Peugeot und Citroën planen Zwei-Liter-Fahrzeug und setzen dabei auf Druckspeicher

Ein Auto, das mit Luft fährt? Sie müssen verrückt sein.“ Das bekam Karim Mokaddem zu hören. An seinen Termin beim Vorstand von Peugeot und Citroën (PSA) kann sich der Ingenieur erinnern, als sei es gestern gewesen. Er holte sich eine Abfuhr, die sich gewaschen hatte. Doch letztlich kam er mit seiner Idee durch. Mittlerweile leitet Mokaddem eines der innovativsten Forschungsprogramme im Konzern, das Projekt Hybrid Air. Über Monate zerbrachen sich er und seine Kollegen den Kopf, wie man den Treibhausgas-Ausstoß von Autos mittels effizienterer Antriebstechnologie reduzieren könne, ein Anliegen, das bei den Autoherstellern spätestens seit den EU-Vorgaben zum CO2-Ausstoß oben auf der Agenda steht.

Ein klassischer Hybrid-Pkw mit Elektromotor und Lithium-Ionen-Akku kam nicht infrage. „Zu teuer, zu aufwendig“, sagt Mokaddem. Bei den Kleinwagen, die das Gros der Konzernproduktion bei PSA ausmachen, würde die Rechnung nie aufgehen. So dachte er über einen Schwungspeicher nach, wie ihn Porsche in einer Rennversion des 911 eingebaut hat, über Super-Cap-Kondensatoren aus der Formel 1, die elektrische Energie verlustfrei aufnehmen und sie impulsiv wieder freigeben können – und eben über Luft. Jeder, der einmal einen Luftballon aufgeblasen und ohne Knoten hat fliegen lassen, weiß, welche Kräfte da wirken. Mit solcher Energie musste doch etwas anzufangen sein. Doch mit Luft eine ganze Tonne Blech bewegen?

Als Mokaddem den großen Zulieferer Bosch als Partner vorweisen konnte, bekam er grünes Licht für seine Vision. Das ist jetzt vier Jahre her, in denen der Ingenieur und sein Bosch-Partner Christian Mecker auf Basis des Peugeot 2008 erste Prototypen mit Hybrid-Air-Technologie auf die Räder gestellt haben, die nun in Paris zu Testfahrten bereitstanden. Anders als bei konventionellen Hybridantrieben kommen nicht Akkus und Elektromotoren zum Einsatz, sondern ein Gastank im Mitteltunnel, der die Rolle des Luftballons übernimmt. Statt Luft nutzen die Entwickler Stickstoff. Sobald man den Fuß vom Gas nimmt und der Kleinwagen ausrollt, nutzt eine Pumpe die überschüssige Bewegungsenergie und befördert damit so viel Hydraulik-Öl in den Stickstofftank, dass der Druck dort von 200 auf 350 bar schnell ansteigt.

Wenn man danach wieder aufs Gas tritt, öffnet die Elektronik die Ventile, der Stickstoff dehnt sich aus, der geschlossene Kreislauf wirkt in die entgegengesetzte Richtung, und das Öl treibt einen Hydraulikmotor an. Je nach Fahrsituation bewegt das Aggregat mit seinen gut 40 PS den 2008 alleine oder es springt über ein Planetengetriebe dem 82 PS starken Dreizylinder-Benziner unter der Haube zur Seite. Im Prinzip fährt der Hybrid Air damit nicht anders als ein Toyota Prius – es kommen zwei Motoren zum Einsatz. Doch weil der Drucktank nicht mehr Energie speichern kann als Sprit in der Menge eines Schnapsglases, reicht die Kraft per Druckspeicher nur für ein paar Hundert Meter. Aber: Er ist in Sekundenschnelle wieder aufgeladen. „Es gibt kein anderes Hybrid-System, das schneller und häufiger arbeitet als unseres“, sagt Mokaddem.

Das rasante Rekuperieren zahlt sich vor allem im Stadtverkehr aus. Gegenüber einem modernen Benziner könne der Druckspeicherhybrid um bis zu 45 Prozent weniger CO2 ausstoßen, hat der französische Hersteller berechnet. Das Zwei-Liter-Auto sei keine Fiktion mehr. Schon der konventionelle 2008 komme mit Umbau auf 2,9 Liter, sagt Mokaddem. Mit der nächsten Generation Kleinwagen bei PSA, die auf Hybrid-Air-Technologie hin entwickelt werden, soll der Verbrauch auf rund zwei Liter sinken. Doch noch ist eine Frage zu klären. „Was uns fehlt, ist der Business Case“, räumt Bosch-Partner Mecker ein. Später, hohe Stückzahlen vorausgesetzt, soll der Druckspeicherhybrid nur halb so viel kosten wie ein konventioneller Teilzeitstromer. Um die Technik in den Markt zu drücken, bräuchte PSA viel Geld, das der klamme Staatskonzern im Augenblick nicht hat.