Auf der New York Auto Show in Manhattan stehen SUV-Dickschiffe ebenso wie Sportwagen im Mittelpunkt. Den Messegästen wird einiges geboten

Nirgendwo in den USA sind die Straßen enger und voller als im Big Apple. Und trotzdem kaufen die New Yorker mehr Geländewagen als ihre Landsleute.

Kein Wunder also, dass die Dickschiffe auf der Motorshow in Manhattan im Vordergrund stehen. Und wer nicht hoch zu Ross über den Broadway oder die Fifth Avenue reitet, der sitzt gerne besonders tief und nimmt einen Sportwagen. Denn mehr als sonst irgendwo im ohnehin auf Äußerlichkeiten ausgerichteten Amerika zählt in New York der schöne Schein, und selbst die schlechteste Straße wird zum Boulevard der Eitelkeiten.

Gewöhnliche Pick-ups und die billigen Blechburgen aus Detroit sucht man bei den feinen Pinkeln zwischen Hudson und East River deshalb vergebens. Sondern so, wie die Fernsehserie „Sex and the City“ die Reichen und Schönen ins Rampenlicht zerrt, können die Darsteller bei „SUV in the City“ gar nicht schick und stylish genug sein. Und genau wie auf den Straßen von Manhattan geht es auch auf der Messe zu: Glanz und Gloria statt Brot und Butter, Protz und Prunk statt Mief und Pief.

Die zweite wichtige Premiere der Show kommt aus München: der X4

Das beste Beispiel dafür ist der neue Land Rover Discovery. Der steht im Jacob Javits Center zwar nur als Studie, die bis zum Serienstart noch ein Jahr brauchen wird. Doch schon das Messemodell macht deutlich, dass aus dem rustikalen Arbeitstier ein schmucker Schauläufer wird, der obendrein mit jeder Menge Gadgets punkten möchte: Fernsteuerung, Röntgenblick und Lasersteuerung – mit solchen James-Bond-Features schaffen es Briten selbst in der Heimat von Google & Co. noch zum Showstopper, und die Messegäste bleiben mit offenem Mund vor der Studie stehen.

Die zweite wichtige Premiere zwischen Boulevard und Buckelpiste kommt aus München. Denn nachdem BMW mit dem X6 einen weltweiten Überraschungserfolg gelandet hat, legen die Bayern nun mit dem X4 nach. Einen halben Meter kürzer, 17.000 Euro günstiger und nicht ganz so provozierend, soll das zweite SUV-Coupé der Bayern schon im Sommer die Mittelklasse der Matschpiloten aufmischen.

Ebenfalls auf Lack und Leder statt Matsch und Modder setzt Nissan bei der zweiten Generation des Murano. Schon früher schmuck und schnittig, legt der große Bruder des Qashqai jetzt gar vollends den Smoking an, wird sportlicher und sieht auch innen viel vornehmer aus. Aber obwohl er in jeder Dimension ein bisschen größer wird, mehr Platz und die bessere Ausstattung bietet, speckt er um über einen Zentner ab und ist deshalb viel sparsamer. Denn genau wie beim gesundgeschrumpften X4 und dem Leichtbau-Konstrukt Discovery gilt auch für die Japaner, dass die Vernunft bei allem Vergnügen nicht ganz auf der Strecke bleiben darf. So viel Political Correctness gehört mittlerweile auch zu einer PS-Party wie der New York Motorshow. Natürlich gibt es neben derart exponierten SUV-Premieren noch ein paar weniger spektakuläre Neuheiten in der 4x4-Fraktion – wie das dürftige Facelift für den Mini Countryman, die Neuauflage des Subaru Outlander und die für Amerika ziemlich wichtigen Updates für Toyota Highlander und Infiniti QX80.

Wer nicht auf der SUV-Welle reitet, der zeigt sich auf der Motorshow betont sportlich. Das gilt für die Amerikaner mit der Open-Air-Version der 633 PS starken Corvette Z06 oder den Dodge Charger genauso wie für die deutschen Hersteller, die in New York vor allem ihre Werkstuner ins Rennen schicken: So lockt Mercedes die High Society mit der AMG-Version des neuen S-Klasse-Coupés, und Audi zaubert den RS7 als protzige „Dynamic Edition“ aus dem Hut. Doch die vielleicht passendste Power-Premiere kommt von BMW. Nicht dass man die 431 PS des neuen M4 Cabrio beim Dauerstau am Times Square und dem strikten Tempolimit auf den Traversen im Central Park ausfahren könnte. Doch gibt es fürs Sightseeing in einer Stadt wie New York kein besseres Auto als ein Cabrio.

Jede Menge Geländegänger und potente Sportwagen für die Reichen und Schönen – für Manhattan mag das reichen. Aber bei aller Liebe zu Leistung und Luxus kann man damit allein den noch immer stetig wachsenden US-Markt nicht hinreichend bedienen. Deshalb sind es am Ende doch nicht nur die dicken Dinger, die in New York im Rampenlicht stehen. Wenn man genau hinschaut, entdeckt man tatsächlich auch noch ein paar neue Brot-und-Butter-Autos – und manche davon lohnen sogar einen zweiten Blick. Denn während Kia Sedona, Nissan Versa oder Toyota Camry nur für die USA bestimmt sind, werden es der neue Hyundai Sonata, das überarbeitete Stufenheck des Ford Focus und erst recht der frisch geliftete VW Jetta bald auch nach Europa schaffen.

Zwar ist die Stimmung auf der Messe besser denn je, und anders als in den Jahren der Krise ist auch das Ambiente im Javits Center wieder erstklassig. Doch für die wirklich wichtigen Premieren haben sich die Hersteller auch spektakuläre Bühnen gesucht. Nicht umsonst hat Land Rover für den Discovery eigens den ausrangierten Flugzeugträger „USS Intrepid“ am Ufer des Hudson gechartert, um dort das Tuch von der Discovery-Vision zu ziehen. Damit konnten sich die Briten sogar einen Auftritt im landesweiten Frühstücksfernsehen sichern, mussten sich am Ende aber doch mit dem zweiten Platz in der Enthüllungs-Hitparade bescheiden.

Denn niemand hat in New York mehr Aufmerksamkeit erlangt als der Ford Mustang, der an diesem Wochenende seinen 50. Geburtstag feiert – und zwar nicht irgendwo, sondern dort, wo eine amerikanische Ikone hingehört: auf der Spitze des Empire State Buildings.