Die Barockreiter der Doma Clasica treten vom 25. bis 27. April im Rahmen der Hansepferd auf. Besuch bei einer Probe

Zappelnde Luftballons, flatternde Stoffbänder und mittendrin Pferde – das kann nicht gut gehen. Doch die acht Schimmel in der Reithalle in Lasbek-Dorf im Kreis Stormarn beweisen das Gegenteil. Geschmeidig und gelassen bewegen sie sich unter ihren Reitern zur Filmmusik von „Jenseits von Afrika“. Jeder Reiter trägt eine sieben Meter lange weiße Schleppe an der Schulter mit jeweils acht großen Ballons am Ende. „Volte marsch“, kommt das Kommando von Jörg Thurow, der an der Spitze der Gruppe reitet. Die nachfolgenden Reiter hören trotz der lauten Musik über Kopfhörer die wechselnden Ansagen.

Die prächtigen Pferde und ihre Reiter gehören zur Gruppe Doma Clasica. Sie proben in der Halle des Reitstalles Achterbrook in Lasbek-Dorf für ihren Auftritt bei der Hansepferd Gala am 25.,26. und 27. April. Afrika heißt das Schaubild, das die Barock- und Freizeitreiter präsentieren werden. Zwei Helferinnen ersetzen bei der Probe am Sonntagnachmittag die vier männlichen Tänzer, die in der Show zwischen den Reitern Capoeira tanzen werden. Mit Holzstäben imitieren die beiden Frauen den rhythmischen Klang der Instrumente.

Alles läuft diszipliniert nach genauem Plan ab. Sogar der Applaus wird trainiert. Die Zuschauer johlen und trommeln gegen die Hallenbande. Einige Pferde reagieren etwas hektisch, beruhigen sich jedoch schnell wieder. Pferde sind Fluchttiere und müssen in kleinen Schritten lernen, ihrem Reiter auch in ungewohnten und für sie bedrohlich wirkenden Situationen zu vertrauen.

„Wir trainieren das Afrika-Schaubild seit zwei Jahren und haben zunächst mit kleinen Stoffstücken begonnen. Später kamen einzelne Ballons dazu. Das ganze haben wir dann vorsichtig gesteigert“, sagt Jörg Thurow, der die Barockgruppe Doma Clasica mit seiner Frau Katrin Stolz 1999 gegründet hat. Mittlerweile gehören 25 Reiter zu dem Team, die alle 14 Tage in Lasbek trainieren – ambitioniert, aber als Freizeitreiter. Einige reisen mit ihren Pferden – alles Barockpferde wie Lusitanos, PRE (Pura Raza Espanola), also reinrassige Spanier, Friesen und Knabstrupper – aus Lüneburg, Lübeck, Buchholz, Büchen und Zweedorf bei Ludwigslust an. „Manchmal stehen zehn Pferdeanhänger auf dem Hof“, sagt Katrin Stolz.

Bis das Afrika-Schaubild mit den sieben Meter langen Stoffbahnen und jeweils acht Ballons saß, war es ein mühsamer Weg für Reiter und Pferde. Er kostete viel Geduld, Schweiß, konsequentes Üben und zuweilen auch Rückschläge. Mit Spannung erwarten deshalb alle die Generalprobe: den Auftritt auf der Bahrenfelder Trabrennbahn am Ostersonntag. Danach fällt die Entscheidung, welche Pferde und Reiter reif sind für die Premiere auf der Hansepferd Gala. Denn diesmal sind eine Reihe Debütanten mit dabei, zum Beispiel der sechsjährige PRE-Hengst Bruto und die zehnjährige Knabstrupperstute Fiala. „Jörg und ich entscheiden, wer teilnimmt und wer nicht“, sagt Katrin Stolz. Denn der Auftritt ist nicht ganz ungefährlich – trotz guter Vorbereitung und versierter Reiter. So wird besser verständlich, wenn Jörg Thurow sagt: „Im Unterricht herrscht keine Demokratie. Es gibt klare Ansagen, an die sich alle halten. Es wird konzentriert geritten und nicht diskutiert.“ Schließlich muss jeder Tritt punktgenau passen. Zudem gehe es im Umgang mit dem 600-Kilogramm-Tier Pferd immer um Konsequenz, die bereits in kleinen Dingen anfange. „Das Wort Gehorsam ist heute nicht mehr aktuell“, sagt der 53-Jährige, der seit frühester Jugend reitet und als einer der ersten in Deutschland die Prüfung zum Ritter der Akademischen Reitkunst ablegte. Als Einzelshowreiter begrüßt Jörg Thurow im Eröffnungsschaubild der Gala mit seinem 19-jährigen Schimmelhengst das Publikum. Er reitet zum Auftakt das Hansepferd – der Tradition folgend immer ein Schimmel –, Tochter Anna Stolz singt dazu einen Song von Dionne Warwick.

