Die Elektronikmesse CES in Las Vegas zeigt, wohin beim Auto die Reise geht. Es wird Smartphones immer ähnlicher und bewegt sich bald autonom.

Leistung, Hubraum, Beschleunigung und vielleicht noch das Design – für gewöhnlich sind das die Eigenschaften, die an einem neuen Auto am meisten interessieren. Doch glaubt man den Trendforschern, sind solche Eckwerte einer wachsenden Kundengruppe immer weniger wichtig. Die „digital natives“ der Generation Internet wollen zwar auch bequem von A nach B kommen. Aber sie legen dabei mehr Wert auf Vernetzung als auf Kurvenlage, und die Übertragungsrate ist ihnen wichtiger als das Spitzentempo. Folgerichtig beginnt das Autojahr nicht mehr auf der Motorshow in Detroit, sondern auf der Consumer Electronics Show CES in Las Vegas. Die Autobauer protzen beim Elektronik-Gipfel allerdings nicht mit altbekannten Werten, sondern kommen der vernetzten Generation thematisch entgegen: Neue Bedien- und Anzeigesysteme und die Konnektivität stehen ganz oben auf ihrer Liste.

Audi zum Beispiel zeigt in Las Vegas zum ersten Mal das Cockpit des neuen TT, der im Sommer an den Start geht und ohne konventionelle Instrumente auskommt. Statt Tacho und Drehzahlmesser gibt es hinter dem Lenkrad nur noch einen großen Monitor, über den auch Navi & Co laufen. Der ist so variabel programmiert, dass der Bildschirm auf der Mittelkonsole überflüssig wird und das Armaturenbrett deshalb betont schlank und flach ausfällt. Dazu kommt das Smart Display – ein selbst entwickelter Tablet-Computer, mit dem man sich von jedem Platz aus alle relevanten Daten auf den Schirm holen, das Infotainment-System steuern, den Status verschiedener Fahrzeugfunktionen abfragen oder einfach durchs Internet surfen und Apps nutzen kann.

Kia dagegen arbeitet beim Cockpit der Zukunft mit Gestensteuerung: Eine Kamera überwacht die Blickrichtung des Fahrers und sorgt dafür, dass er die dreidimensionalen Anzeigen auf dem digitalen Display immer gestochen scharf sieht. Und eine zweite beobachtet die Bewegungen der rechten Hand. Deshalb reicht schon eine angedeutete Drehbewegung von Daumen und Zeigefinger und das Radio wird leiser oder lauter, ohne dass man tatsächlich an einem Rädchen gedreht hat.

Geht es nach den Entwicklern bei Mercedes, kann man sich solche Übungen demnächst ganz sparen: Denn die Schwaben rüsten das Auto von Morgen zum digitalen Freund auf, der alle Funktionen im vorauseilenden Gehorsam regelt – von den Routenzielen über die Fahrzeugtemperatur bis hin zum Radiosender. Das Projekt heißt „Predicted User Experience“ und setzt auf eine möglichst genaue Beobachtung von Gewohnheiten. „Mit jeder Fahrt lernen wir den Menschen am Steuer besser kennen und können treffsicherer vorhersagen, welche Route, welche Temperatur oder welche Musik in der jeweiligen Situation gerade gefragt sind“, erläutert ein Entwickler: Schon nach ein, zwei Wochen klappe das bei den ersten Tests so gut, dass man sich von seinem Auto perfekt verstanden fühle.

Dabei beschränken sich die Entwickler nicht auf das Auto, sondern vernetzen alles mit allem. Auf der einen Seite integrieren sie so genannte „Wearables“: Computer, die man am Körper tragen kann, wie die Google-Brille oder Smart-Watches. Und auf der anderen Seite kann sich der Wagen auch mit dem Rest der Welt unterhalten und sogar daheim oder im Büro abhängig von der Ankunftszeit die Raumtemperatur ändern oder so gründlich das Wetter beobachten, dass man bei winterlichen Straßenverhältnissen und Störungen im Berufsverkehr automatisch ein paar Minuten vor der Zeit geweckt wird.

Neue Instrumente, neue Apps und die Vernetzung des Lebens von der Smart-Watch bis zum Eigenheim – das sind die wichtigsten Themen in den Messehallen. Aber draußen vor dem Convention Center demonstrieren vor allem die deutschen Hersteller, was wirklich angesagt ist in Las Vegas: das autonome Fahren. Denn stärker noch als auf der IAA in Frankfurt zeigt die CES, dass der Fahrer bald zum Passagier werden dürfte. Audi verspricht den hoch automatisierten Staupiloten und mit ihm mehr Freizeit für den Fahrer bereits für den nächsten A8, der in zwei Jahren kommt. BMW zeigt auf der Rennstrecke bei einem autonomen Drift, dass die Fahrfreude auch mit Autopilot nicht zu kurz kommen muss. Und Mercedes verspricht, dass Autos aus Stuttgart noch in diesem Jahrzehnt über die Autobahn rollen und ihren Parkplatz finden, ohne dass überhaupt noch ein Mensch an Bord sein muss.

Während sich die Gäste auf Automessen gerne ein bisschen schwer tun mit der Vorstellung, das Steuer aus der Hand zu geben, stehen Akzeptanzprobleme auf der CES nicht zu befürchten: Dort wird die zunehmende Automatisierung eher bejubelt als kritisiert. Kein Wunder, dass angesichts von so viel Bits & Bytes andere Qualitäten eines Autos schnell ins Hintertreffen gerade. Die meisten Messestände wirken so, als wäre Blech nur Ballast. Ihre Neuheiten präsentieren die Hersteller nicht in spektakulären Designstudien, sondern in mehr oder minder schlichten Kisten, die nicht einmal Räder haben. Und selbst die neue C-Klasse von Mercedes feiert ihre Messepremiere kurz vor der offiziellen Enthüllung in Detroit als bloße digitale Inszenierung auf dutzenden von Tablet-Computern.