Chefdesigner Adrian van Hooydonk erklärt im Interview, weshalb BMW-Marken erfolgreich sind

Adrian van Hooydonk ist seit Februar dieses Jahres BMW-Chefdesigner und damit auch verantwortlich für die Marken Mini und Rolls-Royce. Unter der Regie des gebürtigen Niederländers kamen der neue 7er BMW und der Z4 auf den Markt. Fahrzeuge, die sich von ihren Vorgänger-Modellen deutlich unterscheiden.

Hamburger Abendblatt: Herr van Hooydonk, auf der IAA hat BMW einen Sportwagen gezeigt, der zwei Elektromotoren mit einem Turbo-Diesel kombiniert. Ein Zukunftsmodell, das man aber kaum noch als BMW erkennt. Worin liegt der Sinn, einen solchen Sportwagen zu zeigen?

Adrian van Hooydonk: Das Auto ist schon als typischer BMW erkennbar: Er hat die Doppelniere vorn, und er trägt typische Rundscheinwerfer. Auch die Proportionen sind BMW-typisch. Richtig ist aber, dass die Formensprache futuristisch ist. Das genau war unsere Absicht bei diesem Auto: eine Zukunft zu zeigen, die positiv ist, weil sie Effizienz mit einem hochemotionalen Design verbindet.

Abendblatt: Die Form soll der Funktion folgen und trotzdem bestechend wirken?

van Hooydonk: Bei BMW wie auch bei unseren Marken Rolls-Royce und Mini erwarten unsere Kunden, dass die Funktion besser als gut ist. Darüber hinaus müssen unsere Autos aber auch Emotionen auslösen und unsere Kunden berühren. Sie sind seit Februar dieses Jahres Chefdesigner als Nachfolger des umstrittenen Chris Bangle.

Abendblatt: Was wird sich bei BMW ändern?

van Hooydonk: Wir haben fast 17 Jahre in der Designentwicklung zusammengearbeitet. Ich war schon in den zurückliegenden vier Jahren verantwortlich für das Design der BMW-Automobile. In dieser Zeit sind der neue BMW 7er und der Z4 entstanden. Beide Fahrzeuge vereinen sehr gut Dynamik und Eleganz. In Zukunft werden wir auch vom Design her das Thema Effizienz stärken betonen. Wir arbeiten an Autos, die das zeigen. Große Chancen sehe ich für unsere Marke Mini: Kleine und schicke Autos werden sehr gefragt sein.

Abendblatt: Wie schwer war es denn, die neue Form des 7er BMW gegen ihren früheren Chef durchzusetzen?

van Hooydonk: Entscheidend war, wie der Vorstand die Entwürfe beurteilt. Wie sich zeigt, wird das Design gut angenommen. Das Auto führt im Oberklasse-Segment.

Abendblatt: Ist das Heck bei BMW in der Vergangenheit ein Problembereich gewesen?

van Hooydonk: Es gab sicher um das Heck mehr Diskussionen als um die Front, vor allem beim 7er. Ich glaube, dass der neue 7er sehr gelungen ist, weil drei Dinge gut kombiniert sind: Dynamik, Eleganz und Präsenz. Das sind Forderungen, die schwierig zu kombinieren sind. Wir wollten das aber unbedingt erreichen, weil sie über den Verkauf einer Luxuslimousine entscheiden. In der Front kommt die Präsenz besonders stark zur Geltung, durch das Heck eher die Sportlichkeit. Das Auto sitzt sehr satt auf den Rädern, zeigt sehr viel Breite durch die Leuchtengestaltung. Und die Eleganz betont die Seitenansicht: die lang gestreckte Haube und die fließenden Linien in der Seitenfenstergrafik.

Abendblatt: Halten Sie es für richtig, dass sich jeder Wagen einer Marke von vorn so ähnelt, dass man die Modelle im Rückspiegel nicht mehr unterscheiden kann?

van Hooydonk: Das ist nicht unsere Philosophie. Wir wollen, dass die Modelle unterscheidbar bleiben.

