Im Mai kommt der C evolution, der erste elektrische Großroller von BMW, auf den Markt

Bei einer derzeitigen Produktion von zehn Maschinen am Tag erscheint die Fertigung des „C evolution“ annähernd so liebevoll wie die Erstellung von Unikaten. Ein Basispreis von 15.000 Euro wirkt angesichts solcher Bedingungen für den ersten elektrischen Großroller von BMW fast günstig. Die Produktion auf einzelnen, mit Rollen versehenen Montageschlitten hat wenig mit Romantik zu tun, sondern schlichtweg mit Kostenreduktion. Ein C-Haken, an denen sonst die BMW-Motorräder in der Massenproduktion hängen, kostet um die 40.000 Euro.

Der Roller muss mit drei Batteriemodulen und acht Kilowattstunden (nutzbar 7,2 kWh) auskommen. Die Zellen kommen vom Hersteller Samsung SDI, einer Tochterfirma der Samsung Group, deren Batterien auch im Fiat 500e eingesetzt werden. „Im Gegensatz zu anderen haben wir uns bei keinem Batteriehersteller eingekauft“, sagt Jochen Müller, Kommunikationschef des BMW-Werks in Leipzig. „Man weiß ja nicht, wer den nächsten Innovationssprung macht.“

Der Synergieeffekt zwischen Roller und Auto durch den Bezug der gleichen Batteriemodule und derselben Steuerungstechnik reduziert einerseits den Preis. Andererseits vermindert der Einbau der Lithium-Ionen-Akkus in einem Aluguss-Gehäuse das Gewicht des Rollers. Was seltsam klingt, ist doch die schwere Batterie häufig für das Übergewicht bei E-Fahrzeugen verantwortlich. Doch wo beim i3 zur Gewichtsreduktion mit Carbon gearbeitet werden muss, ersetzt die Batteriefassung beim Roller den Rahmen und wird damit zum tragenden Teil. Entsprechend liegt der Elektroroller mit 265 Kilogramm im Bereich seiner benzingetriebenen Brüder, den Maxirollern BMW C 600 Sport und C 650 GT.

Neben Reduktion von Kosten und Gewicht kommt noch die mögliche Reduktion des Energiebedarfs durch Rekuperation. Der Fahrer kann den Energiehaushalt des Rollers dadurch beeinflussen, dass er zwischen vier Einstellungen zur Rückgewinnung der Bremsenergie wählt: vom Segelmodus bis zur Einstellung Eco Pro. Doch an den Effekt der Rekuperation müssen sich Motorradfahrer erst gewöhnen. Was macht man, wenn Fahr- und Bremsmodus des C evolution auf Eco Pro stehen und sich plötzlich nasses Laub unter dem Hinterrad befindet? Doch auch daran hat Projektleiter Christian Ebner gedacht und einen Assistenten eingebaut: „Diese Traktionsregelung funktioniert in beide Richtungen, damit der Roller nicht wegrutscht, weder beim Beschleunigen noch beim Bremsen.“

Ebner ist der beste Beleg dafür, wie ernst es die Bayrischen Motorrad Werke mit elektromobilen Ambitionen meinen. Mit ihm hat man für die Entwicklung des ersten elektrischen BMW-Maxirollers einen Mann an anderer prestigeträchtiger Stelle abgezogen: Als er 2009 den Auftrag für den C evolution erhielt, war er in der Formel 1 bei BMW für das KERS (System zur Rückgewinnung kinetischer Energie) zuständig.

Ein Segen für die Entwicklung des Rollers. Bereits 2010 signalisierte der Vorstand seine Zustimmung zur Produktion. 2011 wurde eine Designstudie auf der IAA vorgestellt. Am 2. Mai ist Markteinführung des C evolution – und damit der Überraschungseffekt vorbei, den Ebner derzeit an Ampeln erzielt.

„Gerade hat es wieder eine F800 R probiert“, feixt der Projektleiter angesichts der 87 PS des Widersachers, ebenfalls aus dem Hause BMW. Der Roller C evolution hat zwar „nur“ 48 PS Spitzenleistung. Aber er benötigt keine Drehzahl, um auf Touren zu kommen. Das volle Drehmoment steht ihm aus dem Stand zur Verfügung. „Nach zwei Ampeln“, sagt Ebner mit einem Grinsen, „hat der andere es gelassen.“

Die Reichweite des Elektrorollers liegt bei 100 Kilometern. Rechnet man etwa 27 Cent pro Kilowattstunde, kostet eine Batteriefüllung bei 7,2 kWh keine zwei Euro. Schwerer wiegen ein erreichbarer Stromanschluss und die Zeit, den Hochspannungsakku wieder aufzuladen. An normalen Haushaltssteckdosen sind es bei leerer Batterie vier Stunden, wer Zugriff auf eine Ladesäule mit Starkstrom hat, braucht drei.

Ein Problem? Wenn ja, dann wird es immer geringer. Denn die jährlichen Fahrleistungen der Deutschen sinken kontinuierlich, innerhalb von zehn Jahren reduzierten sie sich laut Check24 um fast 20 Prozent, lagen 2013 bei 11.581 Kilometer. Bei einer Reichweite von 100 Kilometern für den C evolution kommt man mit einer Stromtanke alle drei Tage locker aus. Klingt nach keiner unlösbaren Aufgabe.