Viele Menschen werden unverschuldet in einen Unfall verwickelt. Laien sind kaum in der Lage, Ansprüche zu beziffern

Schade eigentlich, dass Radfahrer und Skifahrer keine Nummernschilder tragen müssen. Viele Unfallopfer könnten sonst leichter herausfinden, wer sie über den Haufen gefahren hat. So aber müssen sie hoffen, dass der Übeltäter nicht verschwindet oder sich ein Zeuge findet, der den Unfall beobachtet hat. „Lässt sich der Verursacher feststellen, muss er den Schaden wiedergutmachen“, sagt Gerald Archangeli vom Bundesverband deutscher Versicherungskaufleute . „Je nach Schwere des Unfalls kann das vom Ersetzen beschädigter Kleidung bis zur Zahlung einer lebenslangen Rente reichen.“

In solchen Fällen springt eine private Haftpflichtversicherung ein. Diese kommt sowohl für Personen- als auch Sachschäden auf. Vorausgesetzt, die Schuldfrage ist geklärt – oft bleibt Geschädigten nur der Gang vor Gericht. Doch selbst wenn klar ist, wer Schuld hatte, stellt sich die Frage: Wie viel Geld steht dem Unfallopfer zu? „Ein Laie ist kaum in der Lage, seine Ansprüche korrekt zu beziffern“, sagt Archangeli. „Deshalb rate ich Betroffenen, in komplexeren Fällen einen Anwalt einzuschalten.“ Dieser kann auf Augenhöhe mit der gegnerischen Versicherung verhandeln, Ansprüchen den nötigen Nachdruck verleihen – und muss vom Unfallverursacher bezahlt werden. Grundsätzlich sei der Geschädigte so zu entschädigen, als sei der Unfall nicht passiert. „Das bedeutet allerdings, dass die zerrissene Hose nur mit dem Zeitwert erstattet wird“, sagt Archangeli.

Ganz andere Summen stehen verletzten oder dauerhaft invaliden Unfallopfern zu. Ist jemand krankgeschrieben, muss der Unfallverursacher den Verdienstausfall ersetzen. Hinzu kommen Ansprüche auf Schmerzensgeld. Was aber, wenn der Verursacher weder versichert ist noch Geld hat? „Dann läuft der Geschädigte Gefahr, auf seinen Kosten sitzenzubleiben“, sagt Gerald Archangeli. „Wer das verhindern will, sollte sich um eine Forderungsausfalldeckung kümmern.“ Dabei handelt es sich um einen Zusatzbaustein zur Privathaftpflicht, der pro Jahr circa 20 Euro kostet. Kann der Verursacher nicht zahlen, bekommt das Unfallopfer die Kosten von der Versicherung erstattet.

Einige Regeln beachten müssen geschädigte Autofahrer. „Sie sollten zunächst nicht auf Überrumpelungsversuche hereinfallen“, warnt Frank Häcker, Fachanwalt für Verkehrsrecht. „Mancher Unfallgegner versucht, sich mit ein paar Geldscheinen aus der Verantwortung zu stehlen.“ Doch unter einer kleinen Beule verbergen sich oft goße Schäden. „Mein Rat an Geschädigte: Lassen Sie sich auf nichts ein.“

Mit besonderer Vorsicht zu genießen sei „aktives Schadensmanagement“ der gegnerischen Versicherung. Unfallopfern werde angeboten, den Schaden komplett zu regulieren – vom Gutachten bis zur Reparatur inklusive Mietwagen. „Geschädigte haben aber ein Recht darauf, ihren Wagen vom neutralen Gutachter ansehen zu lassen.“ Dies gilt analog für Werkstätten: „Wer sein Auto in einem Partnerbetrieb der Versicherung reparieren lässt, muss damit rechnen, dass äußerst kostensparend gearbeitet wird“, sagt Häcker.

Kracht es auf dem Weg zur Arbeit, steht der Geschädigte unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. „Ansprechpartner ist dann die zuständige Berufsgenossenschaft“, sagt Stefan Boltz von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Sie übernimmt nach Wegeunfällen die Kosten für medizinische Behandlung und Reha und zahlt bei dauerhaft eingeschränkter Erwerbsunfähigkeit eine Rente. „Wer allerdings einen Umweg macht, verliert den Versicherungsschutz“, sagt Boltz.