Wer flexibel bleiben möchte und sich gern immer wieder neuen Herausforderungen stellt, hat viele Job-Möglichkeiten

Kaum etwas ist in Deutschland so wichtig wie ein sicherer Arbeitsplatz. Sicherheit ist ein großes Bedürfnis in diesem Land. Gleichzeitig verändert sich die Arbeitswelt. Früher lernte man einen Beruf und arbeitete in ihm bis zur Rente. Das ist heute anders. In der Zukunft wird es die Ausnahme sein. Flexibilität und lebenslanges Lernen heißen die Herausforderungen.

Sicherheit als Grundbedürfnis auf der einen Seite und Flexibilität als Anforderung auf der anderen - das muss kein Widerspruch sein, sagt der Zukunftsforscher Matthias Horx. Im Gegenteil passen beide Begriffe sehr wohl in ein Zukunftskonzept. Er nennt es "Flexicurity" und sieht darin die große Zukunftschance für die Zeitarbeitsunternehmen und Personalvermittler.

Dass das tatsächlich funktionieren kann, zeigt das Beispiel von Maria Dumrauf. Im März feiert sie ihr zehnjähriges Jubiläum bei ihrem Arbeitgeber Arbeit und Mehr. Sie nimmt ihren Arbeitsplatz als sicher wahr, fühlt sich gut aufgehoben und ordentlich bezahlt. Dabei hat sie einen anderen Beruf gelernt als den, in dem sie heute arbeitet.

Maria Dumrauf stammt aus einem deutschen Dorf in Sibirien. Dort wuchs sie auf, studierte später und arbeitete 16 Jahre lang als Grundschullehrerin. 1996 kam sie als Spätaussiedlerin nach Deutschland. Die angestrebte Anerkennung ihres Berufes scheiterte. Sie hätte ihr gesamtes Studium in Deutschland wiederholen müssen. Das ist eine Erfahrung, die Lehrer bis zum heutigen Tag mit der Hamburger Schulbehörde machen. Ein ausländisches Lehrerdiplom ist in Hamburg für die praktische Berufsausübung nahezu wertlos.

Für Maria Dumrauf kam ein schwerer Schicksalsschlag hinzu. Ihr Mann verstarb im Alter von nur 38 Jahren. In dieser Situation handelte sie pragmatisch und begann eine Umschulung zur Bürokauffrau. Noch während der Ausbildung lernte sie ihre heutige Chefin Marlis Krause kennen. Die war zu dieser Zeit Disponentin für ein Zeitarbeitsunternehmen. Sie gewann Maria Dumrauf für die Zeitarbeit.

In ihrem ersten Einsatz arbeitete sie für die HEW und bekam bereits nach sechs Wochen ein Übernahmeangebot mit einem befristeten Vertrag. Sie beriet sich mit ihrer Zeitarbeits-Disponentin und unterschrieb. Nach einem Jahr wurde der Vertrag um ein weiteres verlängert. Dann war Schluss. Umstrukturierung hieß die Begründung für den Abbau vieler Jobs.

In der Zwischenzeit hatte sich die ehemalige Disponentin Marlis Krause mit einem eigenen Unternehmen selbstständig gemacht. Maria Dumrauf kehrte zu ihr zurück und unterschrieb einen Vertrag bei Arbeit und Mehr.

Es folgten fünfeinhalb sehr lehrreich empfundene Jahre bei der Pharmafirma Astra Zeneca. Dumrauf arbeitete nicht als Aushilfe, sondern hatte ein festes Jobprofil und konnte an Schulungen und Weiterbildungskursen wie Festangestellte teilnehmen. Auch hier kam das Angebot zur Übernahme mit befristetem Vertrag. Diesmal lehnte sie ab. Später stellte sich heraus, dass das genau die richtige Entscheidung war. Denn auch bei dem Pharmaunternehmen wurde umstrukturiert. Die Jobs wanderten nach England. 13 Buchhalter verloren ihre Stelle. Maria Dumrauf ging es besser als den ehemals Festangestellten. Ihr Zeitarbeitsunternehmen hatte den nächsten Einsatz für sie. So läuft das bis heute. Lediglich zu Beginn der Finanzkrise gab es mal eine Pause von zwei Wochen.

Maria Dumrauf ist mit ihrer Arbeitssituation zufrieden. Das einzige, was ihr immer noch schwerfällt, ist die Trennung von Kollegen, wenn sie längere Zeit in einem guten Team gearbeitet hat. Auf die Frage, was man braucht, um in der Zeitarbeit glücklich zu werden, gibt sie in erster Linie Selbstbewusstsein und ein sicheres Auftreten an. "Man muss bereit sein, Willen zu zeigen und jede Tätigkeit mit Hingabe auszufüllen." Für jemanden, der Erfahrungen sammeln möchte, verschiedene Branchen kennenlernen und ständig dazulernen möchte, ist Zeitarbeit genau das richtige.

Heute ist Zeitarbeit, da sind sich Branchenvertreter einig, ein wichtiger Einstieg oder Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt. Für viele Arbeitnehmer mit schlechten Chancen ist es häufig die einzige Alternative zur Arbeitslosigkeit. Das sieht auch Wiebke Rehr, Bereichsleiterin bei der Agentur für Arbeit in Hamburg so: "Der wichtigste Punkt ist für uns aus Sicht der Agentur, dass wir mit Zeitarbeit die Möglichkeit bieten, möglichst viele Menschen an Arbeit heran- oder wieder heranzuführen." Und zu den Verdienstmöglichkeiten sagt Rehr: "Es gibt Bereiche, in denen die Leute lieber beim Zeitarbeitsunternehmen arbeiten als direkt beim Kundenunternehmen, weil sie dort einfach besser bezahlt werden."

Auch Gewerkschafter können dem Thema Zeitarbeit positive Seiten abgewinnen. Für den DGB-Chef von Hamburg, Uwe Grund, steht fest: "Die Zeitarbeit hat eine Berechtigung und Zukunft. Sicherlich gibt es Menschen, die mithilfe der Zeitarbeit ihren Weg finden, und das sollte man auch anerkennen. Forderungen nach Abschaffung der Zeitarbeit halte ich für Unsinn."

Für einige Personalchefs Hamburger Unternehmen ist Zeitarbeit schlicht unverzichtbar. Martin Horn, Personalleiter bei der Lufthansa Technik: "Ohne Zeitarbeit wären wir am Markt nicht wettbewerbsfähig." Auf die Frage, wie Zeitarbeitnehmer im Unternehmen integriert werden, sagt er: "Da gibt es bei uns keine Unterschiede. Die Kollegen sind während ihrer Einsatzzeit ein fester Bestandteil unserer Belegschaft."

Trendforscher Matthias Horx sieht die Zukunft der Zeitarbeit optimistisch: "Lust auf Veränderung spielt eine immer größere Rolle. Schon heute gibt es verschiedene Arbeitstypen. Die einen setzen auf Sicherheit. Die anderen möchten flexibel bleiben und nicht ein Leben lang demselben Job nachgehen. Diese unterschiedlichen Bedürfnisse gehen in der Zeitarbeit auf."