Server ein Signal, und die Zufahrt ist frei“, so Fischer.

Parku ist nur eines von vielen Beispielen, wie clever der Parkraum mittlerweile vermarktet wird. Ein anderes zeigt das US-Unternehmen Park Assist: Der Technologiedienstleister stattet Parkhäuser und Tiefgaragen auch in Europa mit Kamerasystemen aus, die jeden einzelnen Parkplatz und jedes einfahrende Fahrzeug im Blick haben. In erster Linie geht es den Betreibern dabei um den Komfort, sagt Marketing-Chef Jonathan Chin: „Wir können die Kunden präziser zu freien Plätzen auf jeder Etage lotsen und sie dank der Nummernschilderkennung am Ende des Einkaufsbummels sogar wieder zu ihrem Wagen zurückführen“, sagt der Manager und deutet auf einen großen Touchscreen neben dem Fahrstuhl. Dort muss man nur sein Kennzeichen eingeben, dann zeigt einem die Elektronik, wo man sein Auto geparkt hat und wie man am schnellsten zu Fuß dorthin kommt. Doch natürlich öffnet das System auch Tür und Tor zur Gewinnmaximierung, räumt Chin ein: „Wenn wir für jedes Auto genau wissen, auf welchem Stellplatz es steht, dann können wir die Tarife individuell anpassen.“ Je näher am Ausgang, desto teurer könnte es zum Beispiel werden.

Der Parkhausbetreiber Apcoa hat spezielle Plätze für Smart-Fahrer

Das Konzept „Smart add-on parking“ funktioniert schon heute: Weil man für einen Smart leichter eine Lücke findet, haben Daimler und Apcoa einen Deal gemacht und bieten dem Bonsai-Benz in ausgewählten Häusern besondere Park-Privilegien: Es gibt reservierte Plätze, man darf auch dann noch einfahren, wenn alle anderen wegen Überfüllung schon draußen bleiben müssen. Wo andere Tickets ziehen und am Automaten anstehen müssen, wird für Smarts online abgerechnet, und 15 Prozent Preisnachlass gibt es auch noch. „Unsere Autos brauchen schließlich auch ein bisschen weniger Platz in den Parkhäusern“, argumentiert Smart-Chefin Annette Winkler. Das Geschäft mit dem Stillstand treiben zwar vor allem findige Vermittler und die Besitzer der Stellflächen voran. Doch auch die Autohersteller haben das smarte Parken als Verkaufsargument entdeckt und werben mit dem Komfort- und Kostengewinn. In den Telematikdiensten von Mercedes und BMW sind zum Beispiel immer mehr Parkhäuser und Tiefgaragen integriert, die online über ihre Belegungsquote informieren, damit niemand vor der roten Lampe stehen und stundenlang das „Besetzt“-Schild studieren muss. Und Audi erprobt gerade mit einigen amerikanischen Forschungsinstituten und den Stadtverwaltungen von San Francisco und Los Angeles einen besonders intelligenten Parkassistenten für den Straßenrand. Dank zahlreicher Sensoren in der Straße, einer gut gefütterten Datenbank und eines schlauen Algorithmus wissen die Bayern, welche Stellplätze in den einzelnen Blocks gerade frei sind, und können ziemlich genau vorhersagen, wann und wo demnächst ein besetzter Platz frei wird. Von einer Einführung ist die Technik aber noch weit entfernt.

Bis es so weit ist, müssen die Autofahrer ihren Parkplatz weiter selbst ansteuern. Indes hat sich ein Problem seit 1954 von selbst gelöst: Bei den jetzigen Parkgebühren muss man zumindest nicht mehr nach Kleingeld suchen.