Kontrastprogramm auf dem Genfer Autosalon: Neben Öko-Modellen stehen dort auch Spielzeuge für Scheichs und russische Oligarchen.

Genf. Für Freunde des gepflegten PS-Wahnsinns zählt der Genfer Autosalon (bis 18. März) fraglos zu den Pflichtterminen. Denn derart viele Supersportwagen auf so engem Raum wie in den Palexpo-Messehallen stehen bestenfalls in den Garagen autovernarrter Hollywood-Schauspieler oder den Funktionären der Ölmultis. Nur dass sich in den Sammlungen der Superreichen noch nicht die schnellen Schönheiten von morgen finden, wie etwa der Ferrari F12 Berlinetta.

Der neue Prachthengst im Stall der italienischen Traditionsmarke tritt das Erbe des Ferrari 599 an. Unternehmenssprecher Hans Kleymann umschreibt den roten Renner mit einem Satz: "Der F12 Berlinetta ist ein reiner Supersportwagen geworden." Und für Ferrari ein Wagen der Superlative: Das in Rot lackierte Coupé ist mit 740 PS Motorleistung und einem Spitzentempo jenseits von 340 km/h das stärkste und schnellste Straßenmodell, das in der 65-jährigen Firmengeschichte jemals gebaut wurde. Über Preise redet man noch nicht.

Unter der gestreckten Motorhaube steckt ein 6,3 Liter großer Zwölfzylinder, der den Wagen aus der Parkposition in 3,1 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigt. Nach nur 8,5 Sekunden soll der Tacho 200 km/h anzeigen. Carbon-Keramik-Bremsen bringen die Fuhre wieder zum Stehen. Optisch trägt das neue Topmodell aus Maranello gar nicht so dick auf, wie es die gewaltige Fahrleistung legitimieren würde: Die Designer von Pininfarina haben dem mit 4,62 Metern Länge sehr kompakten Coupé eine elegante Form mit schwungvoll konturierten Flanken gezeichnet. Nur der Kühlergrill wirkt geradezu monströs.

Mit einem dagegen radikal gezeichneten Roadster, dem Aventador J, ist Lamborghini in Genf vertreten. Von der geschlossenen Version des Flaggschiffs der Italiener ist bei dem offenen Konzeptauto nicht mehr viel übrig geblieben - jedenfalls nicht oberhalb der Türkante: Der Wagen hat kein Verdeck, keine Fenster und nur zwei winzige Windabweiser über den Armaturen. Fahrer und Beifahrer müssten deshalb einen Helm tragen, informiert Lamborghini.

Der Anblick des 700 PS starken Vorläufers für einen Aventador Spyder, der deutlich gemäßigter ausfallen wird, beflügelt die Fantasie: Wie es sich wohl anfühlt, in diesem Extremcabrio mit Tempo 300 über die Autobahn zu jagen? Ein Kunde wird es bald wissen: Lamborghini hat das Einzelstück laut Markenchef Stephan Winkelmann bereits verkauft: für 2,1 Millionen Euro - vor Steuern. Etwas mehr als zwei Millionen Euro inklusive Mehrwertsteuer wird der offene Ableger des Bugatti Veyron 16.4 Super Sport kosten. Der stärkste Serienroadster der Welt trägt den Beinamen Grand Sport Vitesse, leistet 1200 PS, beschleunigt in 2,6 Sekunden auf 100 km/h und fährt bis zu 410 km/h schnell - allerdings nur mit Hardtop. Unter freiem Himmel können sich die Insassen immerhin bis 375 km/h dem Fahrtwind aussetzen.

Über unerwartete Wetterlaunen braucht sich im GTA Spano niemand Gedanken zu machen. In diesem Supersportwagen aus Spanien sitzt man zwar auch in einem lichtdurchfluteten Innenraum, allerdings unter einem Panoramaglasdach. Nachdem der Hersteller GTA Motor vor einem Jahr in Genf einen Prototyp der 831 PS starken V10-Flunder präsentiert hat, steht diesmal der fertige Serienwagen auf der Messe. Jetzt ist das Auto marktreif und in einer auf 99 Exemplare limitierten Auflage für mindestens 678 300 Euro zu haben.