Abendblatt: Audi zählt heute zu Ihren schärfsten Konkurrenten, woran liegt das?

van Hooydonk: Wir wissen von allen Premium-Marken, dass das Design Kaufgrund Nummer eins ist. Das gilt auch für die BMW Group. Auf der IAA hat BMW den X6 als Full-Hybrid gezeigt.

Abendblatt: Ist dieses Auto vom Design her noch zeitgemäß?

van Hooydonk: Ja, das denke ich schon. Es verkauft sich auch ohne Hybridantrieb sehr gut. Der X6 ist ein Auto, das einen starken Charakter ausdrückt. Es ist ein Auto, das polarisiert und ein Nischenprodukt ist. Die BMW Group war immer sehr erfolgreich im Aufspüren von Nischen.

Abendblatt: Ist das Auto drei Jahre zu spät auf den Markt gekommen?

van Hooydonk: Nachdem ich jetzt die Verkaufszahlen erfahren habe, glaube ich das nicht. Aber es ist richtig, dass wir vom X6 auch eine Hybridversion vorbereiten. Wir werden bei den größeren Fahrzeugen wie X6 und 7er zuerst die Hybridtechnik einführen. Wir zielen darauf ab, den Gesamtflottenverbrauch zu senken und die Emissionen auf unter 140 gr/CO2 pro Kilometer zu senken.

Abendblatt: 7er BMW und X6 werden durch den Hybridantrieb auch nicht zu Sparmodellen.

van Hooydonk: Bei kleineren Fahrzeugen kann man mit konventionellen Techniken den Verbrauch senken. Bei den größeren muss man tiefer in die Trickkiste greifen, zum Beispiel durch Hybridtechnik. Wir liegen im Vergleich mit konkurrierenden Herstellern deutlich besser. Die Anforderungen an den Fußgängerschutz werden höher, und die Autos sollen weniger Windwiderstand bieten.

Abendblatt: Wird es dadurch schwerer, emotionale Autos zu entwerfen?

van Hooydonk: Es wird schwerer. Wir werden aber auch unter den neuen Bedingungen unser Markengesicht behalten. Im Gegensatz zu früher müssen wir aber bei der Entwicklung jeden Millimeter auf der Fronthaube im Auge behalten.

Abendblatt: Aber das Gesicht wird sich trotzdem verändern?

van Hooydonk: Ja, aber nicht durch den Fußgängerschutz. Wir werden beim Design Veränderungen vornehmen, aber die BMWs kommender Generationen werden als solche erkennbar bleiben. Obwohl wir die Aerodynamik stärker in die Formensprache einfließen lassen.

Abendblatt: Können Sie ein Beispiel nennen?

van Hooydonk: Schauen Sie sich die Heckleuchten unserer neuen Modelle an, Sie werden in dem Abdeckglas eine scharfe Kante entdecken. Das bringt aerodynamische Vorteile. Solche Details werden wir künftig stärker beachten.

Abendblatt: Wo gibt es denn überhaupt noch Möglichkeiten, Ihre Fahrzeuge windschnittiger zu gestalten?

van Hooydonk: Die Aerodynamik braucht so genannte Abrisskanten, die Luft muss dorthin sehr genau geführt werden. Leichtbau, Antrieb und Aerodynamik werden künftig eine entscheidende Rolle beim Verbrauch spielen.

Abendblatt: BMW-Modelle sehen vorn aggressiv aus, warum?

van Hooydonk: Wir reden eher von einem konzentrierten Blick. Ein Sportler, der bei einem Rennen am Start steht, guckt auch nicht freundlich, sondern konzentriert. Und ein BMW muss von vorn so aussehen, als ob er für die Bewegung gebaut ist. Wir wollen dabei aber nicht zu aggressiv wirken. Das machen andere Hersteller, auch mit der Frontgestaltung durch Licht.

Abendblatt: An wen denken Sie?

van Hooydonk: Das liegt doch auf der Hand.

Abendblatt: Sie wollen Audi nicht nennen?

van Hooydonk: Das liegt immer am Auge des Betrachters.