Ob die Autostadt in Wolfsburg, die neue BMW-Welt in München oder das Stuttgarter Porsche-Museum: Die Großen der Branche haben einen erfolgreichen Weg gefunden, den Kunden ihre Marke näherzubringen.

Hamburg. Deutschlands Familienattraktionen sind nicht allein die klassischen Freizeitparks. Das Geschäft ist fest in der Hand der Autohersteller, wie ein Blick auf die Autostadt von Volkswagen, das Mercedes-Benz-Museum, die BMW-Welt und das Porsche-Museum zeigen. Zwar ist mit rund vier Millionen Besuchern der Europark Rust Marktführer unter den kommerziellen Freizeitattraktionen in Deutschland, doch direkt dahinter folgen bereits die Auto-Erlebniswelten. Die Wolfsburger Autostadt besuchen jährlich 1,94 Millionen Menschen, zum Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart zieht es knapp eine Million Besucher pro Jahr und die BMW-Welt zählte rund 850 000 Gäste im ersten Jahr ihres Bestehens.

Die Auto-Erlebniswelten lohnen sich für die Hersteller, denn keine der Anlagen ist ein Zuschussgeschäft - im Gegenteil. Die Autostadt von Volkswagen mit den angeschlossenen Restaurants, dem Ritz Carlton-Hotel und dem Selbstabholungszentrum für Neuwagen verdient Geld. Auch die eher klassisch ausgelegten Museen von Mercedes-Benz und Porsche in Stuttgart benötigen keine Zuschüsse. Viel wichtiger ist aber, dass die Hersteller einen Weg gefunden haben, Kunden und Interessenten die Marke näherzubringen. Und das ist in der heutigen Zeit nicht ganz einfach geworden. Firmenfusionen und zahlreiche technisch identische Autos unter verschiedenen Markenlogos sorgen für Verwirrung beim Kunden. Weshalb sich für eine E-Klasse von Mercedes entscheiden und nicht für den 5er von BMW? Warum für einen Audi A3 rund 2500 Euro mehr zahlen als für einen mehr oder weniger identischen VW Golf? Häufig gibt das Firmenlogo den Ausschlag - zu ähnlich sind sich die Autos heute geworden.

So versuchen Marketingexperten der Marke ein Gesicht, einen Charakter zu geben. Der Wirtschaftswissenschaftler Franz-Rudolf Esch stellt fest, dass starke Marken bei Käufern nicht nur funktionale Eigenschaften haben, sondern Gefühle und Erfahrungen beinhalten. Das bedeutet, je emotionaler eine Marke ist, desto besser kann sie sich von anderen Marken unterscheiden und damit mehr Umsatz generieren. Und eben diese Emotionen lassen sich in Erlebniswelten besonders gut transportieren.

Schon in der Konzeption entscheidet sich, welcher Erlebnispark erfolgreich ist und welcher nicht. Negativbeispiel ist in dieser Hinsicht Opel Live in Rüsselsheim. 1999 entstand der Themenpark in Werksnähe. Der Hersteller investierte 65 Millionen D-Mark, um Kunden und Interessenten die Marke näherzubringen. Der Erfolg blieb jedoch aus, im ersten Jahr kamen nur 150 000 Gäste. Ein Zuviel an Werbung und ein Zuwenig an Erlebnis scheinen für das Scheitern verantwortlich zu sein.

Erfolgreicher war VW. Dort nahm sich der heutige Autostadt-Geschäftsführer Otto F. Wachs des Themas an und kreierte mit 400 Architekten und Beratern eine Erlebniswelt, deren Wahrzeichen heute zwei zylinderförmige Glastürme sind. Wachs freut sich: "Die Familie besucht die Autostadt freiwillig in ihrer Freizeit und ist bereit, für dieses Erlebnis Geld auszugeben." Um die Besucher zu überzeugen, wird einiges geboten: Neben sechs Marken-Pavillons für die einzelnen Konzernmarken gibt es unter anderem 13 Restaurants mit mehr als 1200 Sitzplätzen, Fahrsimulatoren sowie die multimediale Ausstellung "Level Green - Die Idee der Nachhaltigkeit". Im "ZeitHaus", dem besucherstärksten Automuseum weltweit, wird die Geschichte der Motorisierung vom ersten Auto bis heute aufgearbeitet - unabhängig davon, ob es sich um eine Konzernmarke handelt oder nicht. Selbst in den Pavillons zu den einzelnen Konzernmarken finden sich keine Logos. Wachs betont: "Die Autostadt ist ein werbefreier Raum." Nur Besucher, die es ausdrücklich erlauben, erhalten auch Produktwerbung. Diese Souveränität kommt an.

Mercedes-Benz rühmt sich nicht nur als Erfinder des Automobils, sondern auch als Erfinder des Erlebniscenters. Vor 56 Jahren konnten die ersten Kunden in Sindelfingen ihr fabrikneues Auto abholen. Heute versucht man dort mit der eigenen Historie Besucher anzulocken. 2006 wurde das rund 150 Millionen Euro teure Museum in Untertürkheim eröffnet. "Mythenräume" nennt Mercedes-Benz seine Hallen, und in diesen Räumen stehen Ikonen - freilich nur von der eigenen Marke. Gleiches gilt für das kürzlich eröffnete Museum von Porsche. Hier zeigt sich, dass nicht nur Erlebniscenter die Marke stärken können, sondern dass es auch anders herum geht. So eröffnet sich für Porsche durch das Museum ein ganz neues Geschäftsfeld. "Bereits jetzt gibt es mehr als 250 Anfragen für Veranstaltungen im Porsche-Museum", berichtet Museumsleiter Achim Stejskal. Der Bau ist in und um Stuttgart bereits jetzt eine In-Location. Keine schlechte Entwicklung, wenn man bedenkt, wie ein Porsche-Sprecher anmerkt, dass "zuvor an dieser Stelle der Frauenparkplatz war".

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