Autokauf: Die ersten 1500 Kilometer mit geringerer Drehzahl. Motor, Getriebe, Reifen und Bremsen müssen am Anfang behutsam behandelt werden.

München/Köln. Die Versuchung ist groß: Sind die Kennzeichen montiert und steckt der Schlüssel im Zündschloß, möchte mancher Autokäufer am liebsten sofort wissen, was in dem neuen Wagen steckt. Besser ist es allerdings, den Gasfuß zunächst einmal zurückhaltend einzusetzen. Denn obwohl die Technik in den vergangenen Jahren Fortschritte gemacht hat, sollte ein Neuwagen auch heute noch schonend behandelt werden.

Lange galt es als Selbstverständlichkeit, daß der Neue auf den ersten 1000 Kilometern behutsam eingefahren wird. Danach stand ein Ölwechsel an, und erst dann ging es im Prinzip richtig los. Heute braucht zwar kein Wagen mehr ein spezielles Einfahr-Öl. "Auch die mechanischen Komponenten werden heute mit wesentlich geringeren Toleranzen gefertigt", so Kolja Hans, Sachverständiger des TÜV Süddeutschland.

Trotzdem mag auch ein modernes Auto am Anfang kein Vollgas. "Ein Auto sollte behutsam eingefahren werden", rät Rainer Hillgärtner, Sprecher des Auto Club Europa (ACE). Das erhöhe die Lebensdauer des Motors. "Wie bei jedem mechanischen System, das unter hoher Belastung steht, gibt es auch in einem Motor anfangs noch eine erhöhte Reibung", erklärt Audi-Sprecher Josef Schloßmacher. Kolja Hans beschreibt das, was im Inneren des Motors geschieht, so: "Kolben und Zylinder müssen sich aneinander gewöhnen." Wird während dieser Phase ohne Rücksicht auf die Mechanik Gas gegeben, kann es kurzfristig zu einem höheren Verschleiß im Motor kommen.

Was für Benzinmotoren gilt, trifft laut Hans erst recht für Diesel zu: "Ein Dieselmotor hat eine höhere Verdichtung. Das bedeutet, daß in ihm ein wesentlich größerer Druck herrscht und ganz andere Kräfte wirken." Auch das Getriebe ist ein mechanisches System, das eine gewisse Einfahrphase benötigt. Autohersteller raten daher in den Betriebsanleitungen zu einem schonenden Start für den Neuwagen. "Wir empfehlen, bis zu einer Laufleistung von 1000 Kilometern mit höchstens zwei Drittel der Nenndrehzahl zu fahren", so Schloßmacher. Danach sollte die Drehzahl bis zu einer Laufleistung von 1500 Kilometern langsam gesteigert werden.

Doch das Einfahren beschränkt sich nicht auf Motor und Getriebe. Auch andere Teile des Wagens bringen erst nach einer Weile volle Leistung und müssen entsprechend behandelt werden. Das gilt zum Beispiel für Reifen, die ihre beste Haftung herstellungsbedingt erst nach einiger Rollzeit entfalten. "Der Reifen wird in einer Form gebacken", sagt Christian Fischer, Sprecher des Reifenherstellers Goodyear. Damit der Reifen nach diesem Vorgang leichter aus seiner Form fällt, findet sich auf seiner Oberfläche eine Art Öl auf Silikonbasis. Laut Fischer dauert es etwa 100 Kilometer, bis die Schicht vollständig verschwunden ist - während dieser Phase sollte etwas verhaltener gefahren und der Wagen nicht gerade im Grenzbereich um die Kurven bewegt werden. "Die Einschränkungen gelten vor allem auf nasser Fahrbahn", so Fischer.

Sportliches Fahren von Anfang an verbietet sich noch aus einem anderen Grund: Die Bremsen sind zu Beginn ebenfalls noch nicht im Vollbesitz ihrer verzögernden Kräfte. Nach ACE-Angaben erreichen die Bremsen ihre optimalen Verzögerungswerte erst nach 200 Kilometern. Das liegt aber nicht allein daran, daß sich Bremsbeläge und Bremsscheiben aufeinander einschleifen müssen. "Die Bremsscheiben härten an ihren Oberflächen noch aus", so Kolja Hans. Dieses Aushärten geschieht vor allem durch die Hitze während der Bremsvorgänge. Wird die Bremsscheibe zu früh mit Vollbremsungen traktiert, kann es zu Beschädigungen der Oberfläche kommen.

Einer anderen Eigenschaft fabrikneuer Autos ist dagegen nur durch Lüften beizukommen - den Ausdünstungen aus den Kunststoffteilen des Innenraums. Die riechen nicht nur unangenehm, sondern können auch müde machen und das Reaktionsvermögen beeinträchtigen.