Hamburg. Gemütlich ging es zu, als sich vor einem halben Jahrhundert 142 Abgeordnete aus Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden und Italien in Straßburg trafen. Der Stab dieses ersten Europäischen Parlaments (EP) war klein, man sprach Deutsch, Französisch, Niederländisch und Italienisch. Mittlerweile ist das Parlament ein beeindruckender Apparat mit 785 Mitgliedern aus 27 Staaten der Europäischen Union (EU) und 23 offiziellen Sprachen - eine weltweit einzigartige Institution. Und genau heute vor 50 Jahren tagte die europäische Volksvertretung zum ersten Mal.

Das Europäische Parlament der Gegenwart ist freilich nicht mit der Parlamentarischen Versammlung von damals zu vergleichen. Diese hatte eine vorwiegend beratende Funktion und dem Ministerrat gegenüber lediglich ein Anhörungsrecht. Ihre Mitglieder waren nationale Abgeordnete, die von ihren jeweiligen Parlamenten entsandt wurden. Dies änderte sich erst 1979, als die ersten europäischen Direktwahlen stattfanden. Seither gewann das Parlament kontinuierlich an Kompetenzen und Macht.

"Das Parlament hat sich von einer beratenden Versammlung zum echten Mitgesetzgeber entwickelt", sagt der Hamburger EU-Abgeordnete Georg Jarzembowski (CDU). "Es trifft heute mit dem Ministerrat gemeinsam wichtige Entscheidungen, von der Wirtschafts- über die Verkehrs- bis zur Verbraucherpolitik, die für Bürger und Unternehmen von zentraler Bedeutung sind."

Bei mehr als 80 Prozent der EU-Gesetze ist das EP am Entscheidungsprozess beteiligt. Und immer wieder wurden auf Druck des Parlaments Gesetzesvorhaben gründlich umgekrempelt, so die Dienstleistungsrichtlinie oder die Roaming-Verordnung, durch die 2007 Handy-Gespräche im Ausland billiger wurden. Andere verschwanden ganz in der Schublade, wie die geplante Liberalisierung der Hafendienste, weil sie im Parlament keine Mehrheit fanden.

Mit Inkrafttreten des Reformvertrags von Lissabon werden die Befugnisse des Europaparlaments abermals ausgeweitet und gleichzeitig die Zahl der Abgeordneten auf 750 reduziert. Deutschland entsendet dann 96 statt heute 99 Parlamentarier.

Der EP-Wanderzirkus aber bleibt: Die Plenarsitzungen finden in Straßburg statt, Ausschüsse und Fraktionen tagen in Brüssel, die EP-Verwaltung sitzt in Luxemburg.