Der Wolfsburger punktet bei Komfort, Fahrspaß, Sicherheit und Verbrauch. Beim Opel gefällt der dynamische Auftritt, beim Franzosen der Motor.

Hamburg. Deutschland bangt um Opel. An Sympathie fehlt es dabei nicht. Und jetzt liefert uns Rüsselsheim den schönsten Grund dafür - sein Name: Insignia Sports Tourer. Endlich ein Opel-Kombi, der stilsicher und dynamisch auftritt. Bevor er aber den Premiumherstellern auf die Pelle rückt, muss er sich erst einmal seinen Mittelklassegegnern stellen. Härtester Widersacher ist der VW Passat Variant, der Liebling der deutschen Kombi-Nation. Und damit der Maßstab - obwohl er schon vier Jahre beim Händler steht. Mehr Lifestyle-Laster als Nutzwert-Riese will dagegen der Renault Laguna Grandtour in dem Dreikampf sein.

Mit 4,91 Meter Länge übertrifft der Insignia den Laguna um elf Zentimeter, den Passat sogar um 14 Zentimeter. Im Opel profitieren davon aber nur die Passagiere in der ersten Reihe. Hier reisen selbst Hünen ausgesprochen bequem. Der große Verstellbereich von Lenkrad und Sitzen ermöglicht jedem eine angenehme Sitzposition. Der wuchtige Armaturenträger ist so gut verarbeitet, dass fast Oberklassegefühl aufkommt. Auch der Passat ist ein gewissenhaft zusammengebautes Auto. Und selbst der Laguna lässt sich keine Schlampigkeit ankreiden - mit einer kleinen Ausnahme: Unterschiedliche Spaltmaße trüben den ansonsten ordentlichen Qualitätseindruck.

Wichtiger: Vorn kommt in keinem der drei Platzangst auf. Hinten bietet der kurze Passat am meisten Luft. Auf der schmalen und wenig Beinauflage bietenden Opel-Bank wird es dagegen schon für drei Teenager eng, der Laguna-Fond ist ebenfalls knapper geschnitten. Vorteil VW auch beim Kofferraum: Während sich Opel- und Renault-Käufer mit dem Urlaubsgepäck einschränken müssen, reicht beim Passat der Platz locker auch noch für das Schlauchboot der Kinder.

Der 200-PS-Direkteinspritzer macht den Passat zur Familienrakete. Er tritt schon im Drehzahlkeller spontan an, hängt im mittleren Tourenbereich bissig am Gas und dreht lustvoll in Richtung Begrenzer. Dabei arbeitet er leise und säuft nicht. Dagegen enttäuscht der 1,6-Liter-Turbo des Insignia aufgrund der unharmonischen Leistungsentfaltung. Unter 2000 Touren ist der raue Motor noch ganz schön verschlafen. Darüber holt er erst mal tief Luft und stürmt heftig voran, um sich kurz darauf schon wieder eine Pause zu gönnen. Erst ab 4000 Touren dreht er auf, dröhnt dann aber laut. Der 204 PS starke Renault-Turbo ist dagegen ein kräftiger Bursche, der Gaspedalbewegungen fix umsetzt. Bei hohen Touren arbeitet er jedoch brummig, außerdem trinkt er zu viel.

Als Insignia Edition verwöhnt der Opel mit Klimaautomatik, CD-Radio, DVD-Navigation und bequemen Komfortsitzen. Dazu federt er kommod, speziell mit dem adaptiven FlexRide-Fahrwerk (930 Euro). Im soften Tour-Modus gleitet der große Kombi souverän über Unebenheiten. Das kann der Passat aber genauso gut, Querfugen und Kanten schluckt das elektronisch geregelte DCC-Fahrwerk des VW Passat (1025 Euro) sogar noch einen Tick besser. Beim getesteten Passat Variant Comfortline kosten allerdings viele Annehmlichkeiten (Klimaautomatik, Radio, Navigation) Aufpreis, die beim Insignia Sports Tourer Edition schon serienmäßig mitfahren. Den sportlichen Laguna Grandtour GT gibt es nur mit Vollausstattung (u. a. Xenonlicht, Zweizonen-Klima, Einparkhilfe). Dazu zählen auch die straffe Federung und 18-Zoll-Aluräder mit Niederquerschnittreifen. Das schöne Schuhwerk verschlechtert aber den Komfort, vor allem Querfugen reicht der Renault trocken durch.

Hält der Insignia Sports Tourer, was Name und dynamisches Aussehen versprechen? Bei plötzlichen Ausweichmanövern oder bei Lastwechseln in schnellen Kurven drängt das Heck erstaunlich weit nach außen, bevor es vom ESP eingefangen wird. Dynamik soll auch die sehr direkt ansprechende Lenkung vermitteln, die aber zu leichtgängig arbeitet und wenig Fahrbahnkontakt vermittelt. Auf kurvigen Strecken fällt es schwer, mit dem Opel eine saubere Linie zu fahren. Da gefällt uns der Laguna GT mit seiner Allradlenkung besser. Bis Tempo 60 biegt der Franzose so zackig ums Eck, als hätte er irgendwo ein Klappscharnier eingebaut - gewöhnungsbedürftig, aber spaßig. Und sicher, das garantieren ein straffes Fahrwerk und ein aufmerksames ESP.

Aber den besten Kompromiss bietet einmal mehr der Passat. Mit fast schon aufreizender Lässigkeit demonstriert der Wolfsburger, wie gut sich Komfort, Fahrspaß und Sicherheit unter einen Hut bringen lassen. Und er schneidet auch an der Zapfsäule besser ab als seine Mitbewerber: Im Schnitt fordert er 9,2 Liter Super. Opel (9,4 Liter) und Renault (9,8 Liter) konsumieren mehr.

Fazit: Der VW Passat Variant gewinnt mit großem Vorsprung. Der Insignia kann sich letztlich sogar nur knapp vor dem Renault Laguna behaupten. Dabei ist der Insignia Sports Tourer ein gutes Auto, das Konzept stimmt. Mit einem harmonischeren und sparsameren Antrieb und etwas Feintuning an Lenkung und ESP ist der Opel-Kombi bei der Musik. Das gilt ebenso für den Renault Laguna Grandtour GT. Mehr Komfort, weniger Verbrauch - schon ist für den Franzosen ebenfalls mehr drin.