Elektrisch angetriebene Roller oder Zweisitzer könnten in absehbarer Zeit zum Trendmobil werden - und das keineswegs nur für die junge Generation.

Hamburg. Die Innenstädte übervölkert, die Straßen viel zu eng und Verkehr nur noch gegen City-Maut - wenn Forscher die Zukunft urbaner Mobilität vorhersagen, malen sie ihre Szenarien in düsteren Farben. Weil für Autos herkömmlicher Machart darin kaum mehr Platz ist, arbeiten die Hersteller an neuen Fahrzeugkonzepten. Sie sollen weniger Raum benötigen, ohne Schadstoffe auskommen und selbst einen Smart zum Riesen stempeln. "Mobilität für die letzte Meile", nennt VW-Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg den Arbeitstitel dieses Forschungsansatzes. Bei der Frankfurter IAA fuhr er kürzlich auf einem elektrisch angetriebenen Tretroller von der Bühne, der im Kofferraum der Pkw-Studie E-Up! geladen und gelagert werden kann.

Das ist jedoch nicht das einzige Gefährt, das VW für die Wege zwischen geparktem Auto und Restaurant, Kino oder Fitnessstudio im Kopf hat: Das Concept-Team "Städtische Mikromobilität" im Designcenter Potsdam hat dafür auch ein Klapprad mit elektrischen Radnabenmotoren oder ein Elektromoped entwickelt, das sich zusammenfalten lässt und in das Heck des E-Up! passt.

In eine ähnliche Richtung geht der "Puma", den General Motors (GM) vor Kurzem als Prototyp vorgestellt hat. Er bietet Platz für zwei Personen und nutzt die Steuerung von Entwicklungspartner Segway. Wie deren einachsigem Roller lenkt man den Puma mit Gewichtsverlagerung. Auch er nutzt einen Elektroantrieb, kommt auf 60 km/h und hat eine Reichweite von 56 Kilometern. GM-Forscher Christopher Borroni-Bird sieht für den Zweisitzer noch mehr Möglichkeiten: Weil der Einachser seine Umwelt automatisch im Blick hat, könnte er sich auch ohne Fahrer bewegen. "Wenn man am Ziel ist, rollt der Puma alleine zum Parkplatz. Und wenn man weiter will, ruft man ihn so ähnlich wie seinen Hund wieder heran."

Selbst wenn seine Visionen nicht ganz so futuristisch klingen, ist auch BMW-Chef Norbert Reithofer überzeugt, dass die zunehmende Verstädterung eine neue Generation von Fahrzeugen erforderlich macht. Dafür entwickeln die Bayern bereits ihr sogenanntes Mega City Vehicle, das bis 2015 mit Elektroantrieb debütieren soll. Viele Details dazu gibt es noch nicht, doch ein Format unterhalb des Mini und das BMW-Logo sind für den Stadtflitzer der Zukunft angeblich beschlossene Sache. Aber das alleine ist möglicherweise noch nicht genug. "Auch darunter sehen wir noch Platz für intelligente Stadtfahrzeuge", sagt Reithofer und stellt eine verstärkte Kooperation zwischen den Motorrad- und Pkw-Entwicklern in Aussicht. Ein Konzept wie der überdachte Roller C1 könnte dabei wieder ganz neue Reize gewinnen.

Dass diese Idee nicht ganz abwegig ist, zeigt die Studie Twizy, die Renault auf der IAA präsentiert und für 2012 in Aussicht gestellt hat. Ähnlich wie im C1 sitzen darin zwei Passagiere hintereinander unter einem Glasbogen, werden aber an der Seite von Holmen geschützt. Angetrieben wird das Gefährt, das trotz seiner vier Räder extrem wendig sein soll und irgendwann einmal die Vespa aus der Innenstadt verdrängen könnte, von einem Elektromotor. Er hat 20 PS, kommt auf 75 km/h und hat eine Reichweite von 100 Kilometern.

Der Schweizer Ingenieur Walter Egli hat ein elektrisches Board auf drei Rädern mit Lenkrad erfunden, das ein weiteres neues Trendfahrzeug werden könnte - und zwar nicht nur für junge Leute, sondern aus Sicht des Erfinders auch für Rentner. Durch die Fähigkeit zur seitlichen Neigung vermittelt die Carving-Achse des Rollers ein Fahrgefühl wie auf der Skipiste. Den mit zwei Batterien ausgestatteten Roller gibt es mit 500- und 1000-Watt-Motor zu Preisen ab etwa 3000 Euro. Die aufladbaren Akkus haben eine Reichweite von bis zu 60 Kilometern, die Stromkosten liegen bei 20 Cent pro 100 Kilometer. Kürzlich hat Egli mit dem Händler Michael Renn auf dem Berliner Kurfürstendamm ein erstes Hauptgeschäft für Europa eröffnet. Verkaufen wollen sie die Gefährte an Privatleute und kommerzielle Vermieter, etwa für Golfplätze und Flughäfen. In Deutschland dürfen Bikeboards bislang nur auf Straßen und auf speziell ausgewiesenen Radwegen genutzt werden. Außerdem sind Führerscheine nötig: "Die bis zu 25 km/h schnellen Modelle sind als Mofa zugelassen, die schnelleren als Motorroller", erklärt Renn. Der ADAC hält Mobilitätshilfen wie diese für sinnvoll. Laut Sprecher Michael Pfalzgraf "leisten sie einen Beitrag zu einem sauberen Stadtverkehr und vergrößern den persönlichen Aktionsradius".

Ohnehin werden sich die Menschen wohl umgewöhnen müssen, wenn sie auch in Zukunft in der Stadt nicht laufen wollen. Denn auch aus Asien kommen immer wieder Fahrzeugkonzepte, die das Vorstellungsvermögen auf eine harte Probe stellen: Honda rückt den U3-x ins Rampenlicht: Gebaut wie ein futuristisches Einrad, wird das hüfthohe Gefährt mit Gewichtsverlagerung gesteuert, kann in alle Richtungen fahren und kommt mit seinem Lithium-Ionen-Akku eine Stunde weit. So fern ist die Zukunft der elektrischen Mikromobilität gar nicht: Den ebenfalls elektrisch angetriebenen Einachs-Roller Segway kann man bereits kaufen. Und nach einem langjährigen Behördenmarathon darf man ihn jetzt auch auf der Straße fahren.