Beim Concours d’Elegance in Pebble Beach trafen sich Autofans und Millionäre, um den wohl teuersten Parkplatz der Welt zu bestaunen

Abends um sieben ist die Welt noch in Ordnung. Am Horizont fällt glutrot die Sonne in den Pazifik, in der Bucht rollen sanfte Wellen gegen den Strand, und das Green von Loch 18 in Pebble Beach gehört noch den Golfern.

Doch nur ein paar Stunden später sieht die Sache schon ganz anders aus: Lange vor dem Morgengrauen schiebt sich eine Karawane von Klassikern durch dichten Nebel auf den fein gestutzten Rasen und verwandelt den berühmtesten Golfkurs in den wahrscheinlich teuersten Parkplatz der Welt: Denn jedes Jahr am dritten Wochenende im August steigt hier der Concours d’Elegance, und die 200schönsten, seltensten und spektakulärsten Oldtimer geben sich ein Stelldichein. In zwei Dutzend Kategorien von den Dampfwagen der Jahrhundertwende bis zu den Sporttourenwagen der Nachkriegszeit, vom zierlichen BMW 328 Cabrio bis zum riesigen Düsenberg stehen die Autos in Reih und Glied und warten auf die Juroren. Jeweils zu dritt gehen diese wie Inquisitoren durch die Reihen. Das Klemmbrett vor der Brust und die Brille auf der Nase, prüfen sie bei jedem Auto etwa 20 einzelne Kriterien von Kleinigkeiten wie einem funktionierenden Blinker bis hin zur Qualität der Restaurierung und der Nähe zum Original.

Mit einem Nachkriegsauto erster Gesamtsieg für Ferrari nach 40 Jahren

Ganz hinten in der Bucht parken unvorstellbare 20 Ferrari 250 Testa Rossa, weiter vorne stehen zwei Dutzend Rolls-Royce, es gibt eine Kategorie zum 100. Geburtstag von Maserati, und sogar für Tatra haben die Veranstalter in diesem Jahr eine eigene Klasse. Neben jedem Auto steht natürlich ein nervöser Besitzer, der insgeheim darauf hofft, dass am Ende sein Wagen auf der Bühne steht und zum Gesamtsieger gekürt wird. Für die allermeisten bleibt diese Hoffnung unerfüllt, doch Jon Shirley hat heute gut lachen – selbst wenn der ehemalige Microsoft-Vorstand aus Washington seinen Ferrari 375 MM von 1954 jetzt schon wieder polieren muss. Denn das Konfetti, das in allen Ritzen der Karosserie steckt, regnet in Pebble Beach immer nur auf ein Auto: das mit dem Ehrentitel „Best of Show“. Dass der an das silberne Coupé geht, ist gleich in mehrfacher Hinsicht etwas Besonderes. Denn es ist nicht nur der erste Gesamtsieg für einen Ferrari. Es ist auch das erste Mal seit mehr als 40 Jahren, dass hier ein Nachkriegsauto gewinnt.

Der Concours ist zwar das wichtigste, aber längst nicht mehr das einzige Event der Monterey Classic Car Week. Daneben gibt es Dutzende anderer Schönheitswettbewerbe, Clubtreffen und Schaulaufen: In der Mainstreet von Pacific Grove flanieren die Muscle Cars, auf einem Golfplatz treffen sich alte Audi, BMW und Mercedes bei den „Legends Of The Autobahn“. Ferrari, Fiat und andere Italiener feiern beim „Concorso Italiano“, und die Schönsten der Schönen – das gilt für Maschinen wie für Menschen – treffen sich beim „Motorsport-Gathering“ auf der vornehmen Quail-Lodge.

Zwar kosten die auf 3000 Exemplare limitierten Tickets dort schon im freien Verkauf 450 Dollar und werden auf dem Schwarzmarkt für das Fünffache gehandelt. Doch dafür gibt es außer schnellen Autos und schillernden Persönlichkeiten auch Champagner bis zum Abwinken und Kaviar „all you can eat“. Das Kontrastprogramm dazu bietet der „Concours de Lemons“, wo mit aus lauter Spaß mit großem Ernst die übelsten Zitronen der Autogeschichte gekürt werden. Egal ob Ford Pinto, AMC Pacer, Yugo, Stutz IV Porte oder Pontiac Aztec – es gibt kaum eine automobile Geschmacksverirrung, die man bei diesem Concours nicht findet.

Und während die Autos drüben am 17-Miles-Drive in der Sonne funkeln wie Edelsteine, sieht man hier zwischen ein paar überraschend gepflegten Skurrilitäten allerorten Beulenpest, Rostfraß und ölige Inkontinenz. „Alte Liebe rostet doch“, sagt einer der Teilnehmer lachend und lässt keinen Zweifel daran, dass auch bei diesen Autos viel Zuneigung im Spiel ist. „Denn kein Auto ist so schräg, dass es nicht irgendwo einen Liebhaber dafür gibt.“

Zwar sollten bei den vielen Concours die Oldtimer im Mittelpunkt stehen. Doch wo so viele reiche Sammler zusammenkommen, dürfen auch ein paar attraktive Neuwagen nicht fehlen. Denn wer ein Herz für teure Klassiker hat, ist im Alltag nicht mit 08/15-Autos zufrieden. Deshalb sieht man an diesem Wochenende rund um die Events mehr Bentleys als BMW, mehr Lamborghini als Lexus und mehr McLaren als Mercedes. Selbst in einem Porsche Panamera oder einem Jaguar F-Type kommt man sich seltsam plebiszitär vor, wenn man auf einer Fahrt von zwei McLaren P1, einem Bugatti Veyron und einem Ferrari überholt wird. Auktionshäuser bringen in dieser Woche mehr als 15.000 noble Autos unter den Hammer.