580-PS-Aggregat und Allradantrieb sorgen für Fahrleistungen wie bei einem Sportwagen.

Le Castellet. Auf der nach oben offenen PS-Skala schreibt deutsche Ingenieurskunst erneut Rekorde: Audi bestückt das sportliche Topmodell seines Mittelklässlers A6, den RS6 Avant, jetzt mit einem von zwei Turboladern beatmeten Zehnzylindermotor. Mit 580 PS Leistung ist der Wagen nicht nur der derzeit stärkste Serien-Audi, sondern auch der kraftvollste Kombi aller Zeiten. Im Mai rollt das Sportgerät mit dem großen Kofferraum zu den Händlern, wenig später debütiert dann auch die RS6 Limousine. So viel Power und fünf Liter Hubraum haben ihren Preis: Den Kombi gibt es ab 106 900 Euro.

Hatte die Konkurrenz von BMW und Mercedes AMG zuletzt mit ihren Produkten noch etwas schamhaft die 500-PS-Grenze überschritten, so holt die Quattro-Fraktion in Ingolstadt allen Öko-Appellen zum Trotz nun beherzt zum Gegenschlag aus. Mit dem Resultat, dass der RS6 sich in seinen Fahrleistungen selbst einem (immerhin 500 Kilo leichteren) Porsche Turbo in der Beschleunigung nur knapp geschlagen geben muss. In 4,6 Sekunden wird der mehr als zwei Tonnen schwere Kombi auf Tempo 100 katapultiert, und die 200-km/h-Marke ist in weniger als 15 Sekunden passiert. Erst bei Tempo 250 zügelt die Elektronik das Temperament des Motors. Für rund 1500 Euro kann man die Tempogrenze allerdings auf 280 km/h ausdehnen. Ohne Eingriffe in die Motorsteuerung würde der vehemente Vorwärtsdrang gar erst bei etwa 315 km/h vom Luftwiderstand gebremst. Der offizielle Normverbrauch von 14 Liter Super Plus/100 km (333g CO2/km) ist bei solchem Potenzial natürlich nur Makulatur.

Der extremen Leistung wurden Fahrwerk und Bremsanlage angepasst. Großzügig dimensionierte Scheibenbremsen sorgen jederzeit für eine zupackende Verzögerung. Noch standfester sind die zum Aufpreis von 8200 Euro offerierten Keramikbremsen, die allerdings nur in Verbindung mit ebenfalls optionalen 20-Zoll-Rädern erhältlich sind. Dafür sollen sie Laufleistungen um die 300 000 Kilometer erreichen und damit ein Autoleben lang halten. Genauso souverän präsentiert sich das Fahrwerk des RS6 Avant. Mit einem flexibel auf den Straßenzustand reagierenden Quattro-Allradantrieb, einem System zur Stabilisierung der Karosserie in schnell durcheilten Kurven und den dreistufig einstellbaren Dämpfern lässt der Audi bei Sportfahrern keine Wünsche offen. Wer von der abgesperrten Rennstrecke auf Autobahn oder Landstraße wechselt, kann die Dämpfereinstellung entsprechend ändern. Und erlebt den RS6 danach nicht mehr bretthart, sondern komfortabel gefedert und damit langstreckentauglich.

Dabei krallt sich der Schnelltransporter mit seinem bis zu 1660 Liter fassenden Laderaum bei jedem Sprint förmlich in den Asphalt, folgt dank seiner präzisen Lenkung spurtreu jedem Kurvenverlauf. Für die Kraftübertragung sorgt das Automatikgetriebe tiptronic, bei dem die Schaltzeit noch einmal halbiert wurde. Wer auf manuelle Gangwahl nicht verzichten mag, greift zum Wählhebel in der Mittelkonsole oder bedient die Alu-Schaltwippen hinter dem Lenkradkranz. Eher zurückhaltend gibt sich der RS6 im Design: Die Frontpartie wird geprägt von großen Lufteinlässen für Motor und Kühlung, an der Flanke fallen die im Stil des Ur-Quattros abgeflachten Radläufe auf, am Heck prangt ein großer Diffusor zwischen den ovalen Endrohren - die das heiser-brummelnde Lied des Zehnzylinders singen.