Erste Bodenoffensive seit zehn Jahren. Bundesregierung, EU und USA warnen vor einer Eskalation der Gewalt.

Ankara/Berlin. Die türkische Armee ist am Freitag in den Nordirak einmarschiert und hat die erste Bodenoffensive gegen kurdische Rebellen seit zehn Jahren gestartet. Die Staatengemeinschaft reagierte besorgt.

Militärkreisen zufolge waren zunächst zwei Brigaden im Einsatz, von denen jede bis zu 5000 Soldaten hat. In Bagdad und bei der US-geführten Koalition hieß es dagegen, es hätten lediglich ein paar Hundert Kräfte die Grenze überschritten. Nach kurdischen Angaben kam es zu schweren Gefechten, bei denen zwei türkische Soldaten getötet und acht verletzt worden seien.

Die Truppen drangen türkischen Medienberichten zufolge bis zu 25 Kilometer in das Nachbarland vor und wurden von der Luftwaffe unterstützt. Das Fernsehen zeigte Bilder von Dutzenden Panzern, die im Grenzgebiet mit hoher Geschwindigkeit unterwegs waren. Tausende weitere Soldaten stünden an der Grenze für einen Einsatz bereit, sagte ein hochrangiger Militärvertreter. In das irakische Gebiet sollen sich rund 3000 Kämpfer der auch von der EU als Terrororganisation betrachteten PKK zurückgezogen haben.

PKK-Sprecher Ahmed Danis sagte Reuters, die Rebellen stellten sich dem Kampf. Offen war, wie die Sicherheitskräfte der weitgehend autonomen nordirakischen Region Kurdistan reagieren. Berichte über Zusammenstöße mit den Peschmerga hatte das türkische Militär am Donnerstag zurückgewiesen.

Die Europäische Union kritisierte die Offensive und forderte die nach einem Beitritt strebende Türkei auf, die territoriale Integrität des Irak zu respektieren. "Wir verstehen die Sorgen der Türkei, halten diese Aktion aber nicht für die beste Reaktion", sagte EU-Chefdiplomat Javier Solana in Slowenien.

Deutschland warnte vor einer Destabilisierung der Region. "Wir warnen vor einer weiteren Verschärfung der Lage", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Auch die US-Regierung bezeichnete den Einmarsch als keine gute Nachricht. Dies bedeute eine neue Eskalationsstufe in dem Konflikt. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan erklärte, er habe US-Präsident George W. Bush in der Nacht telefonisch über die Bodenoffensive informiert. Alleiniges Angriffsziel der Truppen seien Lager der PKK. Die Türkei hat seit Herbst bis zu 100 000 Soldaten an der Grenze zusammengezogen.


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