War die Gruppe Doma Clasica vor 15 Jahren noch ein Exot in der Reiterszene, ist sie inzwischen mit ihren imposanten Schaubildern, zu der eine Quadrille aus 20 Reitern sowie rasante Nummern zu „Pirates of the Caribbean“ und „Carmen“ gehören, eine feste Größe auf vielen Veranstaltungen. „Mit der poetischen Show „Ghost“ waren wir auf der Nordpferd in Neumünster und sind in diesem Jahr bereits für weitere 13 Wochenenden gebucht“, sagt Katrin Stolz, die im Erwachsenenalter mit dem Reiten begann und im Afrika-Schaubild auf ihrem 13-jährigen Hengst Corcel IV mitreitet. „Wir stecken viel Herzblut in unsere Arbeit mit den Pferden, sind selbst bei allen Auftritten und Shows mit dabei.“ Ein zeit- und kostenintensives Hobby, allein die farbenprächtigen Barockkostüme kosten jeweils bis zu 800 Euro. Die rund 80 Heliumballons bei der Probe in Lasbek schlugen mit 250 Euro zu Buche. Für die Auftritte bei der Gala erhalten die Doma-Clasica-Reiter lediglich einen Aufwandsentschädigung. Das gemeinsame Hobby des Paares, das drei PRE-Hengste hat, ist Ausgleich zum anstrengenden Beruf. Seit 23 Jahren betreiben die Pferdeliebhaber selbstständig einen Pflegedienstbetrieb mit sieben Angestellten.

„Wir haben den Anspruch, in der Show etwas Neues zu zeigen, was noch nicht gezeigt wurde“, sagt Kai Haase, Geschäftsführer des Landesverbandes der Reit- und Fahrvereine Hamburg. Deshalb sucht Verbandspräsident Franzpeter Bockholt bei seiner Tätigkeit, die ihn zu Turnieren und Veranstaltungen um die Welt reisen lässt, nach Akteuren und Schaubildern.

In der Galashow zeigen eine Reihe von Reitern ihr Können zum ersten Mal. Die Gonzalez-Horse-Show aus Frankreich präsentiert Klassische Reitkunst mit Lektionen höchsten Schwierigkeitsgrades wie den Schulen über der Erde. Neu dabei sind ebenso Andrea Mönninghoff mit Hund und Shetty sowie Kristina Boe und Nevio Passaro als Duo aus Voltigieren und Gesang. „Die Show ist für einige Akteure die erste Bühne für eine bundesweite Präsentation“, sagt Haase. Des Öfteren zugleich ein Schubs ins Profilager. „Die Qualität der Reiterei muss immer stimmen“, erklärt Verbandsmitarbeiterin Britta Bando, Dritte im Team der Galashow-Planer, das Hauptauswahlkriterium bei der Sichtung der zahlreichen Bewerbervideos. Das Team stellt neben seinem Beruf eine bunte Mischung aus klassischer Reitkunst, Rassenvielfalt und Sport zusammen, damit die Zuschauer zwei Stunden lang ein vielseitiges Programm mit Spaß, Spannung, Poetik und Überraschungen erleben können.