Trotz Häme und anhaltender Defizite hat sich der Oberklasse-VW Phaeton schon zwölf Jahre tapfer gehalten

Als Volkswagen 2002 den Phaeton auf den Markt brachte, gab es Zustimmung und Häme. Zustimmung für den Mut, einen solchen Schritt zu wagen, für die Qualität des Fahrzeugs und dessen Technik. Häme für das bieder geratene Design und den Anspruch, dass ein Volkswagen es mit einer S-Klasse, einem 7er BMW oder einem A8 der Konzerntochter Audi aufnehmen will.

Heute – zwölf Jahre später – sind die Kritiker verstummt. Ruhiger geworden ist es um die VW-Oberklasse, aber sie hält sich weiterhin tapfer. So verkauften die Wolfsburger hierzulande von der Limousine im ersten Halbjahr noch 942 Einheiten. Der Audi A8 (1903) und der 7er (1082) stehen so viel besser nicht da. Nur die neue S-Klasse (4490) fährt bisher in einer eigene Klasse.

Nach einigen Jahren ohne direkten Kontakt zum Phaeton haben wir uns noch einmal ein Exemplar des Longrunners kommen lassen. Natürlich in der in Deutschland meistverkauften Version mit V6-Diesel, kurzem Radstand und als Fünfsitzer. Macht ohne Extras einen Einstiegspreis von 70.300 Euro. Der Business-Viersitzer ist deutlich teurer. Zum Vergleich: Die nur wenig stärker motorisierten Wettbewerber kosten zwischen knapp 4000 Euro (BMW) und deutlich über 10.000 Euro (Mercedes) mehr.

Der Phaeton ist also relativ günstig und keinesfalls schlecht ausgestattet. Er verfügt nicht nur serienmäßig über Luftfederung, sondern auch über Allradantrieb. Zudem haben gründliche Überarbeitungen – die letzte von 2010 gab ihm unter anderem das aktuelle VW-Gesicht – dazu beigetragen, dass der Phaeton von außen sogar besser aussieht als je zuvor.

Im Innenraum ist das anders. Zwar sind die Materialien hochwertig und gut verarbeitet, aber im Vergleich zu einer S-Klasse sieht man dem Grundlayout sein Alter an. Und wenn man von der Stuttgarter Edellimousine ins Cockpit des Wolfsburger wechselt, fallen weitere Unterschiede auf, beispielsweise bei der Qualität der Sitze. Zudem fanden wir in diesem großen Auto trotz unserer Durchschnittsgröße nur mit Mühe eine einigermaßen bequeme Sitzposition. Vor allem die Kopffreiheit ließ zu wünschen übrig. Dafür gibt es auf den Rücksitzen mehr als genug Platz, und der Kofferraum ist mit 500 Litern gut gerüstet.

Das ist man auch mit dem Antrieb. Aber der weit überwiegend verkaufte Diesel ist mit 245 PS keinesfalls üppig motorisiert, die Konkurrenz bietet unisono 13 Pferdestärken mehr auf. Vor allem gibt sich der Motor knurrig und laut. Wenn die Sechsgang-Automatik auf Kick-down-Befehl einen Gang zurückschaltet, quittiert das der Selbstzünder eher unwillig und dreht zäh nach oben. Wohlgemerkt: immer im Vergleich zur Konkurrenz und auf hohem Niveau. Aber letztlich stellt uns auch der Verbrauch nicht zufrieden. Trotz zurückhaltender Fahrweise brauchte der Volkswagen statt angegebener 8,5 stramme 11,1 Liter im Schnitt.

Ist der Phaeton denn überhaupt noch eine Empfehlung? Durchaus: Wenn man eine Oberklasse-Limousine benötigt, aber beim Budget aufpassen will, kann der VW eine Alternative sein. Er ist schon im Grundpreis deutlich günstiger und in der Realität beim VW-Händler vermutlich mit hohen Rabatten versehen. Den besten Tipp für einen Phaeton findet man in der Spalte „Gebrauchte“: Die Mischung aus guter Langzeitqualität und durchschnittlichem Image lassen die Preise für zwei- oder dreijährige Phaeton aus Leasingrücklauf kräftig purzeln. So wird am Ende aus dem Oberklasse-Fahrzeug doch noch ein echter Volks-Wagen.