Zwei Bestseller stellen sich einem Vergleichstest: der neue VW Golf und der Audi A3.

Hamburg. Der deutsche Durchschnittsmann heißt Michael Müller. Er hat ein Kind, Schuhgröße 42 und einen kleinen Bauch. Sein liebstes Auto ist der VW Golf. Eine Statistik, die gilt. Seit Jahren. Sie wollen kein deutscher Norm-Mann sein? Dann probieren Sie doch mal den Audi A3. Der trägt unter seinem Blechdach die gleiche Technik wie der Golf, da sollte sich das Risiko in Grenzen halten, oder? Ein Blick in die aggressiv gezeichneten Scheinwerfer des Audi weckt erste Zweifel. Der A3 als sportlicher Dynamiker verlangt Kompromissbereitschaft. Etwa bei jenen, die die Rückbank entern wollen. Gelenkigkeit kann beim Hineinzwängen nicht schaden. Der Golf macht einem diese Übung zwar nicht leichter. Aber für 995 Euro zusätzlich öffnen sich hinten zwei Extra-Türen. Nicht so beim A3, den es momentan nur als Dreitürer gibt. Ganz gleich wie viele Türen er hat: Der VW bietet hinten mehr Platz. Zwar bekommt Herr Müller seine Beine in beiden Autos gleich gut unter. Viel mehr als die durchschnittlichen 1,77 Meter sollte er aber nicht messen. Sonst stößt er mit dem Kopf ans A3-Dach. Dass man sich im Audi vorn wohler fühlt, hat mit dem Platzangebot nichts zu tun: Während das Golf-Armaturenbrett wenig aufregend gezeichnet ist, wagt der Audi einen flotteren Strich. Runde Lüftungsdüsen wie im Audi TT bringen Pfiff in die Bude, Details wie der Alu-Öffner am Handschuhfach-Deckel Eleganz. Beim Qualitätseindruck schneiden beide gut ab, wenngleich der Sparwahn auch vor den VW-Entwicklungsabteilungen nicht Halt macht: Die Sonnenblenden bezieht VW in Golf und A3 nur noch mit billig wirkender Folie. Und für die Mittelkonsolen wünschen wir uns in dieser (Preis-) Klasse ein anderes Material als Hartplastik. Die Sitze im Golf sind gut, jene im Audi besser. Straff gepolstert und perfekt um den Leib geschneidert, betten sie den Fahrer auf der Autobahn ebenso bequem wie auf der Kurvenhatz. Die Golf-Sitze wirken dagegen etwas verweichlicht, aber durchaus passend gepolstert für den bequemen Deutschen mit Bäuchlein. Dem dürfte auch die Fahrwerksabstimmung besser schmecken: Der Golf federt komfortabel wie eine Limousine. Der Audi spielt dagegen den harten Typen, in der sportlichen Version Ambition sogar den auf dem Asphalt klebenden Bürgerschreck. Dafür fühlt sich der A3 in Kurven so wohl wie Müllers Kind auf dem Abenteuerspielplatz. Sogar die Lenkung, baugleich mit jener im Golf, wirkt im A3 direkter: Eine modifizierte Software für die Servohilfe machts möglich. Beim Motorenprogramm sind die Unterschiede deutlicher: Während VW einen preiswerten Einstieg mit 75 PS für 15 220 Euro ermöglicht, müssen es im A3 mindestens 102 PS sein: macht dann 18 850 Euro. Auch bei vergleichbaren Motoren bleibt der Audi auf Distanz: Der 2.0 TDI Ambiente kostet stolze 24 000 Euro, der mit dem Diesel genauso temperamentvoll (und unkultiviert) motorisierte Golf Comfortline 22 625 Euro. Beide haben ABS, ESP, Kopfairbags und elektrische Fensterheber serienmäßig. Beiden fehlen, dem Premiumanspruch zum Trotz, Radio und Klimaanlage. Rechnet man das hinzu, wird Michael Müller heftig schlucken: Der bezahlt ungern mehr als 22 100 Euro für sein Auto. Rein statistisch gesehen. Fazit: Vernunftmenschen kommen am Golf kaum vorbei: Er bietet mehr Platz als der A3 und mehr Komfort - das sogar zum günstigeren Preis. Aber der sportlicher abgestimmte A3 macht mehr Spaß. Und er ist eben nicht das Auto, das fast jeder hat. © AUTOMOBIL TEST