Am 6. Oktober bringt Mercedes den CLS Shooting Brake auf den Markt. Der Fünfsitzer nutzt die Technik der E-Klasse

Trendsetter oder Irrläufer? Vor dieser Frage hat Mercedes vor zehn Jahren schon einmal gestanden. Damals haben die Schwaben mit dem CLS das erste viertürige Coupé auf die Räder gestellt und eine Nische aufgetan, an die so recht keiner glauben wollte. Mittlerweile steht die zweite Generation des eleganten E-Klasse-Ablegers bei den Händlern, die Konkurrenz hat längst nachgezogen, und in Stuttgart lässt man sich auf das nächste Wagnis ein. Denn ab dem 6. Oktober gibt es den CLS auch als eleganten Lifestyle-Laster. Shooting Brake nennen die Süddeutschen jenen Lademeister im Smoking, der laut Baureihenleiter Thomas Ruhl ein "hoch emotionales Auto" sein will, das dem Kunden "keine unnötigen Kompromisse" abfordert.

Avantgarde und Alltag werden hier in der Lesart der Produktstrategen aufs Treffliche vereint. Allerdings muss die Kundschaft dafür auch noch einmal etwas tiefer in die Tasche greifen: Los geht es bei 61 761 Euro. Das sind knapp 2000 Euro mehr als beim konventionellen CLS und stolze 13 000 Euro mehr als beim identisch motorisierten T-Modell der E-Klasse. Aber warum der Name Shooting Brake? Die klassische Variante stammt vom Aston Martin DB5 ab. Den ließ ein gewisser David Brown 1963 für seine persönlichen Jagdbedürfnisse bauen.

Für Designchef Gordon Wagener ist das Auto natürlich eine reine Formsache, die vor allem auf klassische Coupé-Linien setzt: Es gibt eine lange Motorhaube, eine gestreckte Silhouette mit vier rahmenlosen Türen und einem sanft abfallenden Dach, und das breite, flache Heck ist stark geneigt. Damit sieht der Luxusflitzer vor allem im Profil schlank und rank aus. Und blickt man ihn direkt von hinten an, wirkt er kräftig und knackig wie ein Zehnkämpfer beim Start zum Hürdenlauf.

Obwohl der Shooting Brake mehr dem Lifestyle als dem Laden verpflichtet ist, legen die Schwaben Wert auf die praktische Seite des Fünfsitzers. Die Heckklappe ist nicht nur ein Alibi für Egoisten mit Anhang, sondern mündet tatsächlich in einen großen Kofferraum: Er fasst bei stehender Rückbank 590 und bei umgeklappten Sitzen 1550 Liter. Das sind zwar 100 bzw. 400 Liter weniger als im T-Modell der E-Klasse, doch dem Audi 6 Avant zum Beispiel ist der CLS damit immer noch um ein paar Liter voraus.

Auch gegenüber BMWs Fünfer Touring mit seinen 560 bis 1670 Litern sieht er nicht so schlecht aus. Allerdings mag man sich eine Waschmaschine auf dem 4700 Euro teuren Boden aus Kirschbaum mit Intarsien aus Raucheiche nicht wirklich vorstellen.

Während das Design völlig neu ist, bleibt unter dem Blech alles beim Alten. Auch der Shooting Brake nutzt die Technik der E-Klasse und kommt deshalb mit den bekannten Motoren: Es gibt den CLS 350 und den CLS 500 mit sechs und acht Zylindern und 306 oder 408 PS sowie zwei Diesel, die im CLS 250 auf 204 und im CLS 350 auf 365 PS kommen. Dabei gibt es die jeweils stärkeren Motoren beider Fraktionen auch mit Allradantrieb.

Derart bestückt, schaffen alle Varianten des Lifestyle-Lasters außer dem kleinen Diesel locker 250 km/h, und der sparsamste ist laut Werk mit 5,3 Litern zufrieden. Wie bei jedem anderen Kombi ist man auch beim Lastenträger im Smoking mit einem Selbstzünder gut bedient. Der V6-Diesel im 350 CDI jedenfalls ist so flott bei der Sache, dass sich niemand nach mehr Elan sehnen muss. Immerhin schafft schon er den Sprint auf Tempo 100 in 6,6 Sekunden und lässt bei flotter Kurvenfahrt ordentlich die ESP-Kontrollleuchte flackern. Nur selten sieht man dagegen das Warnlicht der Tankanzeige: Die 6,0 Liter des Normverbrauchs kann man zwar getrost vergessen. Aber zweistellig bekommt man den Wert beim besten Willen nicht.

Trotzdem wird es dabei nicht bleiben. Genauso wie beim Coupé rüstet AMG auch den Shooting Brake zum CLS 63 auf. Dann gibt es den 5,5 Liter großen V8-Motor mit bis zu 557 PS, der den Sprint dann in 4,3 Sekunden schafft. Acht Jahre nach der Premiere des ersten CLS ist der Shooting Brake für Daimler-Chef Dieter Zetsche der logische Schritt in die nächste Nische. Jetzt, wo alle Welt den CLS kopiert hat, werde es Zeit "die Latte wieder etwas höher zu legen", sagt Zetsche. Und seine Designer haben eindrucksvoll bewiesen, dass die Kombination aus Coupé und Kombi nicht wie eine Kreuzung aus arabischem Rennpferd und iberischem Lastesel aussehen muss.

Ob und wie gut der Shooting Brake tatsächlich ankommt und wie viele Kunden dann vielleicht nur vom T-Modell wechseln, das wissen sie in Stuttgart natürlich nicht. Doch mittlerweile fragt bei Mercedes keiner mehr "Warum sollten wir das machen?". Spätestens seit dem Erfolg des CLS sind die Schwaben mutig genug für ein "Warum eigentlich nicht?". Und sie meinen das so ernst, dass es bei einem Shooting Brake nicht bleiben wird. Wenn alles läuft wie geplant, dann gibt es ihn in zwei, drei Jahren auch noch zwei Nummern kleiner auf Basis der A-Klasse.