Das Kleinfahrzeug “Clever“ beansprucht nur wenig Raum, ist günstig im Verbrauch und belastet kaum die Umwelt.

Berlin. Drei Meter lang, einen Meter breit - so sieht sie aus, die pfiffige Lösung für das Stadtfahrzeug der Zukunft. Doch was ist das eigentlich für ein seltsames Gefährt, mit dem Heiko Johannsen gerade flott aus der Motorenhalle brettert, einige schnittige Vorführrunden auf dem alten Fabrikgelände in Berlin-Wedding dreht und schließlich butterweich zum Stillstand bremst?

Sicher ist: Es handelt sich nicht um ein Motorrad, auch wenn das Vorderrad mit Schwinge und Dämpfer von demselben stammt. Es ist weder ein Auto noch ein Kabinenroller aus den 50-er Jahren. Was da über das Hoppelpflaster rollt, ist, nüchtern und unspektakulär betrachtet, zunächst nichts weiter als ein motorisiertes Fahrzeug mit drei Rädern, das ganze 400 Kilo wiegt, zwei Personen Platz bietet und es auf 80 km/h Spitze bringt.

"Clever" heißt diese seltsame, aber doch elegante Kreuzung: Das klingt recht unbescheiden, doch der Name ist Programm: "Clever steht für Compact Low Emission Vehicle for Urban Transport", erklärt Projektleiter Johannsen vom Institut für Land- und Seeverkehr der Technischen Universität Berlin, auf Deutsch also "Kleinfahrzeug mit niedrigen Abgasemissionen für den Stadtverkehr." Damit ist Clever nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine neue technologische Antwort auf die Schlüsselfrage der Zukunft, wie angesichts künftiger Megastädte- und Megamobilitätsszenarien ein umweltschonendes, intelligentes Transportmittel für den Individualverkehr aussehen könnte.

"Unser Ansatz war, mit Clever ein Fahrzeug zu entwickeln, das möglichst wenig Raum beansprucht, möglichst wenig Kraftstoff verbraucht und nur geringe Abgas-Emissionen produziert", erläutert Johannsen die Zielstellung. Orientiert habe man sich dabei am Smart. Dessen Gewicht, Breite, Motorleistung und Kohlendioxid-Ausstoß wollte man halbieren, zugleich aber auch ein sehr sicheres Vehikel entwickeln mit interessantem Design. Und nicht zuletzt soll Clever auch ein ganz neuartiges Fahrvergnügen bieten.

Mit 2,2 Millionen Euro finanzierte die Europäische Union dieses Vorhaben; drei Universitäten und sechs Partner aus der Industrie, darunter BMW, haben daran getüftelt, die Technische Universität Berlin leitet das Projekt. Ergebnis: Clever ist ein Vehikel, in dem jede Menge Zukunfts-Knowhow steckt und das in allen angepeilten Parametern mit prima Werten brillieren kann. So ist es zum Beispiel extrem sparsam: Der 230 Kubikzentimeter- Einzylinder mit 17 PS, ein modifizierter C1-Motor von BMW, der auf Erdgas umgestellt wurde, verbraucht - umgerechnet in Benzin - 2,4 Liter auf 100 Kilometern. Die Reichweite beträgt etwa 150 Kilometer. Die zwei Sechsliter-Gasflaschen im Heck können problemlos an Tankstellen und Supermärkten ausgetauscht werden. Ein weiteres Plus dieses Antriebs zeigt sich vor allem im Stadtverkehr: Erdgasmotoren laufen deutlich leiser als Benziner oder Diesel.

Clever ist außerdem sehr sauber. Autos stoßen aktuell etwa 200 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer aus; Clever hingegen gibt nur ganze 60 Gramm ab. Keinerlei Abstriche auch in puncto Sicherheit. Heiko Johannsen: "Wir haben sogar Knautschzonen eingebaut." Ein besonders steifer Aluminium-Kabinenrahmen sowie aufwendige Rückhaltesysteme sorgen zusätzlich für ein hohes Maß an Sicherheit bei einem eventuellen Unfall. In mehreren Crashtests, bei denen Clever zum Beispiel mit 56 km/h frontal gegen eine Wand gefahren wurde, erwies sich das Fahrzeug stets als ausreichend stabil, beide Insassen hätten den Aufprall ohne größere Schäden überlebt.

Ein weiterer Clou: Clever hat eine "mitdenkende" Elektronik, die das Umkippen des schmalen Dreirades in Kurven verhindert. Eine Wankhydraulik neigt das Vorderrad mitsamt der Fahrerkabine ähnlich wie einen Motorradfahrer bis zu 45 Grad in die Kurve und vermindert so die Kippgefahr. Gleichzeitig haftet die Hinterachse mit zwei Rädern und der Antriebseinheit fest auf der Straße. Die Tester jedenfalls berichten von Fahrspaß pur: "Durch die Kurvenneigung fährt man querkraftfrei wie im Flugzeug oder beim Skifahren", erklärt Peter Krams von BMW, "dieses Fahrerlebnis kann ich mit keinem vierrädrigen Fahrzeug erreichen."

Bei aller Euphorie: Trotz großen Interesses an Clever ist mit einer baldigen Serienfertigung wohl nicht zu rechnen. Für BMW stecken gute Grundideen in dem Dreirad, die bei späteren Produkten Berücksichtigung finden könnten. Heiko Johannsen glaubt, dass in frühestens drei Jahren das erste Fahrzeug dieser Art auf öffentliche Straßen rollen könnte. Immerhin gibt es schon Vorstellungen über den Preis: Von ungefähr 9500 Euro für den Serien-Clever wird gemunkelt.