VW nennt das neue Hybridmodell mit Stromanschluss GTE und schickt es im Herbst auf die Straßen. Was der Wagen kosten wird, ist bislang noch offen.

VW legt den Golf an die Leine. Weil es die Niedersachsen langsam leid sind, dass alle Welt bei Elektroautos aus Deutschland nur vom BMW i3 schwärmt, holen sie nun zum Gegenschlag an der Ladesäule aus und elektrifizieren kein geringeres Auto als den Golf. Masse statt Klasse, lautet das Motto – und spätestens im Herbst könnte diese Rechnung durchaus aufgehen. Denn dann soll nach dem rein elektrischen und deshalb wohl auch nur für kleine Serien und enge Nischen tauglichen e-Golf auch ein Plug-in-Hybrid im Golf-Blech kommen.

Und der ist nicht nur sparsam, sondern lockt obendrein mit einer gehörigen Portion Spaß und Sportlichkeit – kein Wunder, dass VW ihn kurzerhand zum GTE stempelt und mit den gleichen Insignien schmückt wie GTI und GTD. „Emissionsfrei in der Stadt und mit fast 1000 Kilometern Reichweite trotzdem absolut langstreckentauglich vereint er das beste aus zwei Welten“, sagt Entwicklungsvorstand Heinz-Jakob Neußer. Er glaubt, dass mit einem Konzept wie diesem tatsächlich der Durchbruch zu schaffen ist.

Nur mit Strom liegt die Reichweite bei etwa 50 Kilometern pro Ladezyklus

An den Fahrleistungen wird es jedenfalls nicht liegen. Denn elektrisch fährt der Hybrid mit Steckdosen-Anschluss mit seinen 102 PS und dem spontanen, für Stromer typischen Drehmomentaufbau so gut wie jedes andere Akku-Auto: Er startet an der Ampel mit quietschenden Reifen, schafft auch ohne Verbrenner 130 Sachen. Wenn die Lithium-Ionen-Zellen im Wagenboden nach zwei bis drei Stunden Ladepause an der heimischen „Wallbox“ richtig voll sind, reicht der Strom immerhin für bis zu 50 Kilometer. Die große Stärke des Plug-In-Modells ist allerdings das Zusammenspiel mit dem 150 PS starken Benziner. Nicht nur, weil der Sparer dann zum Sportler wird, mit einer Systemleistung von 204 PS und 350 Nm plötzlich so viel Laune macht wie ein GTD und zum Beispiel in 7,6 Sekunden von 0 auf 100 sprintet. Oder weil er bei Vollgas auf der Autobahn Konkurrenten wie i3 & Co so rasch davon fährt wie ein Porsche einem Polo. Sondern weil er, wenn es sein muss, wie ein ganz normales Auto fährt: Bei einem Aktionsradius von fast 1000 Kilometern muss niemand nach der Reichweite schauen. „Und bei einem Spitzentempo von 217 km/h darf man es auch mal ein bisschen eilig haben“, lobt Entwickler Tino Laue das Konzept, das den Kunden einen soften Umstieg in die schöne neue Welt der Stromer ermöglichen soll.

Auf eine Enttäuschung müssen sie sich dabei freilich trotzdem einstellen: Der werbewirksam postulierte Normverbrauch von 1,5 Litern ist ein rein theoretischer Wert, der allein dem schmeichelhaften Testzyklus zu verdanken ist. In der Praxis dürfte sich der Wert viel eher bei vier oder fünf Litern einpendeln. „Wenn man den Benziner überhaupt mal braucht“, sagt Laue. Denn weil die meisten Tagesetappen der Deutschen kürzer sind als 50 Kilometer, hat der Verbrenner nach seiner Erwartung die meiste Zeit ohnehin Ferien – einen häuslichen Stromanschluss vorausgesetzt.

So gut sich der Golf GTE auch fährt und so ausgreift die Technik mittlerweile scheint – all das wird die Schlacht an der Ladesäule vorerst nicht groß beeinflussen. Das alles entscheidende Kriterium ist der Preis – und ausgerechnet dazu will VW-Chefentwickler Neußer noch nichts sagen. Nur eines ist sicher: Der Golf für die Steckdose wird ein teures Vergnügen. Wenn bereits der elektrische Up knapp 27.000 Euro kostet und der Audi A3 mit der Plug-In-Technik des Golfs für rund 37.000 Euro starten wird, müsste sich der GTE irgendwo dazwischen einsortieren: 35.000 Euro für das grüne Tandem könnten deshalb eine gute Schätzung sein.

Bei solchen Preisen ohne politische Anreize auf einen Durchbruch zu hoffen, fällt einem aber schwer, selbst wenn Entwicklungschef Neußer von „bezahlbarer Technik“ spricht und vor allem die niedrigen Betriebskosten preist. Denn auch wenn man die 100 Kilometer im E-Golf Plug-In-Modell für 5,39 Euro schafft, muss man verdammt viel fahren, damit sich so die Anschaffung lohnt.

Man könnte den Golf schließlich auch mit Erdgas-Antrieb kaufen: Der kostet mit seinen 23.400 Euro wohl über 10.000 Euro weniger – und schafft die Referenzstrecke für ziemlich konkurrenzlose 3,63 Euro.