Behörden stuften Vorfall “vorschnell als sehr gefährlich“ ein. Falsche Formulare ausgefüllt? Österreich empört.

Ljubljana/Brüssel. Nach dem Störfall im slowenischen Atomkraftwerk Krsko haben die Behörden gestern Entwarnung gegeben. Wie die Regierung in Ljubljana mitteilte, trat bei dem Vorfall keine Strahlung aus. Der Reaktor werde am heutigen Freitag repariert und könnte bereits Anfang kommender Woche wieder ans Netz gehen. Er wurde am Mittwoch wegen eines Lecks im Kühlsystem heruntergefahren, das vermutlich von einem defekten Ventil verursacht wurde.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel beruhigte noch am Mittwochabend, Deutschland sei von dem Problem in dem AKW nicht betroffen. Sein Ministerium habe aber nach dem Alarm vorsichtshalber den meteorologischen Dienst informiert und das Lagezentrum in Bonn "hochgefahren". Nach Angaben des Berliner Umweltministeriums handelt es sich um einen in der Fachwelt als "kleineres Leck" eingestuften Schaden. Dieser Zwischenfall hätte nach den Richtlinien des Meldesystems gar nicht europaweit gemeldet werden müssen.

Slowenien hatte am Vortag über das Frühwarnsystem Ecurie die anderen EU-Mitglieder informiert, sagte der Leiter des slowenischen Amtes für Atomschutz, Marjan Tkavc, in Ljubljana. Nach Eucurie-Angaben seien etwas 2,5 Kubikmeter Kühlmittel pro Stunde ausgeströmt.

Tkavc verteidigte die Entscheidung seiner Behörde, den Vorfall zu melden. Es sei das erste Leck im primären Kühlkreislauf des Kraftwerks in Krsko gewesen. "Deshalb schien die Besorgnis zunächst berechtigt." Später sei Ecurie "mündlich über die Entwarnung informiert" worden. Slowenien hat noch bis Ende Juni die Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union (EU) inne.

Nach Angaben der EU-Kommission in Brüssel war es das erste Mal, dass eine Meldung an das nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl geschaffene Warnsystem veröffentlicht worden sei. Die slowenischen Behörden hatten am Mittwoch um 17.38 Uhr neben der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA auch Ecurie darüber informiert, dass Techniker um 15.07 Uhr in dem Reaktor an der Grenze zu Kroatien im Südosten des Landes ein Leck entdeckt hatten, den Vorfall aber nur als "ungewöhnliches Ereignis" eingestuft, was die niedrigste von vier Alarmstufen der slowenischen Atomsicherheitsbehörde sei.

Die EU-Kommission verteidigte ihre Informationspolitik. Nach einer unlängst geführten Debatte beim Nuklearforum in Prag sei beschlossen worden, Meldungen an Ecurie zu veröffentlichen. "Das war ein gutes Beispiel von Transparenz im Fall eines Atomereignisses", sagte der Sprecher von EU-Energiekommissar Andris Piebalgs in Brüssel.

Österreichs Umweltminister Josef Pröll forderte eine Klärung, "wie es zu diesem Wirrwarr von Informationen kam". Nach Angaben von Tkavc hatte die Benachrichtigung Österreichs zusätzlich Verwirrung gestiftet, weil die Behörde vergessen hatte, auf dem entsprechenden Formular das Wort "Übung" zu streichen. "Es war menschliches Versagen", entschuldigte sich gestern Sloweniens Umweltminister Janez Pubodnik.

Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace geht davon aus, dass nach dem Zwischenfall keine unmittelbare Gefahr bestand. Das Kernkraftwerk Krsko, das sowohl Strom für Slowenien als auch für Kroatien produziert, ist nach Meinung des österreichischen Atomexperten Wolfgang Kromp ein "gutes Kraftwerk", das allerdings seismologisch gefährdet sei. Der 1984 in Betrieb gegangene Atommeiler wurde vom US-Konzern Westinghouse gebaut. Das AKW mit einem Druckwasserreaktor produziert 630 Megawatt für Slowenien und Kroatien. Umweltschützer bemängeln allerdings vor allem, dass der Meiler in einem erdbebengefährdeten Gebiet liegt.