Trendforscher Professor Peter Wippermann über alte Kenntnisse, Traditionen, Kombinationen und das Bedürfnis nach Einfachheit

Was ist Verbrauchern heute wichtig beim Genießen? Dass es nicht nur um Zutaten geht, sondern auch längst vergessene Werte eine Rolle spielen, hat Trendforscher Professor Peter Wippermann festgestellt.

Hamburger Abendblatt:

Woher kommt die Sehnsucht nach alten Rezepten und Zutaten?

Peter Wippermann:

Unsere Ernährungsgewohnheiten ändern sich, machen eine Entwicklung durch. Wir haben durch die Globalisierung die Jahreszeiten abgeschafft. Unabhängig von der Saison ist seitdem jederzeit alles im Laden zu bekommen. Dann gab es die Beschleunigung des Essens. Gerichte aus Pappbechern, zunächst für eilige Geschäftsleute, dann für Jedermann. Heute gibt es eine Gleichzeitigkeit von allen Einflüssen, das weckt das Bedürfnis nach Einfachheit.

Was genau meinen Sie mit Gleichzeitigkeit von allen Einflüssen?

Wippermann:

Die Angebotspalette der Nahrungsmittel ist für viele unüberschaubar geworden. Die Bereitschaft täglich zu Kochen hat dramatisch abgenommen. Es ist auch nicht mehr selbstverständlich, dass Mütter ihre Kochkenntnisse an die Töchter weiter geben. Gefrühstückt wird immer weniger zu Hause. Snacking ersetzt zunehmend das Mittagessen.

Sind Verbraucher kritischer geworden?

Wippermann:

Nach Bio ist regional und saisonal das große Thema. Wir legen Wert auf Nähe und Tradition. Vieles, was wir vergessen haben, wird wieder wichtig. Wo wir herkommen, wo und wie wir leben. Aber wir fragen uns auch ganz einfach, wie versüße ich mir die Sommerzeit?‘ Wir erinnern uns gern an früher. Alte Kenntnisse werden wieder wachgeküsst. Aber wir kombinieren auch. Alt und neu, süß und herzhaft.

Nehmen wir uns überhaupt noch Zeit für echten Genuss?

Wippermann:

Zumindest wird die Sehnsucht danach größer. Wir strukturieren unseren Tagesablauf immer selbstbestimmter. Die Zeit, die wir fürs Essen investieren, wird weniger. Dafür wird uns das, was wir essen, wichtiger. Wir sagen ‚Jetzt nehme ich mir die Zeit, jetzt will ich genießen‘.