Zunächst sollen Hybridmodelle die Umwelt entlasten. Benziner und Diesel verbrauchen bald deutlich weniger.

Boxberg/Hamburg. Bei aller Begeisterung für technische Entwicklungen der Zukunft bleibt der Mann überzeugter Realist. "Der Weg zum Elektroauto wird mindestens so schwer wie der Ausweg aus der derzeitigen Krise - und vor allem wird er länger dauern." Bernd Bohr, beim weltgrößten Autozulieferer Bosch für den Unternehmensbereich Kfz-Technik zuständig, warnt vor allzu optimistischen Ankündigungen aus der Autoindustrie, schon in Kürze könnten Elektroautos zumindest in Ballungsräumen das Verkehrsgeschehen revolutionieren. "Das Elektroauto wird anfangs in kleinen Stückzahlen in Nischen auf die Straße kommen und erst nach dem Jahr 2020 deutlicher wahrnehmbar sein."

Hauptproblem bei der Entwicklung von elektrisch betriebenen Fahrzeugen ist die komplizierte Batterietechnik, vor allem die bislang unzureichende Energiedichte. Immerhin kann ein Kilogramm Benzin einen 50- bis 100-fach höheren Energiegehalt als ein Kilo Batterie speichern, entsprechend größer ist nach dem heutigen Stand der Technik die Reichweite eines Diesel- und Benziner-Pkw gegenüber einem Stromer. Für die Mindest-Reichweite von 200 Kilometern (die im Alltagsbetrieb laut einer Umfrage von jedem dritten deutschen Pkw-Käufer akzeptiert würde) benötigt ein Elektroauto eine Batteriekapazität von rund 35 Kilowattstunden. Das allerdings setzt derzeit rund 250 Kilo schwere Lithium-Ionen-Akkus voraus. Ein Wert, der nach Auffassung der Ingenieure bis zum Serienstart noch deutlich verringert werden müsste. Und noch schwieriger sieht es auf der Kostenseite aus: Ein solcher Stromspeicher kostet nach derzeitigem Stand etwa 17 000 Euro und wird sich selbst in einigen Jahren noch in einer Spanne zwischen 8000 und 12 000 Euro bewegen. Bosch-Bereichsvorstand Wolf-Henning Scheider: "Um mit einem Elektroauto über akzeptable Distanzen rein elektrisch fahren zu können, müssen noch viele technologische Meilensteine erreicht werden." So muss der Stromspeicher mühelos Hunderte von Ladezyklen unbeschadet überstehen und soll seine Energie auch bei extremen Temperaturbedingungen zuverlässig abgeben.

Probleme, die aber zu meistern sind. Der US-Hersteller Tesla beispielsweise bietet schon einen langstreckentauglichen Roadster an, der mit Lithium-Ionen-Akkus bestückt ist, über 200 km/h schnell fährt und bis zu 300 Kilometer Fahrtstrecke schafft, bevor er wieder an die Steckdose muss. Allerdings wird der Käufer hierzulande für soviel umweltverträgliche Technik mit knapp 120 000 Euro zur Kasse gebeten. Auch der Autozulieferer Continental will in absehbarer Zeit entsprechende Lithium-Ionen-Akkus für einen geräuschlos und emissionsfrei zu bewegenden Pkw anbieten.

Eine geringere Reichweite könnte die Kosten eines Elektroautos zwar reduzieren, würde aber auf Zurückhaltung bei den Kunden stoßen. Laut Statistik bewegen die meisten Autofahrer ihren Wagen maximal 80 Kilometer am Tag - wollen aber nicht gefühlsmäßig ständig auf Reserve fahren. Um Kosten zu senken, ist eine Großserienfertigung der Akkus nötig. In absehbarer Zeit werden elektrisch betriebene Fahrzeuge das Straßenbild noch nicht beherrschen. Bosch-Prognosen zufolge werden im Jahr 2015 voraussichtlich etwa 500 000 Elektroautos weltweit gebaut (bei einer Gesamt-Fahrzeugproduktion von 85 bis 90 Millionen), bis 2020 könnte sich die Zahl auf drei Millionen erhöhen. Beim Stromkonzern RWE ist man optimistischer und rechnet damit, dass 2020 schon jede dritte Neuzulassung in Deutschland ein Elektroauto sein wird.

Bis dahin werden bekannte Technologien mit Milliarden-Aufwand weiterentwickelt. Etwa die Hybrid-Technik, also die Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor. Mercedes bietet jetzt eine Hybridversion der S-Klasse an, insbesondere beim kraftstoffzehrenden Anfahren greift der Elektroantrieb unterstützend ein. Die beiden Geländewagen-Schwergewichte Porsche Cayenne und VW Touareg gibt es vom kommenden Jahr an auch als Hybridversion. Beim etwa 90 000 Euro teuren Cayenne soll sich der Benzinverbrauch gegenüber der Benziner-Variante von 12,4 auf weniger als 9 Liter/100 km Normverbrauch verringern.

Doch auch diejenigen Autobesitzer, die der künftigen Batterietechnik noch skeptisch begegnen, können sich bei Diesel und Benziner auf geringere Verbräuche freuen. Wesentliche Faktoren sind dabei die Direkteinspritzung beim Ottomotor, der Einsatz von Turboladern bei gleichzeitig verringertem Hubraum sowie die Nutzung eines Start-Stopp-Systems zum automatischen An- und Abschalten des Motors beispielsweise an der Ampel oder im Stau. "Der Benziner des Jahres 2015 wird nur noch 5,5 Liter pro 100 Kilometer brauchen - und damit 29 Prozent weniger als ein aktueller Standard-Benziner (2 Liter Hubraum, vier Zylinder, 140 PS Leistung)", heißt es bei Bosch. Beim Dieselmotor hält man im gleichen Zeitraum eine Reduzierung des Verbrauchs auf 3,6 Liter/100 km für realistisch - ein Drittel weniger als der momentane Durchschnittskonsum.