So weit wie GTA Motor ist die Nissan-Tochter Infiniti mit dem Emerg-E noch nicht. Bei dem Konzeptfahrzeug der Japaner handelt es sich um einen Sportwagen mit Reichweitenverlängerer. Zwei Elektromotoren mit einer Gesamtleistung von 408 PS beschleunigen den Batterieboliden in vier Sekunden auf 100 km/h und weiter bis maximal 209 km/h. Den Entwicklern zufolge schafft das Auto bis zu 50 Kilometer rein elektrisch, bevor ein 1,2-Liter-Benziner Strom für weitere 430 Kilometer erzeugt. Im gemischten Betrieb ergebe sich so ein rechnerischer CO2-Ausstoß von 55 g/km, also weit weniger als bei konventionell motorisierten Kleinwagen. Ob der Emerg-E jemals in Serie geht, lässt Infiniti offen.

Ernsthafte Produktionsabsichten hatten die Designer von Bertone wohl nicht, als sie anlässlich des 100-jährigen Firmenbestehens für Genf die Supersportwagenstudie Nuccio entwarfen. Die extreme Keilform dieses futuristischen Schaustücks mit riesiger Frontscheibe und rundem Heck treibt einen Designtrend auf die Spitze. Zu den bekanntesten Autokeilen zählen der Lancia Stratos und der Lamborghini Countach. Der Nuccio soll fahrfähig sein, hinter den beiden Sitzen ist ein V8-Mittelmotor montiert.

Käufliche PS-Stars, die in Genf debütieren, sind zwei veredelte Supersportwagenmodelle: Aston Martin zeigt eine zulassungsfähige Version des V12 Vantage im Rennwagentrimm des italienischen Karosseriedesigners Zagato, von der 150 Exemplare gebaut und für jeweils 330 000 Britische Pfund - also rund 396 000 Euro plus Steuern - angeboten werden. Der bayerische Tuner Mansory hat sich den McLaren MP4-12C vorgenommen, die Leistung des 3,8 Liter großen V8-Motors um mehr als 60 PS auf 670 PS und damit die Höchstgeschwindigkeit auf 353 km/h angehoben. Auf der verbreiterten Karosserie ist ein Heckflügel montiert, der in Kombination mit einem Diffusor den Anpressdruck an der Hinterachse erhöhen soll.

Unter die Supersportwagen-Neulinge in Genf hat sich schließlich noch ein Mercedes C-Klasse Coupé gemogelt, das mit seiner Motorleistung die meisten reinrassigen Renner in den Schatten stellt. Unter der mattschwarzen Karosserie des Brabus Bullit 800 steckt ein aufgemotzter Zwölfzylindermotor aus der S-Klasse mit 800 PS, den der Bottroper Tuner mit einem Siebengang-Schnellschaltgetriebe kombiniert. Der Sprintwert auf Tempo 100 beträgt 3,7 Sekunden, und theoretisch könnte das Auto mehr als 370 km/h schnell fahren, wäre das Spitzentempo nicht auf 350 km/h begrenzt. "Es scheitert an den Reifen: Sie sind für höhere Geschwindigkeiten nicht zugelassen", erläutert Firmensprecher Sven Gramm. "Für den Umbau zerlegen wir das Serienauto komplett und bauen es ganz neu auf. 70 Prozent der Fahrzeugteile sind beim Bullit 800 modifiziert." Pro Jahr sollen zehn Exemplare in Handarbeit entstehen. So viel Extravaganz hat ihren Preis: Mit 449 820 Euro kostet der Wagen annähernd viermal so viel wie das mit 517 PS stärkste C-Klasse Coupé des Mercedes-Werkstuners AMG.