Der Fluence Z.E. ist das am besten durchdachte Elektroauto. Doch Renault glaubt selbst kaum noch an den Erfolg seines Wagens.

Den meisten Menschen kann man mit dem Elektroauto nicht kommen. Nachhaltig mag es sein, aber auch zu teuer, zu schwach, nicht ausdauernd genug, das sind so die Vorurteile, und das Perfide ist: Sie stimmen sogar. Dennoch entwickeln sich - langsam - zarte Pflänzchen der alternativen Mobilität, und am interessantesten sind die, die unter dem Dach großer Konzerne blühen. Renault etwa ist eher unverdächtig, eine Ökobude zu sein. Man will Geschäfte machen, richtig große sogar, und Carlos Ghosn, der Chef der Renault-Nissan-Gruppe, hat sich die industrieweit konsequenteste aller Elektrostrategien ausgedacht. Daher kommen von Renault und Nissan tatsächlich Serienfahrzeuge mit Elektroantrieb auf den Markt, auch auf den deutschen.

Der Nissan Leaf hat, auch weil er "Auto des Jahres 2011" wurde, eine gewisse Bekanntheit erlangt, wenngleich die Verkaufszahlen homöopathisch blieben. Ihm zur Seite wurde der Renault Fluence Z.E. gestellt, der eine zweite, womöglich noch intelligentere Variation des Themas anbietet. Ist der Leaf komplett als Elektroauto konzipiert worden (weshalb er recht futuristisch aussieht), so gibt es den Elektroantrieb im Fluence nicht exklusiv, sondern als Alternative zu Benzin- und Dieselmotor.

Daher wirkt der Z.E. (für zero emission) optisch wie ein ganz normales Auto. Um Platz zu schaffen für die Akkus hinter den Rücksitzen, wurde er zwar um 13 Zentimeter auf 4,62 Meter gestreckt, trotzdem verkleinert sich der Kofferraum von 530 auf 317 Liter. Doch das ist nicht das größte Problem: Das Pech des Fluence ist, dass er eine Stufenhecklimousine in der Kompaktklasse ist, und die funktionieren nicht mal, wenn sie VW Jetta heißen. Renault hat sein Auto sogar gerade wieder vom deutschen Markt genommen, die Elektro-Version allerdings soll bleiben.

Aber wie sieht das aus, wenn man der Elektrovariante das Basismodell entzieht? Als glaubte der Hersteller selbst nicht an das Auto, Antrieb hin oder her. Dabei stecken so viele gute Ideen im Z.E., dass man es kaum fassen kann. Zum einen ist der Wagen preiswert: Nur 26 790 Euro kostet die Top-Ausstattung, ab 25 690 Euro ist das Basismodell zu haben.

Um 10 200 bis 11 300 Euro liegt der Fluence Z.E. damit unter dem Nissan Leaf. Die Sache hat allerdings einen Haken: Bei Renault kauft man die Akkus nicht mit, sondern muss sie mieten. Das kostet 168 Euro im Monat - wenn man 40 000 Kilometer im Jahr fahren will. Aber wer will das schon in einem Elektroauto? Wahrscheinlich müsste man demjenigen, der dies schaffte, eine Medaille für Nachlade-Logistik verleihen, schließlich braucht der Fluence Z.E. etwa alle 150 Kilometer für gut acht Stunden eine Steckdose. Bei 40 000 Kilometern macht das also 267 Ladevorgänge übers Jahr. Die werden fällig, wenn man ein Berufspendler ist und täglich ins Büro und zurückfährt, immer dieselbe Strecke.

Das ist eine sinnvolle Nutzung des E-Mobils; sie liegt mindestens ebenso nahe wie das von der Industrie propagierte Kurzstrecken-Hopping in der Stadt, wo die Sache mit dem Nachladen schlechter aussieht als in der Tiefgarage des Arbeitgebers oder am Gartenhäuschen daheim.

Aber wer doch wenig fährt, kann sich beim Mieten der Batterie auf 10 000 Kilometer pro Jahr beschränken und zahlt dafür nur 82 Euro pro Monat. Viele Zwischenstufen sind möglich, und die Idee hat einiges für sich - sie bindet weniger Kapital als beim Akkukauf, und sie entbindet den Fluence-Besitzer von einer großen Sorge: Ein defekter Akku ist nicht sein Problem, denn er gehört ihm ja nicht.

Bleibt also ein Auto mit 95 PS, das in seiner Top-Ausführung um 5300 Euro über dem just verblichenen Benziner mit 110 PS liegt. Der Z.E. bietet allerdings Klimaautomatik statt Klimaanlage serienmäßig, dazu Tempomat, Licht- und Regensensor, Navigationssystem sowie Leichtmetallräder, während der Benziner die Metalliclackierung aufpreisfrei hat. Unterm Strich steht ein Unterschied von rund 4000 Euro, und die 82 Euro Batteriemiete kann man ja mit dem Energieverbrauch verrechnen.

Der Renault Fluence Z.E. benötigt nach Norm 11,9 Kilowattstunden auf 100 Kilometer, das macht bei heutigen Strompreisen rund 3,50 Euro. Der Benziner ist mit 6,8 Liter Super angegeben, was etwa elf Euro entspricht. In unserem Test kam der Z.E auf 16 kWh/100 km, also etwa 4,30 Euro. Den Benziner dürfen wir gern mit gut acht Litern veranschlagen, womit die Spritrechnung 12,80 Euro betrüge. 8,50 Euro Unterschied alle 100 Kilometer, da ist die Monatsmiete nach 1000 Kilometern wieder eingefahren, die Jahresfahrleistung läge dann bei 12 000 Kilometern.

Mehr als die Miete holt man mit dem günstigeren Energiepreis für Strom nicht herein, die 4000 Extra-Euro bleiben auf der Sollseite, man kann das als Zeichen der Bereitschaft zum Wandel sehen. Ein Geschäft würde der Fluence Z.E. erst bei dem Pendler mit 40 000 Kilometern. Er kommt mit 1720 Euro Stromkosten übers Jahr, während der Benzinfahrer 5120 Euro verführe. Schon nach wenig mehr als einem Jahr erreicht der Elektro-Pendler die Gewinnzone.

Verluste erleidet er dagegen in Sachen Lebensqualität, denn seine Mobilität ist nun an strikte Verhaltensregeln gebunden. Urlaubsreisen mit dem Auto sind ausgeschlossen, genau wie spontane Wochenendbesuche. Selbst geplante Ausflüge dürfen nicht weiter gehen als 75 Kilometer, man will ja auch nach Hause zurück.

Da kann man sich noch so sehr über den summenden Motorlauf freuen oder die stufenlose Kraftübertragung - die Nachteile bleiben und halten die Vorurteile am Leben. Nachhaltig.