Ein Haus am Feldrand oder eine Wohnung mitten in der Innenstadt - davon träumen viele. Allergiker können dort aber nicht leben.

Hamburg. Die Augen tränen, die Nase läuft und die Haut juckt: Allergien machen sich nicht nur in einer Blumenwiese oder beim Kontakt mit Tieren bemerkbar. Auch die Wände und Böden im eigenen Haus können allergieauslösende Baustoffe beinhalten. Besonders empfindliche Menschen sollten beim Hausbau darauf achten.

Allergieauslöser können Hausstaubmilben, Pollen, Schimmelpilze, Baustoffe und Chemikalien sein – und die Liste ließe sich noch fortsetzen. „Vor der Planung sollten alle betroffenen Familienmitglieder zuerst beim Arzt abklären lassen, worauf der Einzelne reagiert“, rät daher Dirk Petersen, Umweltreferent der Verbraucherzentrale Hamburg. Anhand einer Liste der Allergieauslöser könne ein entsprechend geschulter Architekt planen.

Vor allem ist aber die Lage des Grundstücks entscheidend. Pollenallergiker müssen sich umschauen, ob es in der unmittelbaren Umgebung des Bauplatzes Vegetation wie Haselnuss oder Birke gibt, erklärt Josef Spritzendorfer, Baustoffexperte der Sentinel-Haus-Stiftung in Abensberg (Bayern), einem gemeinnützigen Verein zur Förderung und Erforschung wohngesunder Innenräume.

Wer auf Schimmelpilze reagiert, sollte beispielsweise darauf achten, ob es ein Moor oder einen Bauernhof mit Misthaufen in der Nähe gibt, rät Spritzendorfer. Und wer Probleme mit Chemikalien hat, sollte nicht in der Umgebung von industriellen Unternehmen oder in Gegenden mit viel Verkehr wohnen.

Allergiker sollten beim Hausbau möglichst schadstoffarme Materialien verwenden, rät Anja Schwalfenberg vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB) in Mönchengladbach. Emissionsarme Baustoffe haben etwa das Umweltzeichen „Blauer Engel“. Diese Produkte könnten aber trotzdem Allergieauslöser enthalten oder für sehr geruchsempfindliche Menschen problematisch sein, erläutert Schwalfenberg. Daher sollten sich Betroffene auch bei Produkten mit Prüfsiegel genau über die Vergabekriterien informieren. Darüber hinaus geben technische Merkblätter oder die Hersteller selbst Auskunft über verwendete Inhaltsstoffe.

Außerdem gebe es Baustoffe mit Prüfzeichen bisher nur in bestimmten Materialbereichen wie bei Farben. Wer auf Konservierungsstoffe wie Isothiazolinone in diesen allergisch reagiere, finde Produkte ohne solche Zusätze, sagt die Expertin. Auch durch natürliche Stoffe sind Allergiker gefährdet: Viele Naturmaterialien können Allergieauslöser wie Terpene enthalten, warnt Schwalfenberg. Ein Beispiel ist unbehandeltes Kiefernholz.

Grundsätzlich sollten Bewohner nach dem Einzug und nach Renovierungen häufig lüften. Denn Stoffe wie Konservierungsmittel dünsten noch aus und gehen in die Raumluft über, erläutert Schwalfenberg. Auch im Alltag helfen einfache Tricks, um Allergien zumindest zu mindern. Hausstaubmilben, deren Kot im Staub die Symptome auslöst, gedeihen am besten im Bett. Bezüge, die die Milben abhalten, sogenannte Encasings, helfen hier, erklärt Dirk Petersen.

Experten sind sich nicht sicher, welcher Boden der beste für Allergiker ist – ob Teppich oder ein wischbarer Belag. „Glatte Bodenbeläge sind dann besser, wenn sie sehr regelmäßig – mindestens alle zwei Tage – gereinigt oder feucht gewischt werden können“, sagt Schwalfenberg. Aber auf glatten Böden wirbele Staub leicht auf. Kurzflorige Teppiche können diesen besser festhalten. Die Allergieexpertin rät daher, sich bei einem Teppich für kurzfloriges, schadstoffarmes Material zu entscheiden. Allergiegefährdete Menschen sollten grundsätzlich einen Bodenbelag nicht verkleben, sondern verspannen. Denn Kleber können allergieauslösende Stoffe enthalten.

Damit die Belastung mit Hausstaub beim Staubsaugen möglichst gering bleibt, rät Petersen, in Neubauten eine zentrale Staubsauganlage einzuplanen. Eingesaugter Staub gelangt durch Rohrsysteme in einen Sammelbehälter, der sich zumeist im Keller befindet. In jedem Raum gibt es eine Anschlussdose. Anders als bei manchen konventionellen Staubsaugern werde durch einen zentralen Staubsauger der Schmutz nicht durch die Abluft aufgewirbelt, erläutert Petersen.

Josef Spritzendorfer empfiehlt Menschen, die auf Hausstaubmilben empfindlich reagieren, im Neubau eine kleine Sauna einzurichten. Dort können regelmäßig Matratzen, Spielsachen oder Kopfpolster auf über 60 Grad erhitzt werden – und die Milben sterben.

Problemzonen sind Heizkörper. Denn ihre Wärme lässt die Luft zirkulieren, die den allergenen Hausstaub durch das Haus weitertransportiert. Deshalb rate die Sentinel-Haus-Stiftung zu Flächenheizungen mit niedriger Vorlauftemperatur, erklärt Spritzendorfer. Er rät Betroffenen auch eher zu Fußbodenheizungen als zu Radiatoren an den Wänden.

In modernen Energiesparhäusern sind Lüftungsanlagen üblich. Diese Anlagen muss ein Fachmann regelmäßig warten und den Filter austauschen. Sonst können sich Keime ansiedeln und Schimmelpilze wachsen, erläutert Schwalfenberg. Starke Pollenallergiker können von einer Lüftungsanlage profitieren, wenn die eingesetzten Filter Pollen aus der angesaugten Luft filtern. Spritzendorfer rät diesen Betroffenen auch, beim Hausbau im Grundriss einen extra Vorraum am Eingang einzuplanen. Hier können sie die Kleidung wechseln – und in die Wohnräume gelangen weniger Pollen.