Die Limousinen XJ und XF bekommen ein frisch entwickeltes System. Allerdings lassen sich die Briten diese Neuerung gut bezahlen.

Hamburg. Das wurde auch langsam Zeit für Jaguar: Jahrelang haben sich die Briten dem Trend zum Allradantrieb verschlossen. Doch damit ist jetzt Schluss. In diesem Winter fahren die Limousinen aus Coventry erstmals auf allen vieren vor. Ab Februar gibt es XJ und XF mit einem frisch entwickelten Allradantrieb, zu dem gleich auch noch ein neuer V6-Benziner gehört. Die zusätzliche Traktion und das gute Gefühl der Sicherheit haben aber ihren Preis: Beim XF liegt der Allradaufschlag schon bei stolzen 3000 Euro, sodass der XF 3.0 AWD mit 57.000 Euro in der Liste steht. Beim XJ schlagen die Briten sogar unverschämte 4560 Euro auf und kommen so auf mindestens 91.160 Euro. Wer das Flaggschiff in der Langversion bestellt, ist sogar mit 95.160 Euro dabei.

Dafür gibt es allerdings einen Allradantrieb mit einer vollvariablen Kraftverteilung, der den herkömmlichen Systemen ebenbürtig oder sogar ein Stück voraus ist. Er reagiert nicht nur besonders schnell und feinfühlig. Vor allem raubt er den beiden Limousinen nicht ihren sportlichen Touch: So kann man zwar auch auf glattem Grund kinderleicht anfahren. Doch sobald die Fuhre erst einmal in Fahrt ist, leitet die Elektronik das volle Drehmoment wie gewohnt an die Hinterachse.

Solange die Straße trocken ist, genießt man deshalb die volle Agilität eines Hecktrieblers. Doch wenn es feucht und glitschig wird, greift die Lamellenkupplung und leitet die Kraft so nach vorn, dass XF und XJ wie auf Schienen durch den Schnee fahren. Besonders clever ist der "Winter-Modus". Dann wird die Kraftverteilung auf Knopfdruck so geregelt, dass immer mindestens 30 Prozent an der Vorderachse anliegen. Weil die Autos außerdem dann im zweiten Gang anfahren, kommen sie noch besser vom Fleck.

In Fahrt bringt die beiden Allradler ein neuer V6-Motor. Dank seines Kompressors kommt er auf 340 PS, mit denen er jeden konventionellen Achtzylinder beinahe überflüssig macht. Kernig geht der Sechszylinder zur Sache, beschleunigt die Allradler in 6,4 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht mühelos 250 km/h. Dabei harmoniert er perfekt mit der famosen Achtstufen-Automatik von ZF.

So famos der Motor auf der ersten Testfahrt wirkt, so groß ist allerdings auch sein Durst: Schon auf dem Papier gönnt er sich 9,8 Liter, und an einem Wintertag mit ein paar Drifts im Schnee und vielen Kilometern über Land werden schnell auch mal 13 Liter und mehr daraus. Trotzdem hält Jaguar so große Stücke auf den Motor, dass die Briten ihn auch ohne den Allradantrieb anbieten. Weil dann das Gewicht um 120 Kilo sinkt, geht auch der Verbrauch laut Werk um 0,4 auf 9,4 Liter zurück.

Zwar ist die Paarung von Motor und Antrieb wirklich gelungen, doch dürften sich darüber vor allem die Amerikaner freuen. Weil Europa für die Briten ein reiner Diesel-Markt ist, geht die Neuheit hierzulande fast unter. Das weiß Jaguar selbst am besten. "Aber wir müssen mit unseren beschränkten Mitteln haushalten und setzen sie dort ein, wo wir die größten Kundengruppen sehen", sagt James Towle, der das globale Marketing für die Limousinen leitet.

Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben, verspricht Towle. Die aktuellen Motoren ließen sich zwar nicht ohne Weiteres mit dem Allradantrieb kombinieren, räumt er ein. "Aber bei jedem neuen Motor werden wir das künftig mit einplanen." Spätestens dann können sich auch die Europäer so richtig über eine Raubkatze im Schnee freuen.