„Begleitetes Fahren“ ermöglicht Führerschein schon vor der Volljährigkeit. Das Unfallrisiko ist deutlich niedriger als bei anderen Anfängern

Viele Jugendliche träumen davon, endlich selber Auto zu fahren. Dieser Traum kann sogar noch vor der Volljährigkeit wahr werden, denn seit dem 1. Januar 2011 ist der Führerscheinerwerb bereits mit 17 Jahren unter dem Begriff Begleitetes Fahren (BF 17) bundeseinheitlich geregelt. 2004 als Modellversuch in Niedersachsen gestartet und zunächst scharf kritisiert, stimmte schließlich 2010 der Bundestag einem Dauerrecht zu.

Mittlerweile kann sich, wer einen Verwandten oder Freund hat, der sich als Begleiter eignet (s. Kasten), bereits mit 16,5 Jahren zum Führerschein anmelden und drei beziehungsweise einen Monat vor dem 17. Geburtstag die theoretische und praktische Prüfung ablegen. Wer diese rechtzeitig schafft, kann ab dem 17. Geburtstag selbst fahren – zunächst ein Jahr lang begleitet von der in der Prüfbescheinigung namentlich eingetragenen Person. Etwa die Hälfte aller Fahranfänger versucht, die Prüfung bis zum 17. Geburtstag zu schaffen.

Der Führerschein muss am Wohnort gemacht werden. „Die Fahrerlaubnisbehörde kann zwar eine Ausnahmegenehmigung erteilen, sie wird aber nicht erlauben, den Führerschein auf einer kaum befahrenen Insel zu machen, wenn man aus einer Millionenstadt kommt. Dazu müsste man umziehen“, sagt Jost Kärger, Jurist beim ADAC. Problematisch ist in Hamburg derzeit manchmal nur die vorgegebene Autobahnfahrt, denn die wird wegen der A-7-Deckelung oft zur Staufahrt.

Ein 17- bis 18-jähriger Fahrschüler muss mit 30 bis 35 Fahrstunden rechnen, das entspricht samt Prüfungsgebühren etwa 1500 bis 1700 Euro. Als Faustregel gilt: 100 Euro pro Lebensjahr. Im Schnitt liegt in Hamburg die Dauer bei 45 Fahrstunden. Die Erfahrung der Experten zeigt: Je älter der Schüler, desto langsamer lernt er und desto teurer wird der Führerschein.

Zunächst muss jedoch für Theorie und Praxis geübt werden. Denn bei der Theorieprüfung, die inzwischen ausschließlich per Touchscreen am Computer abgelegt wird, ist es eher Faulheit, wenn sie nicht bestanden wird. „Manch einer denkt, er müsse sich nicht vorbereiten“, sagt Stefan Mews von der Fahrschule TG in Altona. „Das geht sogar bis zu Betrugsversuchen, von denen wir mindestens einen wöchentlich aufdecken.“ Gerne wird dann mit dem Handy der Bildschirm abfotografiert und das Foto der Fahrsituation einem Bekannten geschickt. Doch ganz so leicht ist es eben doch nicht. Seit April dieses Jahres werden 50 verschiedene Filme mit Verkehrssituationen gezeigt, die man sich maximal fünfmal ansehen kann. Klickt man auf die Frage, muss man sie beantworten, ohne den Film noch einmal sehen zu können. Hier lag letztes Jahr die Durchfallquote in Hamburg mit 30,6 Prozent im deutschen Mittelfeld. Überdies sollten sich junge Menschen nicht von falschen Versprechen blenden lassen: Der Führerschein ist selten in ein oder zwei Wochen zu erwerben. „Eine Intensivausbildung setzt immer voraus, dass der Bewerber die angesetzte Zeit voll und ganz seiner Fahrausbildung widmen kann“, sagt Sabine Darjus, Vorsitzende des Fahrlehrerverbandes Hamburg e.V. „Denn das selbstständige Lernen für die Theorie und die volle Konzentration für die Praxis kann der Fahrlehrer nur anregen, handeln muss der Bewerber selbst.“ Anzusetzen seien sechs bis acht Wochen als Mindestzeit.

Auch Furkan Çunkal hatte den Traum, bereits mit 17 Jahren seinen Führerschein in den Händen zu halten. Nun ist dieser Traum allerdings bereits zum vierten Mal geplatzt. Nach 20 Minuten Fahrzeit hat ihn in der Prüfung ein unvorhergesehener Spurwechsel aus der Bahn geworfen. Seit fast einem Jahr nimmt er Unterricht, hat bereits 2600 Euro investiert – und ist ziemlich niedergeschlagen. „Ich überlege, ob ich jetzt mal eine Pause einlege, um den Kopf frei zu bekommen – und um mich ganz aufs Abi zu konzentrieren“, sagt der 18 Jahre alte Schüler.

Furkan Çunkal ist in guter Gesellschaft, denn über 40 Prozent aller Führerscheinprüflinge sind im vergangenen Jahr in Hamburg in der ersten praktischen Fahrprüfung durchgefallen (im Jahr 2012 waren es deutschlandweit 35,9 Prozent). „Kaum ein Fahrschüler kommt vorbereitet in die Fahrstunde“, sagt Sabine Darjus. „Zumeist ist es ein fließender Übergang von der Schule, vom Sport – direkt ins Auto.“

„Eigentlich fährt Furkan sehr gut“, sagt sein Fahrlehrer Jürgen Bloh von der Fahrschule TG. „Doch kaum sitzt ein Prüfer hinten im Wagen, wird er nervös.“ Massive Prüfungsangst ist unter den Fahrschülern ein Problem geworden. „Wir haben allein in dieser Woche drei Prüflinge, die sich aus Angst vor dem praktischen Teil der Fahrprüfung so verrückt machen, dass sie psychologische Behandlung benötigen“, sagt Stefan Mews. Dabei versuchen die Fahrlehrer ihren Schützlingen geduldig Wege zur Stressbewältigung zu zeigen – doch manchmal hilft nur noch der Psychologe.

Bereits in jungen Jahren den Führerschein zu machen hat einige Vorteile. „Viele sagen sich, ich muss in Hamburg doch gar nicht Auto fahren“, sagt Fahrlehrer Stefan Mews. „Und dann kommen sie erst mit 25 oder 30 Jahren zu uns, weil sie im Job unterwegs sein müssen. Das wird in dem Alter viel schwieriger, weil sie mittlerweile zu viel denken. Das Jugendlich-Unbefangene ist in dem Alter weg.“

Mews rät deshalb, so früh wie möglich in die Fahrschule zu kommen. Den Führerschein bereits mit 17 Jahren zu machen, hielt er anfangs eigentlich sogar für riskant, doch alle Lehrer der Fahrschule TG haben ihre Bedenken mittlerweile abgelegt. Und auch Sabine Darjus bestätigt: „Die bisherigen Erfahrungen mit dem begleiteten Fahren haben gezeigt, dass die Erfolgsquote bei dieser Gruppe höher ausfällt als bei den anderen Fahranfängern.“

Hat es dann mit der Prüfung geklappt, sollte der Fahranfänger vor allem eins tun: fahren – so raten die Experten. Sonst wird er schnell unsicher, und das frisch erworbene Praxiswissen gerät wieder in Vergessenheit.